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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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stellte. Er packte mich an den Schultern und versuchte, mich zurückzuhalten. »Immer eins nach dem anderen! Sie sollen Ihr Telegramm ja abschicken; setzen Sie sich und schreiben Sie es. Unterdessen hole ich jemanden, der es nach Luxor bringt.« Er führte mich an den Schreibtisch und drückte mir Federhalter und Papier in die Hand.
    Verzweiflung und Schuldgefühle verliehen mir die Kraft zu schreiben. Als Cyrus wiederkam, hatte ich das Telegramm fertig. Ich gab es ihm. Ohne einen Blick darauf zu werfen, überreichte er es dem Diener, der an der Tür wartete.
    »Es wird morgen in London sein«, sagte er, als er sich wieder mir zuwandte.
    »Und wenn es Flügel hätte, könnte es nicht früh genug eintreffen!« schrie ich. »Wie war ich nur imstande, zu vergessen, daß … Aber erst jetzt weiß ich es sicher.«
    »Ich verordne Ihnen einen kleinen Brandy«, sagte Cyrus.
    »Ich glaube …« Ich mußte innehalten, um mich wieder zu fassen, ehe ich weitersprechen konnte. »Ich glaube, ich hätte lieber einen Whiskey Soda, bitte.«
    Als Cyrus mir das Glas reichte, ließ er sich wie ein Page im Mittelalter, der seinen Herrn bedient, auf einem Knie vor mir nieder. »Sie sind nicht nur die scharfsinnigste Dame, die ich kenne, sondern auch die kaltblütigste und tapferste«, sagte er sanft. »Geben Sie nicht auf. Ich glaube, ich weiß jetzt, worum es geht. Sie und Emerson, der kleine Ramses und das Mädchen – die Tochter von Willy Forth, nicht wahr? Hmmm. Sagen Sie nichts, Mrs. Amelia, meine Liebe. Und machen Sie sich wegen der Kinder keine Sorgen. Wenn nur die Hälfte dessen, was ich über Ihren Sohn gehört habe, stimmt, kann er recht gut auf sich selbst aufpassen – und auch auf das Mädchen.«
    Wie ich schon immer sage, gibt es nichts Besseres für die Nerven als einen Whiskey Soda. Nach einen paar kleinen Schlucken war ich in der Lage, ruhig zu sprechen. »Was für ein Trost Sie doch sind, Cyrus. Zweifellos haben Sie recht. Trotzdem weiß ich nicht, wie ich die Anspannung aushalten soll, bis ich von ihnen höre. Es wird mindestens drei Tage dauern, bis die Antwort eintrifft.«
    Doch die gütige Vorsehung ersparte mir diese Anspannung – sicherlich deshalb, weil sowieso schon genug Kummer auf mir lastete. Als Cyrus’ Diener aus Luxor zurückkehrte, hatte er ein anderes Telegramm bei sich. Ich hatte mich bereits in meine Gemächer zurückgezogen, schlief aber noch nicht. Cyrus brachte mir die Nachricht eigenhändig bis vor meine Tür. Wie lange es bereits auf dem Telegraphenamt gelegen hatte, konnte ich nicht feststellen. Den Ägyptern ist unser westliches Bedürfnis nach Eile fremd. Das Telegramm war an Emerson adressiert, was mich nicht davon abhielt, es zu öffnen, als ich den Absender las.
    »Warnung erhalten und entsprechend gehandelt«, hatte Walter geschrieben. »Alles in Ordnung. Seid auf der Hut. Brief folgt. Seid auf der Hut.«
    Ich reichte es Cyrus. Er hatte den Stuhl, den ich ihm angeboten hatte, abgelehnt und stand, die Hände auf dem Rücken, an der Tür und sah ziemlich verlegen aus. Was für Puritaner diese Amerikaner doch sind, dachte ich amüsiert. Nur freundliche Besorgnis hatte ihn dazu bewegen können, nach Einbruch der Dunkelheit und ohne Begleitung das Zimmer einer verheirateten Dame zu betreten. Und noch dazu war die Dame im Negligé! Als sein Klopfen ertönt war, hatte ich mir das erstbeste Kleidungsstück übergezogen, das mir in die Hände kam: ein besonders gewagter, mit Rüschen, Bändern und Spitzen verzierter Morgenrock aus gelber Seide.
    Die Nachricht ließ Cyrus die Rüschen und Bänder vergessen. »Gott sei Dank«, sagte er aus vollem Herzen.
    »Damit entfällt ein Grund zur Sorge. ›Alles in Ordnung‹, schreibt er.«
    »Anscheinend kann ich doch besser zwischen den Zeilen lesen als Sie, Cyrus. Warum heißt es zweimal ›Seid auf der Hut‹? Irgend etwas muß vorgefallen sein.«
    »Nun, das ist nur Ihre mütterliche Besorgnis, meine Liebe. Sie wissen ja nicht, was Emerson in seiner Nachricht geschrieben hat. Er muß seinem Bruder vor ein paar Tagen ein Telegramm geschickt und ihn vor einer Gefahr gewarnt haben.«
    »Offenbar. Er hat mir davon nichts erzählt. Sicherlich vermutete er, daß ich mich über seine Besorgnis ebenso lustig machen würde wie schon zuvor, als er mich überzeugen wollte, daß uns Gefahr droht. Wie grausam hat mich der Himmel dafür bestraft, daß ich seine Warnung in den Wind geschlagen habe!« Cyrus ließ mich nicht aus den Augen, als ich – umweht von meinem

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