Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
und konnte es kaum erwarten, meine Doppelgängerin zu erblicken. Sein verabscheuungswürdiger Trick konnte funktionieren, wenn die Kopie einigermaßen echt aussah.
    Die Tür sprang auf, wodurch etwas Licht in den Raum fiel. Es kam nicht von der Sonne, die mittlerweile untergegangen war. Der Mann, der eintrat, hielt eine Lampe in der Hand. Werter Leser, Sie dürfen mir glauben, daß ich mir sein Antlitz sehr genau eingeprägt habe. Seine Stimme war vertraut erschienen, doch die Gesichtszüge, die ich sah, paßten nicht zu der Erscheinung, die ich erwartet hatte. Die Schatten machten sie unheimlich, und außerdem war der Mann mit einem mächtigen schwarzen Schnurr- und Knebelbart maskiert. Vielleicht war er es, doch ich war mir nicht ganz sicher.
    Er stellte die Lampe auf den Tisch, beugte sich über Emerson und schüttelte ihn grob. Emerson rührte sich nicht. Leise fluchend richtete sich das Ungeheuer wieder auf; er wandte sich zur Tür.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst draußen bleiben!«
    Die Stimme der Frau war fast nicht zu vernehmen. »Er rührt sich ja gar nicht.«
    »Die letzte Dosis Opium muß zu stark gewesen sein. Keine Sorge, gleich ist er wach und flucht.«
    Er griff zur Injektionsnadel und senkte sie in eine Flasche. Wieder flüsterte die Frau.
    »Du nimmst zuviel. Er wird sterben.«
    »Erst dann, wenn ich es will«, lautete die gefühllose Antwort. »Und jetzt geh’ wieder hinaus. Es dauert nicht mehr lang.«
    Ich zwang mich, untätig zuzusehen. Er stach die Nadel gekonnt und wie selbstverständlich in eine Vene, was darauf schließen ließ, daß er über gewisse medizinische Kenntnisse verfügte. Ich prägte mir das sehr genau ein, obgleich es mir vor Abscheu und Haß kalt über den Rücken lief. Was für ein Mittel auch injiziert worden sein mochte, es zeigte Wirkung. Sekunden später schlug Emerson die Augen auf. Sein erstes Wort war ein leiser, aber herzhafter Fluch. Mir stiegen die Tränen in die Augen, und ich schwor mir, mich nie wieder über seine unschickliche Ausdrucksweise zu beschweren.
    Der Schurke lachte. »Nun, sind wir wieder wach? Noch einen Satz oder zwei, wenn ich bitten darf. Ich möchte sicher sein, daß Sie die Freude, die ich Ihnen bereiten werde, auch würdigen können.«
    Emersons Antwort bestand darin, daß er die vermutliche Abstammung seines Entführers in drastischen Worten schilderte. Der Kerl lachte erneut.
    »Ausgezeichnet. Ich nehme an, Sie wollen mich immer noch nicht ins Vertrauen ziehen?«
    »Unsere Gespräche werden allmählich langweilig«, erwiderte Emerson. »Wie oft muß ich noch wiederholen, daß ich nicht die leiseste Ahnung habe, wovon Sie sprechen. Aber selbst wenn ich Ihnen die erwünschte Auskunft geben könnte, würde ich einen Teufel tun. Ich habe nämlich eine Abneigung gegen Sie.«
    »Geben Sie die Hoffnung auf, daß Sie gerettet werden.«
    Die Stimme des anderen Mannes war schärfer geworden. Mit der Fußspitze stupste er den rechteckigen Gegenstand an, den ich nur als hölzerne Luke oder Deckel erkannte. »Haben Sie denn auch vergessen, was sich hier drunter befindet?«
    »Sie wiederholen sich schon wieder«, lautete die gelangweilte Antwort. »Ich weiß nicht, woher Sie diese melodramatischen Anwandlungen haben. Aus einem Roman vermutlich.«
    Diese Äußerung schien den Schurken in Rage zu versetzen. Er schnellte nach vorn, und einen Augenblick lang glaubte ich, er wolle seinen hilflosen Gefangenen schlagen. Er beherrschte sich, doch die Mühe, die ihn das kostete, ließ seine erhobene Hand zittern. »Der Brunnen ist mindestens elf Meter tief«, zischte er. »Falls jemand versuchen sollte, sich hier Zugang zu verschaffen, wird der Wächter dafür sorgen, daß Sie Gelegenheit bekommen, die genaue Tiefe zu erkunden.«
    »Ja, ja, das sagten Sie bereits«, gähnte Emerson. »Nun gut. Dann wollen wir einmal sehen, ob ich ein Mittel gefunden habe, das Sie davon überzeugt, Ihre Haltung zu ändern.«
    Er ließ die Lampe auf dem Tisch stehen und ging zur Tür. Emerson folgte ihm mit den Augen; seine Pupillen waren so geweitet, daß sie nicht mehr blau, sondern schwarz aussahen. Kurz darauf öffnete sich die Tür wieder, der Mann kam herein und stieß eine kleinere Gestalt vor sich her.
    Sogar mich hätte sie getäuscht. Ihre Aufmachung war die exakte Kopie meiner alten Arbeitskleidung – Pluderhosen, Stiefel, und auch sonst alles – sogar der mit Werkzeug behängte Gürtel. Ihr Haar hatte die gleiche pechschwarze Farbe; es fiel ihr über die

Weitere Kostenlose Bücher