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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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die Nerven bewahren können angesichts dessen, was sich da offensichtlich anbahnte, doch ich hatte mit beiden Händen den Rand des Gitters gepackt, und meine Muskeln waren angespannt, als aus Richtung des Wohnhauses ein Schrei zu hören war. Es ertönten Rufe, dann vernahm ich das Knallen von Schüssen! Mein treuer Abdullah und seine tapferen Freunde waren gekommen! Die Rettung war in Sicht! Es war höchste Zeit zu handeln!
    Mit der Schulter schob ich das Gitter beiseite. Ich stieg mit den Beinen voran in die Öffnung und … blieb, mit einem Körperteil, den ich nicht näher bezeichnen möchte, stecken. Ich durfte keine Zeit verlieren; mit zusammengebissenen Zähnen zwängte ich mich hindurch und landete in der Hocke, aber auf den Füßen und kampfbereit. Ich zog meine Pistole heraus und richtete sie gegen die Tür.
    Gerade in letzter Sekunde! Allerdings hätte ich es wegen meines kurzen Feststeckens nicht rechtzeitig geschafft, wenn sich die Frau nicht gegen die Tür geworfen hätte, als diese aufging. Ihre Kraft reichte nicht aus. Im selben Augenblick, als ich meine Waffe hob, wurde sie hinter die zurückschnellende Tür geschleudert. Der Kampfeslärm wurde lauter, und eine dunkle Gestalt stürzte herein, um den feigen Befehl des Anführers auszuführen.
    Es war nicht die Zeit für eine vernünftige Debatte. Ich feuerte.
    Ich konnte ihn kaum verfehlen, denn sein Körper füllte den Türrahmen, doch ich hatte ihn nicht tödlich getroffen. Der Schrei, den er beim Zurücktaumeln ausstieß, zeugte eher von Verblüffung als von Schmerz. Verflucht noch mal, dachte ich, und schoß erneut. Ich glaube, diesmal verfehlte ich ihn völlig. Die Wirkung jedoch war erfreulich. Mit einem weiteren Aufschrei floh er. Auf diese gedungenen Mörder ist einfach kein Verlaß.
    Nun wandte ich meine Aufmerksamkeit der Frau zu, die hinter der Tür hervorgekommen war und mich anstarrte. Ihr Anblick löste in mir ein merkwürdiges Gefühl aus – als hätte ich in einen Spiegel geblickt.
    Emerson hatte seine Beine auf den Boden gesetzt und richtete sich auf. Zu einer größeren Kraftanstrengung war er offenbar nicht fähig; sein Gesicht war aschgrau, und er ließ die Arme unbeholfen herunterhängen. Die Bewegung allein mußte ihm unsägliche Schmerzen verursacht haben.
    Er blickte zwischen der Frau an der Tür und mir hin und her, sagte aber kein Wort.
    »Lassen Sie mich gehen«, flüsterte sie. »Wenn Ihre Leute mich erwischen, steckt man mich ins Gefängnis … oder noch Schlimmeres … Bitte, Sitt! Ich habe versucht, ihm zu helfen.«
    »Verschwinde«, sagte ich. »Und schließe die Tür hinter dir.«
    Mit einem letzten raschen Blick auf Emerson gehorchte sie.
    Endlich, endlich, gelangte ich ans Ziel meiner Sehnsucht. Ich eilte an seine Seite und kniete mich neben ihn.
    Vor Aufregung konnte ich kaum atmen, geschweige denn sprechen.
    Er starrte mich ausdruckslos an und runzelte die Stirn.
    »Eine Frau in Hosen ist schon verwirrend genug, doch zwei sind zuviel für einen Mann in meiner Lage. Wenn Sie mich entschuldigen möchten, Madam, ich glaube, ich werde mir meine Befreiung zunutze machen, um … Oh, verflucht!«
    Das waren seine letzten Worte, das bittere Eingeständnis, daß sein Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Er sank auf die Knie und fiel mit dem Gesicht voran zu Boden.
    Ich war vor Schreck so gelähmt, daß ich seinen Sturz nicht verhindern konnte. Meiner zitternden Hand entglitt die Pistole. Doch als Abdullahs Schrei mir verkündete, daß unsere Retter gekommen waren, hielt ich die Waffe wieder auf die Tür gerichtet. Mit dem anderen Arm stützte ich dem bewußtlosen Emerson den Kopf. Abdullah, der durch die Tür gestürmt kam, blieb wie angewurzelt stehen; sein triumphierender Gesichtsausdruck wich dem Erschrecken.
    »Du weinst ja, Sitt! Allah sei uns gnädig – er ist doch nicht…«
    »Nein, Abdullah, nein. Es ist viel schlimmer! Oh, Abdullah – er erkennt mich nicht mehr!«
7. Kapitel
    »Eine gute Ehe ist ein Patt zwischen zwei gleichstarken Gegnern.«
    Selbstverständlich meinte ich nicht ernst, was ich zu Abdullah gesagt hatte. Vielleicht gibt es Schlimmeres als den Tod, allerdings – wenn überhaupt – nur wenig, was so endgültig ist. Gern hätte ich Ägypten Zentimeter um Zentimeter nach dem verstümmelten Leichnam meines Gatten abgesucht, wie Isis es für Osiris tat; froh hätte ich Orpheus’ Leier ergriffen und wäre in die finstersten Tiefen des Hades hinabgestiegen, um ihn zurückzuholen – wäre das

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