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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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lachte. Er war in bester Stimmung, dachte nicht mehr an das Automobil, und mir wurde klar, daß die Kinder in das Geheimnis eingeweiht waren. Ramses’ schmales Gesicht blickte fast freundlich drein, und Nefrets silberhelles Lachen mischte sich mit Emersons tiefem Kichern. Man mußte dem Mädchen zugute halten, daß es nicht nachtragend war. Sie grollte mir nicht mehr, ich dagegen hatte meinen Ärger auf sie noch nicht ganz überwunden.
    Sie war mit Sir Edward zusammen gewesen – und das ausgerechnet in der maurischen Halle!
    »Aber er hat sich wie ein Gentleman benommen, Tante Amelia. Er hat nicht einmal versucht, mich zu küssen, obwohl er es wollte.«
    »Mein Gott! Woher weißt du es dann? Hat er etwa gewagt …«
    »Nein. Ich habe es ihm nur angemerkt. Ich habe mein Bestes getan, ihn zu ermutigen – natürlich bin ich dabei ganz Dame geblieben –, aber vielleicht habe ich noch nicht gelernt, wie …«
    »Nefret!«
    »Du sagst mir doch immer, ich müßte meinen Horizont erweitern. Und diese Erfahrung hätte meinen Horizont bestimmt erweitert. Nach dem, was ich beobachtet habe, muß es sehr angenehm sein.«
    Mir war sonnenklar, wie die kleine Göre das beobachtet hatte. Emerson ist ein sehr impulsiver Mensch und vergißt öfters, die Türen zu schließen. Aufgrund meiner Verlegenheit fiel meine Gardinenpredigt über damenhaftes Verhalten deshalb milder aus als beabsichtigt.
    An jenem Morgen sah Nefret wirklich aus wie eine kleine Dame. Sie trug ein blaßgrünes Baumwollkleid und einen kleinen Hut aus blauem und grünem Stroh, so geflochten, daß es Federn ähnelte. Zwar waren in diesem Jahr bei jungen Damen breitkrempige Hüte Mode, doch diese Kopfbedeckung hatte ihr nun einmal gefallen, und ich sah keinen Grund, ihr in ihrer Kleidung nicht ein gewisses Maß an Individualität zuzugestehen.
    Auch Ramses wirkte ganz vorzeigbar, obwohl ich wußte, daß dieser Zustand nicht lange andauern würde. Anubis hatten wir im Hotel gelassen, doch Bastet saß zwischen Ramses und Nefret und blickte sich neugierig wie eine Touristin um. Ich folgte dem Beispiel der Katze. Zwar wollte ich Emersons unschuldige Freude nicht verderben, indem ich vorgab, seine Überraschung zu kennen – aber ich war gespannt, ob ich von selbst dahinterkommen würde.
    Als wir die Kasr-en-Nil-Brücke überquerten und die Flaggen und Schornsteine der verschiedenen Schiffe sahen, dämmerte es mir allmählich. Die Szenerie hatte sich seit meinen ersten Reisen nach Ägypten sehr verändert, denn die anmutigen Hausboote, die Dahabijen, waren inzwischen von Touristendampfern und Schleppern abgelöst worden. Ich hatte gehört, die Dampfer von Cook’s seien so gut ausgerüstet, daß man dort sogar ein anständiges englisches Frühstück bekommen konnte. Auf einem solchen Schiff dauerte die Fahrt von Kairo nach Luxor fünfeinhalb Tage.
    Unvorstellbar, hatte ich gedacht, als ich einmal jemanden mit dieser Geschwindigkeit prahlen hörte. Fünfeinhalb Tage für die Wunder Ägyptens; fünfeinhalb Tage in der Gesellschaft oberflächlicher Menschen, die Ägypten in einem Höllentempo hinter sich brachten und mit dem Land und seinen »schmutzigen Eingeborenen« nichts zu tun haben wollten. Ich stimmte Emerson voll und ganz darin zu, daß die Eisenbahn vorzuziehen sei, wenn wir es eilig hatten. Dort tat man wenigstens nicht so, als wolle man den Reisenden Kultur vermitteln.
    Doch als die Kutsche am Nilufer entlangrollte, kamen schöne Erinnerungen in mir hoch. Und obwohl ich wußte, daß es vergebens war, hielt ich Ausschau nach einem Schiff aus vergangenen Tagen – meiner geliebten Dahabije, der Philae , auf der ich bei meinem ersten, unvergessenen Besuch in Ägypten gereist war. Inzwischen gab es nur noch wenige dieser anmutigen Nilgefährte. Allerdings hingen einige unserer Freunde an der alten Tradition, und ich erkannte zu meiner Freude die Istar , die Reverend Sayce gehörte. Gleich dahinter lag die Valley of the Kings , Cyrus Vandergelts Boot.
    »Ist Cyrus etwa auch da?« fragte ich und glaubte schon, Emersons kleinem Geheimnis auf den Grund gekommen zu sein. Warum, so fragte ich mich, veranstaltete er wegen eines Mittagessens mit einem alten Freund ein solches Theater?
    »Ist das der Anlaß … Oh! Oh, Emerson!«
    Denn auf einmal bot sich mir ein Anblick, der mir zuerst wie ein wahrgewordener Traum erschien. Ich erkannte sie sofort, obwohl sie sich sehr verändert hatte: frische Farbe, leuchtend bunte, neue Markisen und auch den neuen Namen am Bug. Der Name

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