Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
nicht an. Sie wußten, wer wir waren.
    Wir waren schon einige Zeit dort, als David auftauchte und aus der Richtung des Hofes auf die Kolonnaden zusteuerte. Er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, mich und Nefret anzutreffen, denn er mäßigte augenblicklich seine Schritte und fing gleich an, sich zu entschuldigen, als er auf uns zukam.
    »Ich habe mich verspätet, weil ich noch mit – äh – einem meiner Cousins gesprochen habe«, erklärte er, während er die Tasche absetzte, die er bei sich trug.
    Ich hätte mir nichts dabei gedacht, wenn er einfach einen Namen genannt hätte. Ob in Gurneh oder Karnak, David hatte überall Verwandte. Diejenigen, die nicht für uns arbeiteten, gingen verschiedenen Gewerben nach, verdingten sich als Führer und Dragomane oder in gesellschaftlich weniger akzeptierten Bereichen. Davids Schweigsamkeit und die Eile, mit der er und Ramses die photographische Ausrüstung aufstellten, machten mich mißtrauisch, und diesmal beobachtete ich ihren schweigenden Blickkontakt und ihr Nicken, das wohl die symbolische Beantwortung einer Frage darstellte.
    Die Schatten wurden bereits länger, deshalb beeilten wir uns, noch möglichst viele Aufnahmen zu machen. Die gleichen Ansichten würden auch noch zu anderen Tageszeiten photographiert werden müssen, denn die unterschiedlichen Lichteinflüsse brachten wiederum leicht veränderte Details zum Vorschein. Die genaue Positionierung der Kamera wurde ständig gemessen und aufgezeichnet, damit wir sie bei späterer Gelegenheit exakt so arrangieren konnten. Das war ein langsamer, mühsamer und ziemlich langweiliger Vorgang. Wir waren noch keine zwei Stunden bei der Arbeit, als ich vom Sockel einer Statue abrutschte und mir den Knöchel zerrte. Das behinderte mich zwar nicht im geringsten, aber ich hatte doch das Gefühl, endlich zum Aufbruch zu mahnen und darauf hinweisen zu müssen, daß wir um halb acht in Luxor erwartet wurden.
    Ich glaube, Ramses hätte keine Skrupel, selbst aus meinem nahe bevorstehenden Tod Vorteile zu ziehen. »Ich meine, Mutter, du siehst ein wenig erschöpft aus«, sagte er mit gespielter Besorgnis. »Nefret, würdest du so nett sein, sie zur Kutsche zu begleiten? Ich habe dem Kutscher gesagt, daß er auf uns warten soll. David und ich packen alles zusammen und dann stoßen wir zu euch.«
    Nefret bedachte mich mit einem vielsagenden Blick und bot mir ihren Arm. Ich stützte mich auf sie und humpelte mit ihr davon. Sobald wir im Nebenhof außer Sichtweite waren, sahen wir uns voller Argwohn an. »Warte hier«, sagte Nefret leise.
    »Mein Knöchel wurde überdehnt«, erklärte ich genauso leise. »Geh vor. Ich folge dir.«
    Die Stelle schien wie geschaffen für Spione. Jede der runden Säulen war so breit, daß sie nicht nur einer, sondern sogar zwei schlanken Personen Schutz bot, und unter den Säulenbögen war es bereits dunkel. Als wir am Eingangstor vorbeispähten, sahen wir, daß die Phototaschen, die eher hastig als sorgfältig zusammengepackt worden waren, verlassen hinter einem Pfeiler lagen. Es war niemand in Sicht, nicht einmal einer der schwatzenden Wärter.
    »Verflucht«, sagte Nefret. »Wohin sind sie wohl gegangen?«
    »Offensichtlich in die andere Richtung, zum Tempel von Ramses II. Vielleicht wollen sie sich den einfach bloß anschauen. Dort befindet sich eine interessante kleine Kapelle, die Thutmosis III. bauen ließ …«
    »Ha«, meinte Nefret.
    Sie schlich sich langsam vor, glitt von einem Pfeiler in die Deckung des nächsten. Doch noch bevor wir das Ende der Kolonnaden erreichten, machten ein Schrei und ein ohrenbetäubendes Krachen jede Vorsicht überflüssig und – für ängstliche Gemüter – unmöglich. Nefret rannte los. Sie war flinker als ich – aufgrund meines verstauchten Knöchels –, und als ich sie endlich eingeholt hatte, kniete sie neben David, der auf dem Boden saß und sich mit verwirrtem Blick seine Schulter rieb. Neben ihm lagen mehrere große, rote Granitbrocken. Der größte war schätzungsweise dreißig Zentimeter lang und Teil eines Statuenhauptes; ein in Stein gehauenes Auge schien Ramses, der neben David stand, vorwurfsvoll anzublicken.
    »Zur Hölle!« rief Ramses. »Er hat sie zerstört!« Die Granitbüste hatte David nicht getroffen; er war ziemlich heftig gestürzt und auf seiner linken Schulter aufgekommen, als Ramses ihn beiseite gestoßen hatte. Er behauptete steif und fest, er habe sich nicht ernsthaft verletzt, und die Geschmeidigkeit, mit der er sich bewegte,

Weitere Kostenlose Bücher