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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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nicht«, sagte ich und drehte mein Blatt Papier um. Ich hatte die feste Absicht, in einem günstigen Augenblick mit Walter über meine Schwierigkeiten zu diskutieren, aber ich brachte es nicht über mich, Ramses um Hilfe zu bitten. Das war eine Charakterschwäche, das gebe ich zu, aber niemand ist vollkommen.
    »Diese spezielle Szene fasziniert mich«, fuhr ich fort. »Das Konzept ist an sich recht bemerkenswert für eine heidnische Kultur, die niemals von der Lehre des wahren Glaubens erfahren hat.«
    Ramses drehte seinen Stuhl herum, setzte sich und stützte seine Arme auf der Lehne auf. »Ich nehme an, du sprichst vom Christentum.«
    Verflucht, dachte ich. Eine theologische Diskussion mit Ramses hatte mir gerade noch gefehlt! Er konnte wie ein Jesuit argumentieren, und die von seinem Vater übernommenen Ansichten waren erschreckend unorthodox.
    Mein Schweigen wertete er als Einverständnis und fuhr fort: »Die Vorstellung, daß ein Mensch von Gott oder einem Gott gerichtet wird, um dessen Eignung für das ewige Leben zu testen, ist nicht ausschließlich auf das Christentum beschränkt. In gewisser Weise ziehe ich die ägyptische Variante sogar vor. Man war nicht abhängig von der subjektiven Einschätzung einer einzigen Gottheit –«
    »Die alles weiß und alles sieht«, unterbrach ich ihn.
    »Genau«, bestätigte Ramses und kniff die Lippen zu seiner Version eines Grinsens zusammen. »Aber die Ägypter gewährten den verstorbenen Männern oder Frauen eine feierliche Anhörung mit einer göttlichen Jury, einem vereidigten Berichterstatter und einem Anwalt, der die Waagschale im Auge behielt. Und das Ergebnis einer negativen Entscheidung war weitaus gnädiger als die christliche Variante. Bis in alle Ewigkeit in der Hölle zu schmoren ist wesentlich schlimmer als die rasche Vernichtung durch …«
    Er brach ab und blickte auf das Foto.
    »Amnet, den Verschlinger der Seelen«, meinte ich hilfsbereit.
    »Ja«, sagte Ramses.
    »Nun, mein Lieber, du hast verschiedene interessante Punkte angedeutet, die ich gern mit dir diskutieren würde – allerdings an anderer Stelle. Es ist schon spät. Warum gehst du nicht zu den anderen und bittest sie aufzuhören? Nefret gehört ins Bett.«
    »Ja«, wiederholte Ramses. »Gute Nacht, Mutter. Gute Nacht, Vater.«
    Emerson grunzte.
    Nachdem Ramses gegangen war, ging ich die an diesem Tag eingetroffenen Mitteilungen durch. Ich mußte Emerson zustimmen; Luxor wurde einfach zu beliebt. Wenn man Lust hatte, konnte man sich jeden Tag von morgens bis abends auf irgendwelchen sinnlosen gesellschaftlichen Empfängen herumtreiben. Mehrere Bekannte hatten uns Einladungen zum Mittagessen, zum Tee oder zum Abendessen geschickt, und ich entdeckte einige Briefe von Leuten, die mich möglicherweise aufgrund anderer Leute kannten, die ich wiederum nie kennengelernt hatte und auch nie kennenlernen wollte. Der einzig interessante Hinweis war eine Notiz von Katherine, die am darauffolgenden Tag die Schule von Sayyida Amin zu besuchen beabsichtigte und mich fragte, ob ich sie begleiten wollte. Das erwähnte ich gegenüber Emerson, dessen Kopf über die auf seinem Schreibtisch verstreuten Notizzettel gebeugt war. »Ich sollte sie wirklich begleiten, Emerson. Katherines Plan, eine Schule zu eröffnen, verdient Unterstützung, und ich habe ihr bislang nur wenig geholfen.« »Du kannst hingehen, wenn du Ramses und David mitnimmst.«
    Einen Augenblick später fügte Emerson hinzu: »Und Nefret.«
    Mein armer, geliebter Emerson ist so leicht zu durchschauen.
    »Und dich allein lasse?« bohrte ich.
    »Allein? Mit zwanzig unserer Männer, Hunderten verfluchter Touristen und Davis’ gesamtem Troß?« »Das Tal hat entlegene Winkel, in die die Touristen niemals vordringen, Emerson. Dort befinden sich leere Grabstätten und tückische Schluchten.«
    Emerson warf seinen Füllfederhalter auf den Tisch und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Während er an seinem Kinngrübchen kratzte, fixierte er mich mit einem belustigten Blick seiner blauen Augen. »Also komm, Peabody, du nimmst doch wohl nicht an, daß ich meinen Häschern einladend in die Arme laufen würde?« »Das wäre nicht das erstemal.«
    »Ich bin älter und klüger geworden«, erklärte Emerson. »Nein. Es gibt sinnvollere Vorgehensweisen. Ich sag’s dir, Peabody. Vertröste Katherine noch einen oder zwei Tage, und in der Zwischenzeit werden wir beide uns auf die Suche nach den Bastarden begeben, die dieses Mädchen umgebracht haben.«
    Sie hatten

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