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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Überreste offenbar von den Fängen eines riesigen Tieres – etwa von einem Krokodil – entsetzlich verstümmelt. Schon seit langem halten sich in der Umgebung von Luxor keine Krokodile mehr auf.
6. Kapitel
    Am nächsten Morgen hatte sich die Mitteilung wie ein Lauffeuer in ganz Luxor verbreitet. Wir hatten über Abdullah davon gehört, der sie von seinem Cousin Mohammed erfahren hatte, dem sie von seinem Sohn Raschid berichtet worden war, der wiederum mit einem der bedauernswerten Bootsleute gesprochen hatte, die die verstümmelte Leiche gefunden hatten. Ich bezweifelte nicht, daß die Entdeckung allein schon unangenehm genug gewesen war, doch als sie uns schließlich erreichte, klang sie bereits erstaunlich aufgebauscht und überzogen.
    »Ein Krokodil«, beharrte Abdullah. »Raschid hat gesagt, daß Sayed sagte, es könne sich um nichts anderes gehandelt haben.«
    »Unsinn, Abdullah. Du weißt ganz genau, daß es in Ägypten seit … nun, zu unseren Lebzeiten keine Krokodile mehr gegeben hat.«
    Abdullah verdrehte die Augen. »Wir wollen hoffen, daß es ein Krokodil war, Sitt. Wenn es das nicht war, war es etwas viel Schlimmeres.«
    »Was könnte denn noch schlimmer sein?« wollte ich wissen. Abdullah beugte sich vor und legte die Hände auf seine Knie.
    »Manche Männer glauben, daß die alten Gottheiten nicht tot sind, sondern nur schlafen. Wer die Gräber der Toten zerstört …«
    »Manche glauben das«, stimmte ich ihm zu. »Sicherlich gehörst du nicht dazu, Abdullah?«
    »Etwas Derartiges nicht zu glauben ist nicht dasselbe wie es nicht zu wissen, Sitt.«
    »Hmm«, sagte ich, nachdem ich seine Ansammlung von Negierungen verarbeitet hatte. »Nun, Abdullah, wenn es stimmt, daß die alten Gottheiten diejenigen bestrafen, die die Grabstätten betreten, dann stecken wir alle in Schwierigkeiten – du und ich und Emerson. Also hoffen wir, daß es nicht zutrifft.«
    »Ja, Sitt. Aber es kann auch nicht schaden, sich gegen das zu schützen, was nicht wahr ist.« Er deutete auf die Amulette an der Kette um meinen Hals und griff dann in den Halsausschnitt seines Gewandes. »Ich habe dir ein weiteres mitgebracht.« Wie die meisten ägyptischen Amulette war auch dieses eine türkisfarbene Fayencearbeit mit einer Anhängerschlaufe, damit man es an einer Kette tragen konnte. Ich bezweifelte nicht, daß es echt war. Abdullah hatte seine Verbindungen. Lächelnd nahm ich ihm den Anhänger aus der Hand.
    »Ich danke dir«, sagte ich. »Aber was ist mit Emerson? Hast du ihm ebenfalls ein Amulett mitgebracht?«
    »Er würde keines tragen, Sitt.«
    »Nein. Abdullah, bist du sicher, daß das der Grund ist, weshalb du es mir und nicht Emerson gibst? Es hat sicherlich nichts damit zu tun, daß du mich für schutzbedürftiger hältst als ihn?«
    Abdullahs Gesicht blieb ernst, doch ich wußte den Glanz in seinen dunklen Augen zu deuten. Hatte er sich einen Scherz mit mir erlaubt? Insgeheim lachte er jetzt sicherlich über mich. »Du bist unbesonnen, Sitt. Du tust unvernünftige Dinge.«
    »Wenn ich das tue, werden du und Emerson auf mich achtgeben«, sagte ich belustigt. »Und ab jetzt habe ich Sobek, der mich ebenfalls beschützen wird.«
    Ich löste die Kette von meinem Hals und fügte den anderen Amuletten die kleine Statue des Krokodilgottes hinzu.
    Ramses sah sich den Leichnam an. Wir anderen lehnten diesen Genuß ab, sogar Emerson, der bemerkte, daß er seine Mannhaftigkeit nicht unter Beweis stellen mußte, indem er verstümmelte Leichen inspizierte – wobei er es demonstrativ vermied, Ramses anzublicken. Emerson war auf Ramses keineswegs gut zu sprechen. Selbstverständlich wußte ich, warum. Er machte den Jungen dafür verantwortlich, daß er Nefret erlaubt hatte, ihn und David auf ihrem mitternächtlichen Streifzug durch die Altstadt zu begleiten. Um ehrlich zu sein, hatte mich Emerson in Gegenden von Kairo geführt, die ebenso schmutzig und gefährlich waren, aber er hielt seine Adoptivtochter immer noch für ein naives Kind mit rotgoldenen Locken. Sie war längst kein Kind mehr, wie eine Schar junger Herren bewies, aber Väter reagieren absurderweise sentimental im Umgang mit ihren Töchtern. (Wie ich gehört habe, soll es einige Mütter geben, die sich ihren Söhnen gegenüber ebenso töricht verhalten. Diese Schwäche kann ich an mir nicht feststellen.)
    Was Nefrets Verhalten in dieser Sache anbelangte, so trug Ramses meiner Meinung nach nicht die Verantwortung. Als ich allerdings herausfand, daß er ihr erlaubt

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