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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gemacht?«
    »Oh, Emerson, laß uns nicht die Zeit auf unerklärliche, um nicht zu sagen, unwahrscheinliche Theorien verschwenden«, entfuhr es mir. »Es gibt nur eine sinnvolle Erklärung für ihr Verhalten.«
    Emerson stopfte gerade seine Pfeife. Er legte sie auf den Tisch (und verstreute dabei den Tabak über die gesamte Tischplatte) und nahm meine Hand. »Dieses eine Mal, meine Liebe, werde ich dich nicht für deine voreiligen Schlüsse rügen, denn ich befürchte, daß du recht hast.«
    »Wie auch immer«, schaltete sich Ramses ein, »wir sollten trotzdem sämtliche Möglichkeiten ausleuchten, selbst wenn wir sie dann wieder verwerfen. Ihr dürft sicher sein, daß die anderen Fragen stellen werden.«
    »Es war ein Unfall«, wandte Selim wenig überzeugt ein.
    »Die Möglichkeit besteht. Das Ergebnis einer Wette oder eines dummen Scherzes.« Ramses nahm ein Päckchen Zigaretten aus seiner Jackentasche. Es war symptomatisch für seinen Gemütszustand, daß er mich nicht einmal um Erlaubnis fragte, ob er rauchen durfte. Er fuhr fort: »Vor einigen Wochen spielten Maude und ihre Clique ein ähnliches Spiel – sie animierten sich gegenseitig zu riskanten und sinnlosen Aktionen. Wenn Geoffrey und ich den ziemlich beschwipsten Jack nicht davon abgehalten hätten, hätte er versucht, in der Dunkelheit und ohne Hilfe auf die Große Pyramide zu klettern, um die amerikanische Flagge auf deren Spitze zu setzen. Ein ermittelnder Beamter ließe sich vielleicht davon überzeugen, daß Maude hierherkam, um die ›Zerreißprobe‹ zu bestehen, insbesondere nachdem …«
    Er brach ab, um seine Zigarette anzuzünden, und ich eilte ihm mit den Worten zu Hilfe: »Insbesondere nachdem sie – wie sagt man? Ich kann mir diese umgangssprachlichen Begriffe einfach nicht merken! – es zuvor vermasselt hatte.«
    »Mutterseelenallein und mitten in der Nacht?« wandte Emerson ein.
    »Ich gebe zu, es steht völlig außer Frage«, entgegnete Ramses. »Aber ein Unfall besitzt als Tatbestand erheblich mehr gesellschaftliche Akzeptanz als ein Selbstmord.«
    »Selbstmord?« wiederholte Emerson ungläubig. »Gütiger Himmel, welchen plausiblen Grund könnte ein so junges, hübsches und wohlhabendes Mädchen denn gehabt haben, daß sie ihrem Leben gewaltsam ein Ende setzte?«
    »Keinen«, erwiderte ich. »Eine krankhafte mentale Instabilität kann einen ansonsten gesunden Menschen zu einer solchen Handlung verleiten, aber so etwas traf auf sie keinesfalls zu. Keine Sekunde lang würde ich davon ausgehen. Es war Mord. Sie war bereits tot, als man sie in den Schacht warf. Ein solcher Sturz hätte eine Schädelfraktur oder ein gebrochenes Genick oder eine andere tödliche Verletzung zur Folge gehabt. Ramses sagte bereits, daß sie so gut wie keine Blutspuren aufwies.«
    »Das ist die einzig logische Antwort«, meinte Emerson, während er über sein Kinngrübchen strich, »die auch erklärt, warum sie hierhergebracht wurde.«
    »Nicht unbedingt«, wandte Ramses ein. Er sprang auf und ließ seine Zigarette fallen. Sie war bis zu seinen Fingern abgebrannt. »Ich schätze eure taktvollen Bemühungen, mich aus der Sache herauszuhalten, trotzdem sollten wir uns den Tatsachen stellen. Falls das einzige Motiv des Mörders darin bestand, seine Gewaltanwendung zu kaschieren, hätte er sie von jeder beliebigen Klippe hinunterstürzen können. Sie an diesen abseitigen Ort zu bringen zieht uns unweigerlich mit in die Sache hinein – mich, um genau zu sein. Egal, um welchen Tatbestand es sich handelt, mein Name wird sicherlich Erwähnung finden. War es ein Unfall, dann versuchte sie vielleicht, ihre Angst vor der Ausgrabungsstätte zu überwinden, um vor mir in einem besseren Licht dazustehen. War es Selbstmord, dann werden manche denken, daß es sich um eine Verzweiflungstat aufgrund von Zurückweisung handelte, oder vielleicht sogar –« Er bemühte sich nach Kräften, kühl und unbeteiligt zu wirken, doch das gelang ihm nicht ganz. Seine dunklen Augen sahen mich flehend an. »Es ist nicht wahr, Mutter«, erklärte er verzweifelt. »Du hast gehört, was Jack sagte – du weißt, wessen er mich beschuldigte. Mir ist egal, was er denkt, solange du mir glaubst.«
    Sein Flehen hatte mir gegolten. Er bat um mein Verständnis. Manche Mütter wären jetzt zu ihrem Sohn gegangen, hätten ihn in ihre Arme geschlossen und zärtliche – und sinnlose! – Worte des Trostes gemurmelt. Offen gestanden, war auch ich sehr stark geneigt, genau das zu tun. Allerdings war mir

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