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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sonoren Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Wie du siehst, Selim, ist ein tragischer Unfall eingetreten.«
    Selims riesige dunkle Augen starrten auf die kleine Stiefelette, die ich enthüllt hatte, bevor Ramses mich wegzog. »Ist das die junge amerikanische Dame? Allah sei ihr gnädig! Wie ist das passiert? Was hat sie hier gemacht?«
    »Es war ein Unfall«, wiederholte Emerson. »Wir müssen ihren Bruder holen und Vorkehrungen treffen, wie wir sie … sie fortschaffen können. Kannst du einen Karren oder einen Wagen besorgen, Selim? Das ist zwar nicht sonderlich pietätvoll, aber –«
    »Aber immer noch besser als jede Transportalternative«, schaltete sich Ramses mit frostiger Stimme ein. »Was Jack anbelangt, so müssen wir ihn nicht holen. Er scheint uns zu suchen. Interessant. Ich frage mich, warum? Schließlich kann er nicht wissen, was passiert ist.«
    »Um Himmels willen, lenk ihn ab!« seufzte Nefret. »Er darf sie nicht so sehen.«
    Sie rannte auf den näher kommenden Reiter zu. Ich zog den Teppich über den kleinen Stiefel und stürmte ihr hinterher. Wir mußten ihm die Nachricht schonend beibringen und dem unglückseligen jungen Mann den traurigen Anblick so lange ersparen, bis er die Wahrheit begriffen hatte.
    Wartend verharrten wir, bis Jack die Zügel straffte und sein Pferd gewaltsam zum Stehen brachte. Er sprang aus dem Sattel, stürmte an Nefret vorbei und packte Ramses an der Frontpartie seines Hemdes.
    »Wo ist sie? Was hast du mit ihr gemacht?«
    Er war um einiges kleiner als Ramses, doch wesentlich stämmiger, und er kochte vor Wut. Ramses rührte sich nicht. Arrogant musterte er Jacks gerötetes, wutverzerrtes Gesicht und sagte: »Du erklärst mir besser, was du damit meinst.«
    »Sie ist verschwunden, das meine ich damit! Heute nacht! Und du besitzt auch noch die verfluchte Dreistigkeit, hier herumzustehen und so zu tun, als hättest du nicht … Was zum Teufel hast du mit ihr angestellt? Wo hast du sie hingebracht?«
    Mit einer unwirschen Handbewegung befreite Ramses sich aus der Umklammerung seines Gegenübers. »Beherrsche dich«, schnaubte er. »Ich weiß nicht, wieso du denkst, daß Maude und ich heute nacht zusammen waren; es stimmt nicht, aber das ist jetzt auch unwichtig. Ich habe eine schlechte Nachricht für dich, Reynolds. Die schlimmste überhaupt.«
    »Die schlimmste überhaupt? Ich weiß nicht, wovon du redest.« Verwirrt blickte er von Ramses zu Nefrets tränenüberströmtem Gesicht. »Willst du damit sagen … Soll das heißen, daß sie tot ist?«
    »Es tut mir wirklich leid«, erwiderte Ramses. Vermutlich sind nur Männer in der Lage, die Reaktionen ihres Gegenübers konkret einzuschätzen. Ich hatte zwar keineswegs mit einer Verbrüderung der beiden gerechnet, aber auch nicht mit brutaler Gewaltanwendung, allerdings mußte Ramses die Bewegung vorausgeahnt haben. Abrupt drehte er sich zur Seite, so daß der von Jack auf sein Gesicht gerichtete Fausthieb lediglich seine Wange streifte. Mit einem lauten Fluch schoß Emerson vor, doch die schlagkräftige Auseinandersetzung – sofern man sie als solche bezeichnen konnte – war so schnell beendet, wie sie begonnen hatte. Jacks zweiter ungezielter Schlag verschaffte Ramses den entscheidenden Vorteil. Mit meisterhafter Präzision packte er den Arm des anderen Mannes, drehte ihm diesen auf den Rücken und zwang ihn in die Knie.
    »Mr. Reynolds, ich finde, das reicht nun wirklich«, bemerkte ich mit strenger Stimme. »Vor Ihnen liegt eine tragische Aufgabe; stellen Sie sich ihr wie ein Mann!«
    Meine Ermahnung zeigte die erhoffte Wirkung. Mein entschiedener, wenn auch freundlicher Tonfall erinnerte ihn an seine Pflichterfüllung. Jacks massiger Körper sank in sich zusammen.
    »Ja, Ma’am«, murmelte er.
    Seine fassungslose Wut war erschreckender Ruhe gewichen. Das schlimmste Leid lag noch vor ihm, doch im Augenblick verhielt er sich wie in Trance. Er fragte, ob er seine Schwester sehen dürfe, und nahm meine ausdrückliche Ablehnung mit einem abwesenden Blick hin. Ich verabreichte ihm gerade kleine Schlucke Brandy aus meiner Taschenflasche, als ich eine weitere Person auf dem Rücken eines Esels heranreiten sah. Es war Karl von Bork, der, wie er erklärte, gekommen war, um unsere Exkavationsfortschritte in Augenschein zu nehmen und uns gegebenenfalls seine Hilfe anzubieten.
    »Aber«, fuhr er fort, und sein fröhliches Lächeln schwand, als er den bleichen, schwankenden Jack und unsere ernsten Gesichter bemerkte. »Aber,

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