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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Ramses hatte eine der von ihm mitgeführten Kerzen angezündet, und diese erhellte den Kasten und daneben eine zusammengekauerte, formlose Gestalt.
    Es bestand kein Zweifel, daß es sich um einen menschlichen Körper oder dessen sterbliche Überreste handelte. Wenn die Person vom Rand des Schachts hinabgestürzt war, bestanden kaum Überlebenschancen, trotzdem hoffte ich inständig, daß sie hinabgeklettert war und erst unterwegs den Halt verloren hatte. Ich glaubte – wie hätte ich anderes vermuten sollen? –, daß ein armer, verwirrter Dorfbewohner genau wie seine Vorfahren auf der Suche nach wertvollen Gegenständen nachts in die Grabstätte des Pharaos eingedrungen war.
    Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, wann mir die Wahrheit dämmerte. Vielleicht lag es an Ramses’ merkwürdig starrer Haltung, als er sich neben die zusammengekrümmte Gestalt kniete. Er hatte seine Kerze neben sich am Boden befestigt. Sein Körper befand sich in der Dunkelheit; der Kerzenschein erhellte lediglich seine reglosen Hände. Schließlich sprach er mit leiser, aber dennoch erregter Stimme. Sie hallte grollend und stockend durch den Schacht.
    »Holt irgendwas … um sie zuzudecken. Ich werde … sie hochbringen.«
    »Sie«, wiederholte Emerson. »Ramses. Wer …«
    Er klärte uns auf. »Sie ist tot.«
    »Bist du sicher?« rief ich.
    »Ja. Gütiger Himmel, ja.«
    »Ruf, wenn du bereit bist«, brüllte Emerson. Er reichte mir die Taschenlampe und umklammerte den Griff der Winde.
    Ramses zog seine Jacke aus und beugte sich über den Leichnam. Nefret rannte bereits durch den gewundenen Tunnel in Richtung Tageslicht.
    Das Mädchen war klein und schlank – gewesen –, trotzdem war es allein Emersons überwältigender Kraft zu verdanken, daß er sie und Ramses hochziehen konnte. Als ich ihm zu Hilfe eilte, knurrte er mich an, ich solle ihm aus dem Weg gehen. Nefret kehrte mit einem der Teppiche aus unserem provisorischem Ruhezelt zurück. Sie streckte die Hand aus, um den Kasten und seine Last ins Gleichgewicht zu bringen, und Ramses sprang auf den Boden.
    Seine Jacke verdeckte das Gesicht und den Oberkörper der Leiche, nicht jedoch den zerrissenen Rock und die kleinen, zerfetzten Stiefel. Ramses beeilte sich, die zerschundene Gestalt auf den Teppich zu betten, dann faltete er die Ecken zusammen; doch als er das leblose Bündel hochheben wollte, legte ihm Emerson mahnend eine Hand auf die Schulter.
    »Ich trage sie von hier fort«, erklärte er mit Grabesstimme. »Verflucht, mein Junge, du bist auch nur ein Mensch!«
    Ramses wandte sein Gesicht zur Wand. Ich entkorkte meine Taschenflasche Brandy und reichte sie Nefret. Als wir die beiden verließen, hatte Nefret tröstend ihren Arm um seine eingesunkenen Schultern gelegt.
8. Kapitel
Bei den Stammesfrauen war ich ein begehrter Mann, denn sie schienen fasziniert von meinem goldblonden Haar und meiner hellen Haut …
    Sie blieben nicht lange dort unten. Ramses hatte sich wieder gefaßt, und sein Gesichtsausdruck war so aufschlußreich wie der des Sphinx. Als er jedoch bemerkte, daß ich neben der Teppichrolle kniete, umfaßte er meine Schultern und zog mich fort. »Nein,
    Mutter. Tu es nicht. Nicht hier und nicht jetzt.« »Nicht du, Tante Amelia«, fügte Nefret hinzu. Ramses wandte ihr sein Gesicht zu. »Und du auch nicht, Nefret. Was versuchst du eigentlich zu beweisen – daß du ein Übermensch bist?«
    »Ich habe schon eine ganze Reihe von Autopsien und Sektionen vorgenommen«, erwiderte Nefret ungerührt. »Woran ist sie gestorben?«
    »Such dir etwas aus. Schädelfraktur, Genickbruch, zerschmetterte Wirbelsäule, Rippen …«
    Emerson stieß eine Reihe von Flüchen aus. Ich sagte: »Und das Gesicht?«
    »Es würde dir nicht gefallen.«
    »Wie kannst du dann mit Gewißheit auf ihre Identität schließen?«
    Nach einem langen Augenblick erwiderte Ramses: »Glaub mir einfach, Mutter. Es besteht kaum Zweifel. Das Haar ist identisch, und ebenso ihre Kleidung.«
    »Vor allem die Stiefel«, warf Nefret mit unterkühlter, beherrschter Stimme ein. Sie blickte auf den Fuß, den ich freigelegt hatte. »Eine spezielle Maßanfertigung in London. Ich bezweifle, daß sie vielen Frauen passen würden. Mir mit Sicherheit nicht. Sie war stolz auf ihre kleinen Füße.«
    Wir waren nicht mehr allein. Selim, Daoud, Ali und Hassan waren eingetroffen; etwas abseits kauerten die von uns angeworbenen, einheimischen Arbeiter und beobachteten uns schweigend.
    »Genug davon«, erklärte Emerson in dem

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