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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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»Warum hast du mit keinem Wort erwähnt, daß du eine Abschrift besitzt?«
    »Niemand hat mich danach gefragt«, erwiderte Ramses.
    Nefret warf ein Brötchen nach ihm.
    »Dann wollen wir uns das einmal genauer ansehen«, meinte Emerson, als Ramses das Brötchen aufgefangen und es Nefret galant zurückgegeben hatte.
    »Jetzt?« fragte Ramses.
    »Nach dem Essen«, wandte ich ein. »Wenn du und Nefret eure kindischen Spielchen einstellt – noch dazu im Beisein von Gästen! –, sind wir um so rascher fertig.«
    »Verzeihung, Tante Amelia«, murmelte Nefret. Allerdings bedachte sie Ramses mit einem durchtriebenen Grinsen, und seine schmalen Lippen verzogen sich leicht.
    Während Fatima den Tisch abräumte, machte sich Ramses auf die Suche nach seinem Text. Als er das zerknüllte Stück Papier glättete, rückten wir alle näher zusammen. Im Gegensatz zu seiner üblichen Handschrift, die dem Gekritzel eines ägyptischen Analphabeten gleicht, sind die von Ramses zu Papier gebrachten Hieroglyphen sauber und leicht lesbar – immer vorausgesetzt natürlich, daß man der altägyptischen Schrift mächtig ist. Ich würde niemals behaupten, daß meine Sprachkenntnisse hervorragend sind, doch die ersten Wörter waren selbst mir vertraut. »Imy-re – äh – hmmm«, las ich laut vor. »Der Aufseher der Schiffe, Erbprinz und Fürst, oberster Gebieter. Das sind die Titel des hohen Würdenträgers, der den Text verfaßte, Cyrus.«
    »Ganz recht, meine Liebe«, erwiderte Emerson sichtlich erheitert. Er tätschelte meine Hand. »Schlage vor, wir lassen Ramses den gesamten Text übersetzen – ohne ihn zu unterbrechen.«
    »Ein hervorragender Vorschlag, Emerson«, erwiderte ich huldvoll.
    Es handelte sich zweifelsfrei um ein erstaunliches Dokument. Die Ägypter waren hervorragende Schiffsbaumeister, und sie verfügten über astronomische Kenntnisse. Trotzdem war es kaum vorstellbar, daß die Umsegelung der Küste einem der frühen Kapitäne gelungen wäre – selbst dann nicht, wenn er die Gunst sämtlicher Götter des überaus umfangreichen Pantheons genoß und er für die Aufnahme neuen Proviants gelegentlich vor Anker ging. Ich jedenfalls glaubte das nicht; und auch Ramses’ erklärende Kommentare machten deutlich, daß beinahe jede Textpassage späteren Quellen entnommen war. Der Mann, der diese zusammengestellt hatte, war offensichtlich mit solchen Quellen sowie der ägyptischen Sprache vertraut.
    »Darüber hinaus stößt man auf gewisse Ungereimtheiten«, erklärte Ramses. »Ganz offensichtlich beginnt der Text mit den Titeln und dem Namen des vermeintlichen Verfassers. Das höfische Protokoll ließe erwarten, daß Datum, Pharaonenname und Titel den seinen vorausgehen. Sie sind zwar hier genannt, aber erst im Anschluß an die Titel des Beamten, und sie befinden sich nicht in der korrekten Reihenfolge.«
    »Ich verstehe, was du meinst«, entfuhr es Emerson. »Der Bursche war ein Prinz und ein Fürst und oberster Gebieter und so weiter; warum sollte er seinen Posten als Schiffsinspektor vor seinen hochrangigeren Titeln erwähnen? Ist das von Bedeutung?«
    »Wenn ja, dann ist mir die Bedeutung unklar«, erwiderte Ramses ziemlich schnippisch. Er war zwar nicht eitel, gab aber nur ungern zu, daß auch seine Kenntnisse des Ägyptischen gelegentlich nicht weiterhalfen – wie in diesem Fall.
    »Also befand sich der Hinweis«, bemerkte ich, »der uns vielleicht weitere Informationen geliefert hätte, nicht in dem eigentlichen Text.«
    Ramses gestand, zur gleichen Schlußfolgerung gelangt zu sein. Seiner Ansicht nach mußte der Hinweis allerdings so winzig gewesen sein oder so überaus geschickt versteckt, daß er ihn nicht bemerkt hatte. Er fügte noch hinzu, daß jede weitere Spekulation reine Zeitverschwendung sei, da sich das unselige Stück ohnehin nicht mehr in unserem Besitz befände. Dem mußte ich gezwungenermaßen zustimmen.
    Da der darauffolgende Tag ein Freitag war und damit der Ruhetag unserer Männer, hatte sich Emerson einverstanden erklärt, mich nach Kairo zu begleiten und die Nacht im Shepheard’s zu verbringen. Eigentlich paßte ihm das gar nicht – es paßt ihm nie! –, und jetzt sann er fieberhaft auf eine Ausrede, um das Ganze rückgängig zu machen.
    »Es gefällt mir gar nicht, die Kinder allein zu lassen, Peabody«, bemerkte er scheinheilig. »Vandergelts Vorstellung, daß jemand uns an der Exkavation von Zawiet hindern will –«
    »Hat die augenblickliche Situation nicht verändert, Emerson«, erklärte

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