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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Schiaparelli vom Turiner Museum hatte die italienische Konzession bereits wenige Jahre später zurückgegeben. Rein theoretisch fiel dieses Gebiet dann den beiden anderen Parteien zu, doch diese stritten sich nach wie vor um eine exakte Teilung. Die naheliegende Lösung – wenigstens einen Teil des italienischen Gebietes dem berühmtesten Exkavator aller Zeiten zu übertragen – ich glaube, ich muß keinen Namen nennen –, wurde von sämtlichen Beteiligten ignoriert. Emerson weigerte sich strikt, die Sache in Gegenwart von Maspero auch nur zu erwähnen, und drohte mir mit Scheidung, falls ich es wagen sollte. Natürlich war das einer seiner kleinen Scherze. Trotzdem kam ich zu dem Entschluß, nicht mit M. Maspero zu sprechen.
    Die vorübergehende Abwesenheit seines Sohnes hatte Emersons Situation keinesfalls optimiert. Seit zwei Wochen arbeitete Ramses anstelle von Geoffrey in Gizeh. Er hatte sein Vorhaben Emerson offen dargelegt, und dessen edle Gesinnung ließ keinen Widerspruch zu. Vielleicht war auch unterschwelliger Stolz daran beteiligt; Emerson hätte niemals zugegeben, daß er nicht nur Ramses’ fundierte Kenntnisse vermissen würde, sondern auch ihn als seinen Sohn. Insgeheim hatte Emerson gehofft, daß Mr. Fisher, der Mr. Reisner bis zu dessen Rückkehr in Gizeh kommissarisch vertrat, dieses etwas unorthodoxe Abkommen ablehnen würde, solange sein Vorgesetzter nicht informiert war. Leider war sich Fisher der hohen Meinung Reisners hinsichtlich meines Sohnes bewußt und begrüßte den Plan von daher mit unverhohlener Begeisterung. Er schrieb umgehend an Reisner, der irgendwo in Mittelägypten weilte, und erhielt schließlich dessen Zustimmung, doch zu diesem Zeitpunkt arbeitete Ramses bereits seit einer Woche in Gizeh.
    Für Emerson war das Wissen keinesfalls tröstlich, daß die Harvard-Boston-Forschungsgruppe in einem Gebiet arbeitete, in dem man bereits wundervolle Dinge entdeckt hatte. Kurz nach Ramses’ Arbeitsaufnahme stießen die Amerikaner auf ein weiteres Grabmal, das prachtvolle Malereien und Schnitzereien enthielt, eine herrliche Statue aus Kalksandstein und andere interessante Objekte. Das reichte, um Emerson den Mund wäßrig zu machen, insbesondere, da er Tag für Tag zu seinen Knochenfragmenten und Töpferscherben zurückkehren mußte. Er wußte genau, daß Ramses’ Motive, uns zu verlassen, uneigennützig waren; er wußte es und beneidete ihn trotzdem.
    Ein positives Resultat dieser Vereinbarung war die Wiederaufnahme der Beziehungen zu Jack Reynolds. Obwohl er sich wieder gefangen hatte (mit etwas Unterstützung meinerseits), hatte er uns hartnäckig gemieden. Es gestaltet sich schwierig, eng mit einem Mann zusammenzuarbeiten, der einen des Mordes an der eigenen Schwester bezichtigt; ich fürchtete zwar keineswegs um Ramses’ Sicherheit, denn mir war klar, daß er hervorragend auf sich selbst aufpassen konnte, trotzdem fragte ich ihn bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, wie er und Jack miteinander zurechtkämen. Er versicherte mir, daß sich Jack überaus hilfsbereit und kollegial verhielte. Aus diesem Grund lud ich Jack zu einer unserer kleinen Abendgesellschaften ein, um mir selbst ein Urteil zu bilden.
    Jack war pünktlich, korrekt gekleidet und offensichtlich nüchtern. Er hatte zwei riesige Blumensträuße für die beiden frischgebackenen Ehefrauen mitgebracht, die er ihnen mit ebenso blumigen Worten überreichte. Wie üblich waren die Herren in der Überzahl. Howard Carter war mit von der Partie, ebenso der junge Mr. Lawrence, der für Mr. Petrie gearbeitet hatte und voll des Lobes war. Ich muß sagen, daß Taktgefühl nicht zu den Charakterstärken des jungen Mannes gehörte. Lobeshymnen auf den Erzrivalen des Gastgebers tragen nicht unbedingt zu dessen Stimmungsaufschwung bei, und er beging einen weiteren Faux-pas, indem er sich über die ägyptischen Arbeiter ausließ. Ich schnappte einige Satzfetzen auf: »… entsetzlich häßlich, langweilig, dumm, mundfaul und arbeitsscheu …«, bis Ramses ihn schließlich mit einer höflichen Frage zu Mr. Petries Gesundheitszustand unterbrach.
    Jack, dem ich den mir gegenüberliegenden Platz zugewiesen hatte, um ihn beobachten zu können, hatte das ebenfalls mit angehört. »Auf unsere Leute trifft das bestimmt nicht zu«, wandte er ein. »Vielleicht hat das etwas mit dem Verhalten des Exkavationsleiters zu tun. Mr. Reisner hat sich mit seinen Arbeitern stets hervorragend verstanden.«
    Ich warf ihm ein anerkennendes Lächeln zu.

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