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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Schwächen ausnutzen und ihn zum Trinken animieren.«
    »Hier geht es nicht um Alkohol«, warf Emerson ein. Er rümpfte die Nase. Dann stürmte er zur Tür von Jacks Arbeitszimmer und drehte den Knauf.
    Zerzaust und ohne Jackett kauerte Jack in einem Schaukelstuhl und blickte geistesabwesend zur Tür. Da die Sofakissen ringsum verteilt lagen, nahm ich an, daß Karl darauf gelegen hatte, als der Bedienstete uns meldete. Auf einem nahegelegenen Tisch befanden sich ein Aschenbecher, eine Pfeife und eine Schale Mandelgebäck – ein Keks war angebissen. Jack hielt seine Pfeife mit schlaffen Fingern umklammert. Die rauchgeschwängerte Luft im Raum duftete nicht nach gewöhnlichem Tabak. Es handelte sich um den gleichen sonderbaren Geruch, den ich früher einmal für Verwesungsgestank gehalten hatte. Jetzt bestand an seiner Herkunft kein Zweifel.
    Abrupt wandte ich mich an Karl. »Sie sollten sich schämen!« entfuhr es mir. »Wie konnten Sie nur! Was würde Mary dazu sagen?«
    Tränen traten in seine Augen. Er warf die Hände vor sein Gesicht. »Ich fühlte mich so einsam ohne sie«, jammerte er. »Und ohne die Kinder. Ach Gott, es ist entwürdigend – ich habe meine geliebte Frau hintergangen …«
    Er schluchzte hemmungslos und klang zunehmend unverständlicher. Abwesend tätschelte ich seine Schulter. Emerson nahm Jack die Pfeife aus der Hand und schüttelte ihn heftig. Die einzige Reaktion war ein entseeltes Lächeln.
    »Der ist fertig mit der Welt«, meinte Emerson. »Bis die Wirkung nachläßt, wird es einige Stunden dauern. Wie lange sind Sie schon bei ihm, von Bork?«
    Sein schroffer Tonfall brachte Karl wieder zur Besinnung. Mit dem Handrücken wischte er sich über die Augen.
    »Ich weiß nicht, Herr Professor«, murmelte er. »Jedenfalls ziemlich lange.«
    Ich reichte ihm mein Taschentuch. »Reißen Sie sich zusammen, Karl. Es ist von äußerster Wichtigkeit, daß Sie uns eine plausible Stellungnahme liefern.«
    »Ich bezweifle, daß ihm das gelingt«, erwiderte Emerson sarkastisch.
    Durch gezieltes Nachfragen gelang es uns, Karl einige bruchstückhafte Informationen zu entlocken. Er sei in Kairo am Institut gewesen und nicht in Gizeh. Bei seiner Ankunft habe das Unwetter noch nicht eingesetzt … Wenigstens glaubte er das. Jack sei kurz nach ihm eingetroffen. Nein, er erinnere sich leider nicht mehr daran, wann das gewesen sei. Irgendwann habe es angefangen zu regnen … Seitdem hätten sie zusammengesessen. Was das Haschisch anging, so habe man sich nicht zum ersten Mal gemeinsam dem Genuß hingegeben. Jack habe das gräßliche Zeug besorgt. Dessen Bezugsquelle war ihm allerdings unbekannt.
    Schließlich war unser Freund so tief deprimiert, daß er seinen Tränen freien Lauf ließ. Bald schon wurde ersichtlich, daß wir an diesem Abend – und vermutlich auch an allen weiteren – nicht mehr aus ihm herausbekommen würden.
    Emerson beendete seine Inquisition und schlenderte zum Waffenschrank. Der Schlüssel steckte im Schloß; er drehte ihn um und öffnete die Tür. »Ich sehe lediglich einen seiner berühmt-berüchtigten Revolver.«
    »Vor einigen Tagen erwähnte Jack, man habe ihm eine Waffe gestohlen.«
    »Genau das hätte er vorgeschoben, sofern er sie für einen Mordanschlag benutzen wollte«, bemerkte Emerson. »Allerdings handelte es sich heute nicht um eine Pistole.« Er nahm jede einzelne Waffe in die Hand und untersuchte sie. »Nein«, erklärte er, nachdem er die letzte zurückgelegt hatte. »Falls eine davon benutzt wurde, hat man sie später gereinigt und die Munition entfernt. Wenigstens besitzt er so viel Verstand, daß er keine geladene Waffe in diesem Schrank aufbewahrt. Für uns gibt es hier nichts mehr zu tun, Peabody.«
    »Sollten wir nicht die Dienstboten verhören, Emerson?«
    »Das ist zwecklos«, erwiderte Emerson. »Sie sagen lediglich das, was man ihnen aufgetragen hat oder was wir ihrer Ansicht nach hören wollen. Von Bork, wir sprechen uns morgen wieder.«
    Die zerknirschte Gestalt murmelte ein kaum hörbares »Ja, Herr Professor.« Emersons ernstes Gesicht entspannte unmerklich. »Begehen Sie keine Dummheit«, bemerkte er. Als wir aus dem Haus traten, beschlich mich das Gefühl, soeben ein Gefängnis verlassen zu haben – einen Kerker, der zwei Männer in Fesseln hielt, die schwieriger zu durchbrechen waren als Eisenketten. Geräuschvoll sog Emerson die klare Abendluft ein.
    »Laß den verfluchten Schirm geschlossen, Peabody, es hat aufgehört zu regnen. Merkwürdig, nicht wahr,

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