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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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falls man eine Witwe so nennen durfte. Die Gerüchteküche von Kairo brodelte; es hieß, dass ihr Gatte heldenhaft im Kampf gestorben war, als er sein Regiment in einem der grauenvollen August-Feldzüge anführte, welche die Schlachtfelder Frankreichs in ein Blutbad verwandelten. Als sie Ramses’ forschenden, schamlos neugierigen Blick bemerkte, verzogen sich ihre zartrot geschminkten Lippen zu einem unmerklichen Lächeln.
    Als wollten sie ihre Missbilligung Ramses gegenüber hervorheben, wandten sich die Pettigrews betont launig einer anderen Gruppe von Gästen zu. Alle drei trugen Uniform; zwei gehörten zu der ägyptischen Armee, der dritte war ein junger Beamter aus dem Finanzministerium und ein Mitglied der überstürzt gegründeten örtlichen Miliz, im Spott auch als Pharaos Fuß bezeichnet. Man traf sich täglich zu feierlichen Paraden auf dem Gelände des Clubs, bewaffnet mit Fliegenwedeln und Spazierstöcken, da es nicht genug Gewehre für alle gab. Die Situation schien viel versprechend. Ramses lehnte sich zurück und lauschte unverfroren.
    Nachdem die Pettigrews ausgiebig über seine Person und Herkunft diskutiert hatten, erhoben sie ihre Stimmen zu normaler Lautstärke – recht schrill, im Falle von Mrs Pettigrew. Sie redete über alles und jeden, einschließlich der persönlichen Verfehlungen der meisten Vertreter der ausländischen Gemeinschaft. Zwangsläufig drehte sich das Gespräch um den Krieg. Die jüngere Frau drückte ihre Besorgnis über die Möglichkeit eines türkischen Angriffs aus, woraufhin Mrs Pettigrew heftig widersprach.
    »Unsinn, meine Liebe! Nicht die Spur einer Chance! Jeder weiß doch, wie feige die Araber sind – außer natürlich, wenn sie von weißen Offizieren befehligt werden –«
    »Wie General von Kressenstein«, bemerkte Ramses in einer Lautstärke, die ihre schneidende Stimme übertönte. »Einer der besten deutschen Militärstrategen. Ist er nicht Berater der syrischen Armee?«
    Pettigrew schnaubte, und Hamilton warf ihm einen missbilligenden Blick zu, doch keiner sprach. Die Reaktion kam vom Nachbartisch. Simmons, der aggressive Finanzmensch, lief zornesrot an und konterte:
    »Nie im Leben werden sie eine Armee durch den Sinai bringen. Es ist eine Wüste, wissen Sie; da gibt es kein Wasser.«
    Sein süffisantes Grinsen verschwand, als Ramses bescheiden, aber entschieden einwandte: »Außer den alten römischen Brunnen und Zisternen. Im letzten Jahr waren die Regenfälle überaus heftig. Die Brunnen sind mehr als gefüllt. Glauben Sie wirklich, dass die Türken das nicht wissen?«
    »Wenn nicht, würden Leute wie Sie es ihnen vermitteln.« Simmons erhob sich und schob sein Kinn vor – oder was er dafür hielt. »Warum gestattet man gemeinen Verrätern den Zugang zu diesem Club –«
    »Ich habe lediglich versucht, hilfreiche Aufschlüsse zu geben«, protestierte Ramses. »Die Dame fragte nach den Türken.«
    Einer seiner Freunde packte das erzürnte Mitglied von Pharaos Fuß am Arm. »Man darf die Damen nicht mit Militärgesprächen langweilen, Simmons. Was halten Sie davon, wenn wir an die Bar gehen?«
    Simmons hatte bereits einige Gläser Brandy intus. Er funkelte Ramses an, als seine Freunde ihn fortzerrten; Ramses wartete noch ein paar Minuten, ehe er ihnen folgte. Er verbeugte sich höflich vor den vieren am Nebentisch und wurde von dreien demonstrativ ignoriert. Mrs Fortescues Reaktion war unmerklich, aber unmissverständlich – ein Aufblitzen ihrer dunklen Augen und ein angedeutetes Lächeln.
    Das Foyer war voller Menschen. Nachdem Ramses einen Whisky bestellt hatte, zog er sich in eine Ecke nahe einem Blumenkübel zurück und musterte seine Gegner. Simmons war leichte Beute, es war gemein, ihn zu brüskieren, aber er schien entsprechend aufgebracht; gestikulierend diskutierte er mit einer kleinen Gruppe, die aus seinen Freunden bestand und einem dritten Offizier, den Ramses nur zu gut kannte.
    Wann immer er seinem Cousin Percy begegnete, erinnerte er sich an eine Erzählung über einen Mann, der einen teuflischen Pakt eingegangen war, um sich seine jugendliche Attraktivität zu bewahren, trotz eines von Grausamkeit und Verbrechen geprägten Lebens. Stattdessen zeichneten sich diese Verfehlungen auf den Zügen des Porträts ab, das er in seiner Bibliothek versteckte, bis es die eines Ungeheuers annahm. Percy war in jeder Hinsicht Mittelmaß – von mittlerer Größe und Statur, Haar und Schnurrbart mittelbraun, Gesichtszüge ansprechend bis unauffällig.

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