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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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war der ägyptischen Armee beigetreten und in Kairo stationiert. Wenigstens blieb mir die Genugtuung, ihn zu schneiden, wann immer wir uns zufällig begegneten. Er kümmerte sich nicht um seine kleine Tochter, und wir brachten es nicht übers Herz, sie zu verstoßen. Also nahmen wir Sennia bei uns auf. Inzwischen war sie fünf Jahre alt und eine entzückende Zerstreuung, wie Ramses es umschrieb. In diesem Jahr hatten wir sie in England bei den jüngeren Emersons zurückgelassen, da Lia, traurig über die Abwesenheit ihres Gatten und ihrer Brüder, mehr Ablenkung brauchte als wir. Emerson vermisste sie sehr. Das einzig Positive an dieser Sache (ich versuchte weiterhin, die guten Seiten zu sehen) war, dass Nefrets absolut verzogener Kater Horus bei Sennia geblieben war. Ich darf ehrlicherweise behaupten, dass keiner von uns, außer vielleicht Nefret, Horus vermisst hätte.
    Noch ehe sie die Wahrheit über Sennias leiblichen Vater erfuhr, heiratete Nefret. Für mich kam das ziemlich überraschend; ich wusste, wie Geoffrey für sie empfand, hatte aber nicht vermutet, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Es war in jeder Hinsicht eine Katastrophe, denn innerhalb weniger Wochen verlor sie nicht nur ihren Gatten, sondern auch den winzigen Lebenskeim – ihr gemeinsames Kind.
    Ramses hatte ihre Entschuldigungen mit der üblichen Gleichmütigkeit hingenommen und zumindest nach außen hin verstanden sie sich wieder sehr gut; doch hin und wieder bemerkte ich gewisse Spannungen zwischen ihnen. Ich fragte mich, ob er ihr je völlig verziehen hatte, dass sie an ihm gezweifelt hatte. Mein Sohn war mir immer schon ein Rätsel gewesen, und obwohl seine Zuneigung zu der kleinen Sennia, die diese voll und ganz erwiderte, eine mir bislang unbekannte Seite seines Charakters offenbarte, hielt er seine Gefühle viel zu sehr unter Verschluss.
    Es war nicht das erste Mal, dass er und Nefret seit der Tragödie zusammen waren; wir sind eine liebevolle Familie und versuchen, unseren Urlaub, den Jahreswechsel und besondere Gelegenheiten gemeinsam zu verbringen. Die bislang letzte Gelegenheit war die Verlobung von Emersons Neffen Johnny mit Alice Curtin gewesen. Deshalb war Ramses aus Deutschland zurückgekehrt, wo er ägyptische Philologie bei Professor Erman studierte. Für Johnny empfand er eine besondere Zuneigung, trotz ihrer unterschiedlichen Temperamente: Ramses war ernst und zurückhaltend, Johnny immer zum Scherzen aufgelegt. Für gewöhnlich waren es ziemlich üble Scherze, doch Johnnys Gelächter war so ansteckend, dass man gar nicht anders konnte, als mit einzustimmen.
    Ob er wohl immer noch Witze machte, überlegte ich, in einem dreckigen Schützengraben in Frankreich? Er und sein Zwillingsbruder Willy waren zusammen; ein gewisser Trost vielleicht für die beiden Jungen, aber doppeltes Leid für ihre Eltern.
    Da ich das Geklapper von Absätzen vernahm, drehte ich mich um und bemerkte Nefret, die auf mich zukam. Sie war so schön wie immer, auch wenn sie in den letzten Jahren reifer geworden und nicht mehr das strahlende, sorglose Kind von einst war. Sie trug ihre aus Hose und Stiefeln bestehende Arbeitsgarderobe; ihre Bluse war am Hals geöffnet und ihr rotgoldenes Haar zu einem Nackenknoten festgesteckt.
    »Fatima sagte mir, dass du hier bist«, erklärte Nefret und nahm sich einen Stuhl. »Warum bist du nicht mit dem Professor und Ramses in Gizeh?«
    »Heute war mir nicht danach.«
    »Aber liebste Tante Amelia! Du hast dein ganzes Leben lang nur auf diese Pyramiden gewartet. Stimmt irgendetwas nicht?«
    »Es ist allein Emersons Schuld«, erwiderte ich. »Er hat ständig über diesen Krieg geredet und wie er unser Leben verändert; als ich ihn schließlich etwas aufheitern konnte, hatte ich das Gefühl, meinen gesamten Optimismus auf ihn projiziert zu haben, so dass für mich nichts mehr übrig blieb.«
    »Ich weiß, was du meinst. Aber du darfst nicht traurig sein. Es könnte schlimmer sein.«
    »Kritische Stimmen behaupten, dass es bereits schlimm genug ist«, murmelte ich. »Du siehst aus, als könntest du ebenfalls eine Dosis Optimismus vertragen. Ist dieser Fleck an deinem Hals etwa eingetrocknetes Blut?«
    »Wo?« Sie nestelte an ihrem Kragen.
    »Unter deinem Ohr. Warst du im Krankenhaus?«
    Seufzend lehnte sie sich zurück. »Dich kann man nicht täuschen, nicht wahr? Ich dachte, ich hätte mich gründlich gereinigt. Ja; nach dem Mittagessen war ich dort, als eine Frau mit schweren Blutungen eingeliefert wurde. Sie hatte

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