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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Messing der Blasinstrumente.
    Ich erhaschte einen Blick auf Nefret, die an Ramses’ anderer Seite stand. Sie öffnete ihre Lippen, war aber genau wie ich nicht schnell genug, um ihm das Wort abzuschneiden. Ramses beugte sich über das Geländer und fuhr mit derselben getragenen Stimme fort: »Militärparaden irritieren die Ratio, da sie die Emotionen direkt ansprechen. Plato hatte ganz Recht, in seinem Idealstaat gewisse Musikrichtungen zu unterbinden. Die lydische Methode –«
    Trommelwirbel und Blechbläser übertönten ihn, als die Kapelle »Herrsche, Britannia« anstimmte. Die loyalen Gäste stimmten mit mäßigem Erfolg ein; wie der werte Leser weiß, gestaltet es sich schwierig, mit den nacheinander erklingenden Arpeggien der Strophe mitzuhalten. Was den Sängern an Musikalität fehlte, glichen sie mit Enthusiasmus aus; die Gesichter glühten vor Patriotismus, Augen glänzten, und als zitternder Sopran und brummender Bariton in den Chor einstimmten: »Die Briten werden nie, nie, nie Sklaven sein!«, spürte ich, wie mein eigener Puls beschleunigte.
    Das Publikum war ein Querschnitt durch die angloägyptische Gesellschaft, die Damen in zarten Nachmittagskleidern mit riesigen Hüten, die Herren in Uniform oder im maßgeschneiderten Clubjackett. Unter uns warteten Zuschauer einer völlig anderen Optik darauf, dass die Straße geräumt wurde, so dass sie ihren Geschäften nachgehen konnten. Einige trugen Fes und europäische Kleidung, andere lange Gewänder und Turbane; doch ihr Gesichtsausdruck war ähnlich – bekümmert, verärgert, kritisch. Eine auffällige Ausnahme bot ein Individuum auf der gegenüberliegenden Straßenseite; sein attraktives Gesicht war tief gebräunt und er überragte die anderen Männer um einen halben Kopf. Er trug weder Fes noch Turban oder einen Hut. Ich winkte ihm zu, doch er unterhielt sich angeregt mit seinem männlichen Gegenüber und sah mich nicht.
    »Dort unten ist dein Vater«, erklärte ich Ramses. »Mit wem unterhält er sich da?«
    Die Kapelle war weitergezogen, so dass man sich auch ohne Brüllen Gehör verschaffen konnte. Ramses beugte sich vor, seinen Ellbogen auf die Brüstung gestützt. »Wo? Oh, das ist Philippides, der Chef des politischen Nachrichtendienstes.«
    Mit neu erwachtem Interesse musterte ich das feiste, grinsende Gesicht des Burschen. Ich kannte ihn nicht persönlich, hatte jedoch einige unangenehme Geschichten über ihn gehört. Harvey Pascha, sein Vorgesetzter, machte ihn für mehrere fremdenfeindliche Unruhen verantwortlich. Außerdem hieß es, dass er ein kleines Vermögen von Leuten ergaunert habe, denen er die Deportation angedroht hatte. Die schuldigen Parteien bezahlten ihn, damit er über ihre Verfehlungen hinwegsah, die unschuldigen, damit er sie in Frieden ließ. Er terrorisierte weite Teile Kairos und seine zänkische Ehefrau terrorisierte ihn. »Warum in aller Welt verschwendet dein Vater seine Zeit auf einen solchen Mann?«, wollte ich wissen. »Keine Ahnung«, erwiderte Ramses. »Es sei denn, er hofft, dass Philippides Einfluss auf Davids Schicksal nehmen wird. Sollen wir an unseren Tisch zurückkehren? Vermutlich wird Vater sich in Kürze zu uns gesellen.« Um ehrlich zu sein, war ich überrascht, dass Emerson sich überhaupt dazu herabgelassen hatte, uns zu begleiten. Er verabscheute den Nachmittagstee im Shepheard’s und behauptete, dass dort nur oberflächliche Gesellschaftsgrößen und langweilige Touristen verkehrten. Damit hatte er Recht. Zu meiner Entschuldigung muss ich allerdings erwähnen, dass meine Beweggründe für besagten Aufenthalt alles andere als oberflächlich waren. Nefret unauffällig nachzuspionieren erforderte Maßnahmen meinerseits, die sich verflucht schwierig gestalteten und kaum wiederzugeben sind. Ich konnte weder darauf bestehen, sie überallhin zu begleiten, noch Rechenschaft über ihre Schritte verlangen; und als ich ihr bei einer Gelegenheit zu folgen versuchte, getarnt mit einem von Fatima ausgeliehenen Gewand und Schleier, behinderte mich die unbequeme Kleidung in einem solchen Maße, dass Nefret die Haltestelle erreichte und in die Straßenbahn schlüpfte, während ich meine wallende Robe aus einem Gestrüpp befreien musste.
    Alternativ entschied ich, dass es am besten sei, ihren Terminkalender mit Aktivitäten zu füllen, die die gesamte Familie mit einbezogen. Die herannahende Weihnachtszeit und die damit verbundenen Festlichkeiten begünstigten mein Vorhaben und der heutige Ausflug gehörte

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