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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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an, mir zu folgen.
    Emerson brauchte eine Weile, um zu uns aufzuschließen, obschon ich annehme, dass die Stute, motiviert von Emersons Flehen und Fluchen, sich seit Jahren nicht mehr so rasch bewegt hatte. Wir ritten so schnell, wie das brave Tier es vermochte. Selbst im Eifer des Gefechts würde Emerson niemals ein Tier misshandeln, dennoch kochte er vor Wut, als wir Deir el-Bahari erreichten – er begann mit dem Aufstieg über den Klippenpfad, ohne auf uns zu warten.
    Ramses war nicht dort. Es ist noch nicht lange her, seit er uns verlassen hat, beschwichtigte ich mich. Trotzdem lief mir ein eisiger Schauer über den Rücken. Unsere Pläne waren bereits gescheitert. War noch irgendeine andere, unvorhergesehene Katastrophe eingetreten?
    Vage Vorahnungen sollten nicht zu Handlungen provozieren, ermahnte ich mich. Ramses würde alsbald zurückkehren, und er kannte den Pfad, dem wir folgten. Meine vorrangige Pflicht galt meinem impulsiven Gatten. Wir ließen die Pferde in der Obhut eines Burschen und rannten ihm nach.
    Ich musste von Zeit zu Zeit stehen bleiben, um Atem zu holen, denn es ging ständig bergauf und über Geröllmassen. Es war noch früh, doch die Schatten wurden bereits kürzer und die morgendliche Kühle ließ nach. Ich hatte mich auf einen langen, anstrengenden Marsch – besser gesagt eine Kletterpartie – eingestellt, letztlich sogar ohne Aussicht auf Erfolg, doch schon bald nachdem wir die Stelle passiert hatten, wo der Leichnam hinabgestürzt war, vernahm ich Stimmen und eine Geräuschkulisse, die auf irgendwelche Aktivitäten hindeutete.
    »Beeilt euch!«, schrie ich, denn eine der Stimmen war die Emersons gewesen, zu einem heftigen Fluch erhoben. Über loses Gestein kriechend, bahnten wir uns den Weg entlang eines Felsgrats und verharrten wie vom Donner gerührt.
    Es war kein Wunder, dass Kuentz Bedenken gehegt hatte, das Grabmal zu öffnen. Die Stätte befand sich nur wenige hundert Meter von dem viel besuchten Deir elBahari entfernt und in unmittelbarer Nähe des Pfades, der diesen Teil des Gebels kreuzte. Sie lag in einer leichten Senke; dort, wo Kuentz stand, seine Flinte auf Emerson gerichtet, war er von drei Seiten geschützt. Hinter ihm arbeiteten ein halbes Dutzend Männer, die hektisch einen Steinhaufen abtrugen. Wir hatten sein Potenzial empfindlich unterschätzt. Und wir hatten uns in der Lage des Grabes getäuscht. Es befand sich nicht hoch auf der Klippe, sondern an deren Fuß, wie das königliche Versteck.
    Ich war zu kurzatmig, um mich artikulieren zu können, also redete Emerson als Erster. »Reite zurück, Peabody.«
    »Tut mir Leid, das kann ich nicht dulden«, sagte Kuentz jovial. »Kommen Sie, Mrs Emerson, und treten Sie neben Ihren Gatten. Daoud und Selim ebenfalls.«
    Daoud spähte erwartungsvoll zu mir. Ich fasste seinen Arm. »Wir müssen tun, was er sagt, Daoud. Er würde Emerson als Erstes töten.«
    »Ah.« Daoud nickte bekümmert. »Das ist wahr. Du wirst einen Plan entwerfen, Sitt, und uns sagen, was zu tun ist.«
    Ich hoffte inständig, dass mir das gelingen würde. Augenblicklich fiel mir nichts ein.
    »Sie können es sich genauso gut bequem machen«, bemerkte Kuentz, als wir uns zu Emerson gesellten. »Das hier wird eine Weile dauern. Setzen Sie sich doch.«
    Sitzend stellten wir ein weitaus geringeres Risiko dar. Ich fürchtete schon, Emerson einen Vortrag halten zu müssen, dass es ratsam sei, den Anweisungen eines Bewaffneten zu folgen. Aber er war über seinen anfänglichen Zorn hinweg und beobachtete Kuentz stattdessen mit eiskaltem Kalkül.
    Ich hielt es mit Shakespeare, dass ein armer und hungrig wirkender Schurke nicht gefährlicher ist als einer, der zu viel lacht. Kuentz’ breites Grinsen und seine gelassene Haltung weckten die schlimmsten Ahnungen. Das braune Haar, das seine Hände und Unterarme bedeckte und auch unter seinem Hemdkragen hervorschimmerte, gab ihm das Aussehen eines frühzeitlichen Höhlenbewohners.
    »Sie glauben doch nicht, dass Ihnen dieses Vorhaben gelingt, Mr Kuentz«, bemerkte ich. »Verstärkung ist auf dem Weg hierher. Ihr Gegner lebt, und die drei Männer, die ihn auf Ihre Anweisung hin umbringen sollten, sind selber tot oder Gefangene.«
    Er war beileibe nicht so gefasst, wie er vorgab. Sein Grinsen verwandelte sich in eine unkleidsame Grimasse, der Lauf der Flinte schnellte zu mir. Dann zuckte er die Schultern. »Vermutlich lügen Sie. Und wenn nicht, so hat es auch keine Auswirkungen. Ihre Verstärkung, sofern Sie denn

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