Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden
Stimme und fuhr fort: »Versuchen Sie, etwas erfreuter zu wirken; Sie müssen doch gewusst haben, dass wir uns früher oder später über den Weg laufen würden. Ich bin genauso wenig erpicht auf Ihre Gesellschaft wie vice versa, also lassen Sie uns auf den Punkt kommen. Warum hat Ihr Büro uns nicht informiert, dass einer von Wardanis Stellvertretern entkommen ist?«
»Ich war mir nicht bewusst …«
»Kommen Sie, tischen Sie mir keine Ammenmärchen auf. Wenn Sie es nicht gewusst haben, sind Sie noch inkompetenter, als ich dachte. Sind noch andere auf der Flucht?«
Er ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wie haben Sie von Asad erfahren? Und wenn, warum haben Sie nicht die Polizei oder das Militär benachrichtigt?«
»Gut gemacht«, bemerkte ich anerkennend. »Es ist mir ein Vergnügen, mich mit einem Gegner von Ihrem Format auseinander zu setzen, indes können Sie mich nicht in die Defensive drängen. Ich habe zuerst gefragt.«
»Sie antworten ihr besser«, warnte Lord Edward. »Der Professor ist auf dem Weg hierher, und Sie wollen doch sicher nicht, dass er die Fragen stellt.«
Bracegirdle-Boisdragons Züge verhärteten sich. »Tatsache ist, dass wir uns nicht mehr um diesen Haufen gescheiterter Revolutionäre scheren. Sie können keinen Schaden mehr anrichten.«
»Soll das heißen, dass Sie den Rest der Bande ebenfalls laufen ließen?« Vermutlich lag es an meinem Ton und nicht an meiner Aussage, dass er rot anlief vor Zorn. So wirkte er wesentlich menschlicher, und wie ich es mir erhofft hatte, sorgte die zunehmende Verärgerung für eine prompte Antwort.
»Nein, Madam, das haben wir nicht! Seit Asads Verschwinden stehen sie unter noch stärkerer Bewachung. Es tut mir aufrichtig Leid, wenn unser Fauxpas, Sie nicht zu informieren, zu Problemen Ihrerseits geführt hat.« Ich wertete das als plumpen Versuch, mir Informationen zu entlocken; nachdem ich das Pro und Kontra erwogen hatte, entschied ich mich zur Aufrichtigkeit. »So könnte man es nennen. Glücklicherweise wurde Ramses nicht ernsthaft verletzt.«
Wenn ich den Burschen nicht als einen unverbesserlichen Heuchler gekannt hätte, hätte ich seine Verblüffung für echt gehalten. »Verletzt? Von Asad? Wann ist das passiert?«
»Es war nichts Ernstes. Also, Mr – ach, lassen wir das – wir sollten keine Zeit verschwenden; ich habe noch eine Frage und möchte eine direkte, ehrliche Antwort. Ich rechne jeden Augenblick mit Emerson. Sind Sie oder irgendeiner Ihrer Männer erneut an Ramses herangetreten in dieser Sache, die wir bei Lord Salisbury erörtert haben?« Er zögerte – erwog das Für und Wider, genau wie ich – , aber nicht lange. »Ich verstehe, warum Sie einen solchen Verdacht hegen könnten, Mrs Emerson. Ich darf Ihnen versichern, dass Asads Anschlag auf Ihren Sohn mit dem Groll auf seine früheren Aktivitäten zu begründen ist. Soweit ich weiß, gibt es keinen aktuellen Fall …« Lord Edward machte sich der Unhöflichkeit der Unterbrechung schuldig. »Habe ich es nicht gesagt! Ist das nicht …«
Er war es. An der Geräuschkulisse, mit der Emerson das Automobil zum Stehen bringt, besteht kein Zweifel, vor allem, wenn er in Eile oder wütend ist. In diesem Fall war er beides, was er auch unverzüglich demonstrierte. Die Tür krachte gegen die Wand, und da stand er, wie Herkules oder ein anderer antiker Sagenheld, die Fäuste geballt, die Augen zornesfunkelnd. Er musste meine Mitteilung gleich nach seiner Rückkehr von der Exkavation gefunden haben, denn er trug noch seine staubige, verschwitzte Arbeitskleidung und er hatte wie üblich seinen Hut verloren. Die anderen Herren waren in Uniform oder Clubjackett erschienen, gleichwohl überging Emerson geflissentlich seine unpassende Garderobe und ich in besagtem Augenblick auch. Er übertraf alle Männer im Raum.
Emerson strebte geradewegs zu mir und schob die Leute beiseite, die ihm nicht rasch genug Platz machten. Als er mich schließlich erreicht hatte, war ich allein. Lord Edward hatte sich nicht einmal entschuldigt und Mr Smith war schlicht und einfach von der Bildfläche verschwunden. Ich nahm nicht an, dass Emerson mich vor aller Öffentlichkeit maßregeln würde; um indes auf der sicheren Seite zu sein, sprach ich zuerst. »Guten Abend, mein Schatz. Willst du dich auf einen Whisky Soda zu mir gesellen?«
»Nicht in diesem Rattenloch«, knurrte Emerson. Er unterzog sich nicht der Mühe, seine Stimme zu senken. »Komm
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