Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden
folgten sie meinen Anweisungen. Sobald die Eskorte außer Hörweite war, wandte ich mich an Russell. »Verschiedene Punkte müssen noch geklärt werden. Wir werden sie hier und jetzt erörtern. Verzeihen Sie, dass ich Sie nicht zu uns ins Haus einlade, aber ich ziehe es vor, so wenig wie möglich mit Ihnen zu tun zu haben. Es ist nichts Persönliches, verstehen Sie.«
Ich schilderte ihm Ramses’ Begegnung mit Asad und unsere vergeblichen Bemühungen, ihn aufzuspüren. Russell und Emerson versuchten ständig, meine methodischen Ausführungen zu unterbrechen, indes war ich nicht in der Stimmung für männliche Unlogik. Ich war hungrig und die Abendessenszeit längst vorüber. Bestimmt hatte Mahmud die Suppe anbrennen lassen.
»Sie sehen also«, schloss ich, »dass Asad über Informationen verfügt haben muss, die gefährlich für eine uns unbekannte Gruppe waren – vermutlich dieselbe Gruppe, die ihm von Ramses’ Maskerade berichtet hatte. Für mich steht fest, dass es Asad ist. Wenn Sie noch zweifeln, haben Sie sicherlich seinen polizeilichen Steckbrief, anhand dessen sich die Sache klären lässt. Selbstverständlich werden Sie uns über Ihre fortschreitenden Ermittlungen auf dem Laufenden halten. Und«, fügte ich hinzu, denn ich vermochte einem Anflug von Sarkasmus nicht zu widerstehen, »wenn Sie von weiteren geflohenen Spionen oder Terroristen erfahren, wäre es ganz reizend von Ihnen, wenn Sie uns informierten, bevor es einem davon gelingt, Ramses ins Jenseits zu befördern. Guten Abend, Mr Russell. Komm, Emerson.«
»Einen Augenblick, Mrs Emerson. Bitte.«
»Fassen Sie sich kurz, Mr Russell. Für die Suppe ist es vermutlich zu spät, aber ich habe noch Hoffnung für das Roastbeef.«
»Ich …« Er schüttelte heftig den Kopf, wie ein Hund nach einem Sturz in einen Teich. »Ich habe vergessen, was … Ach ja. Stimmt es, dass Ramses Kairo verlassen hat?«
»Er ist in Luxor und wird dort mehrere Wochen bleiben. Ich bin froh, dass Sie mich daran erinnern, Mr Russell«, fuhr ich fort. »Ich wollte Sie noch darauf hinweisen, dass diese Geschichte absolut vertraulich behandelt wird. Es darf nichts in den Zeitungen erscheinen.«
»Ich kann die Presse nicht kontrollieren, Mrs Emerson!«
»Doch, das können Sie. Ihre Leute tun es doch ständig. Ich habe kein Interesse daran, von Journalisten umlagert zu werden, und ich möchte nicht, dass Ramses von Asads Tod erfährt. Er könnte sich verpflichtet fühlen, zum Gegenschlag auszuholen.«
»Verstehe.« Russell zupfte an seinem Ohr. »Ich werde mein Bestes tun. Da der Bursche Ägypter war, zeigt die Presse vielleicht kein sonderliches Interesse.«
Ein Grollen entwich Emersons Kehle, gefolgt von einer ungeheuerlichen Bemerkung. Ungeheuerlich, aber wahr.
Ich wandte mich ab, als Russell erneut sprach.
»Nach ihrer Verhaftung wurden die Mitglieder von Wardanis Organisation dem Militär überstellt. Ich hatte keine Kenntnis von der Flucht dieses Mannes.«
»Wirklich nicht? Wie seltsam.«
»Ich vertraue darauf, dass Sie mein Wort nicht in Zweifel ziehen, Mrs Emerson.«
»Nein«, sagte Emerson, ehe ich reagieren konnte. »Es ist typisch für diese Mistkerle, dass sie keinem außerhalb ihres kleinen Zirkels vertrauen. Ich frage mich, wer zum Teufel dafür verantwortlich war, dass die Information unter Verschluss gehalten wurde.«
»Keine Ahnung«, erwiderte Russell knapp. »Ich wünschte, ich wüsste es. Wenn Sie die Güte besessen hätten, zu Protokoll zu geben, was eindeutig Sache der Polizei war, wäre ich in der Lage gewesen, Fragen zu stellen. Sie und Ihre gesamte Familie haben eine entsetzliche Langmut mit den Leuten, die Sie zu töten suchen!«
»Wir wollten nicht, dass die Polizei uns in die Quere kam«, erklärte ich.
»Ich wusste, dass Sie das anbringen würden. Darf ich darauf hinweisen, dass eine Zusammenarbeit zu unserem beiderseitigen Nutzen sein könnte? Ich werde sämtliche von mir in Erfahrung gebrachten Informationen an Sie weiterleiten und vice versa. Wir stehen auf derselben Seite, vergessen Sie das nicht.«
»Gegen das verdammte Kriegsministerium«, schmunzelte Emerson.
»Zumindest haben wir dasselbe Ziel«, erwiderte Russell, taktvoll eine direkte Antwort umgehend. »Die Sicherheit Ihres Sohnes. Ich halte viel von ihm, und das wissen Sie.«
Das Roastbeef war ziemlich trocken, wir indes zu hungrig, um Kritik zu üben. Während des Abendessens sprachen wir nicht über den Fall, trotz einiger gezielter Fragen von Fatima, die servierte, und
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