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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Dunkelheit.
    »Und ob es eine Falle sein kann«, knirschte ich.
    »Hmmm«, murmelte Emerson. »Bassam, noch mehr Kaffee, ein bisschen dalli, wenn’s geht!«
    Nefret schwieg. Ihre großen Augen waren auf Emersons Gesicht geheftet. Lächelnd tätschelte er ihre Hand.
    »Du hättest ihn nicht zurückhalten können, mein Kind. Du hast es auch gar nicht gewollt – nicht wenn David Gefahr droht.«
    »Ich kann nicht eine ganze Stunde lang hier herumsitzen«, sagte Nefret angespannt.
    »Das brauchst du auch nicht. Wir werden Ramses und einem möglichen Spitzel einen kleinen Vorsprung lassen. Zehn Minuten, dann nehmen wir die Verfolgung auf.«
    Eigentlich hatte die Sache ganz plausibel geklungen. Rashad hatte zwar keine Straßennamen genannt, aber solche Annehmlichkeiten bietet Kairo auch nur in den modernen europäischen Vierteln. Trotzdem war die Beschreibung detailliert gewesen und Emerson davon überzeugt, dass wir den fraglichen Treffpunkt gefunden hätten. Niemand war dort, einmal abgesehen von einigen ärmlich lebenden Großfamilien, die weder Rashad noch Ramses gesehen hatten. Eingeschüchtert von Emersons ohrenbetäubendem Stimmorgan und dem Furcht einflößenden Schirm, beschworen sie ihre Unwissenheit in den höchsten Tönen; dennoch durchsuchten wir jenen unsäglichen Ort von oben bis unten. Von Ramses fehlte jede Spur.
3. Kapitel
Aus Manuskript H
    Halb benommen fragte er sich, wo er wohl sein mochte. Der von Hängelampen schwach erhellte Raum war klein und kostbar möbliert, die Wände mit Stoff bespannt. Von einer glühenden Kohlenpfanne auf einem Gestell neben ihm stiegen fahle, seltsam riechende Rauchwolken auf. Er lag auf einer weichen Oberfläche, und erst als er sich bewegte, stellte er fest, dass seine Hände und Füße gefesselt waren. Vorsichtig spannte er seine Handgelenke an; die Fesseln waren weich wie Seide und hielten, ohne zu verletzen.
    Wie rücksichtsvoll von ihnen, dachte er schläfrig. Wer sie auch sein mögen. Er fragte sich, was sie wollten. Er fühlte sich recht wohl, trotzdem hoffte er, dass sie bald kommen und es ihm sagen würden. Nefret würde sich Sorgen machen …
    Er sah das Gesicht seiner Frau vor sich, so deutlich, als würde sie vor ihm stehen. Allmählich lichtete sich das Dunkel, und er besann sich wieder. Bassam, der Bettler, die Nachricht … Wie viel Zeit mochte vergangen sein – eine Stunde, ein Tag? Nefret wusste nicht, wo er war. Sie machte sich immer solche Sorgen … Gegen die angenehme körperliche Lethargie ankämpfend, kreisten seine Gedanken weiterhin um sie; er drehte den Kopf von der rauchenden Kohlenpfanne weg und bemühte sich, die Handfesseln zu lockern. Ein stechender Schmerz wogte von seinem Handgelenk bis hinauf in seinen Oberarm.
    »Wehr dich nicht. Du wirst dich nur selbst verletzen.«
    Es war ein Flüstern, kaum hörbar, doch in der Stille klang es wie ein Schrei. Ramses drehte den Kopf zu dem Geräusch.
    Wie sie den Raum betreten hatte, war ihm ein Rätsel. Wenn es eine Tür gab, hatte sie sich hinter ihr geschlossen. Licht umflutete sie, sodass ihre Haut durch das dünne Leinengewand schimmerte. Obwohl die Droge seinen Verstand lähmte, gewahrte er, dass es der Körper einer jungen Frau war, schlank und straff. Ihr Gesicht war verschleiert, auf ihrem Kopf thronten die Hörner und die Sonnenscheibe einer ägyptischen Göttin.
    »Wer bist du?« Seine Lippen waren staubtrocken.
    »Erkennst du mich denn nicht? Du hast mich schon viele Male gesehen, wenn auch nicht leibhaftig.«
    Wieder dieses Flüstern. Sie sprach Englisch, indes mit einem merkwürdigen Akzent. Nicht Deutsch, nicht Französisch, nicht … Es fiel ihm zunehmend schwer, sich zu konzentrieren. Wie viel war real, wie viel Illusion? Der durchschimmernde Leinenstoff umschmeichelte die Silhouette ihres Körpers, die gerundeten Hüften und Brüste. »Lösch diese unsägliche Kohlenpfanne aus«, stöhnte er.
    Leise kichernd klatschte sie in die Hände. Ein schemenhaftes Etwas erhob sich hinter dem Diwan, auf dem er lag. Körperlos und androgyn wie sie entfernte es die Kohlenpfanne und verschwand. Er nahm einen tiefen, kurzen Atemzug und versuchte sich zu konzentrieren. Sie trat einen Schritt auf ihn zu.
    »Sieh mich genau an. Erkennst du mich jetzt?«
    Sie war mit Juwelen geschmückt wie eine Königin, Gold schimmerte an ihren schlanken Handgelenken und Armen. Das hauchzarte Leinengewand mit perlenbesetztem Saum und Kragen, die Krone auf den langen, schwarzgelockten Haaren, die Tierohren. Kuhohren.

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