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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hätten ihm bestimmt eins über den Schädel gegeben und auch gleich den Koffer gestohlen. Wie war denn seine Unterkunft?«
    Ramses spähte zu mir. »Ganz in Ordnung. Dort hätte man ihn sicher nicht bestohlen. Er hat nämlich damit angegeben, dass der Vater der Flüche ein Freund von ihm ist.«
    »Und das wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten«, seufzte ich. »Je eher wir den Burschen loswerden, umso besser. Ich frage mich bloß, wer schon alles von unserem interessanten Schützling erfahren hat!«
Aus Manuskript H
    Das fragte Ramses sich insgeheim auch. Ihr sorgsam ausgefeiltes Konstrukt bekam allmählich Risse, da Merasen sich wie die Axt im Walde benahm. Gegen den heftigen Widerstand des jungen Mannes hatte er dessen Koffer durchsucht und einige Dinge gefunden, die sich Merasen angeblich von den Sklavenhändlern zurückgeholt hatte, darunter auch die Schwertscheide. Diese war noch eindrucksvoller als die Waffe selbst, mit Einlegearbeiten aus Gold und edlen Hölzern. Zweifellos hatte der Pensionswirt das Gepäck des Jungen ebenfalls inspiziert und Ramses dachte mit Grausen daran, wer inzwischen alles informiert war. Es überraschte ihn keineswegs, dass Merasen damit protzte, den berühmt-berüchtigten Vater der Flüche zum Bekannten zu haben, wenn Emerson auch ausdrücklich betont hatte, er billige dies nur im Ernstfall. In erster Linie hatten sie vermeiden wollen, mit einem mysteriösen Jugendlichen aus einer bisher unbekannten Region in Verbindung gebracht zu werden. Der Ernstfall war zwar nicht eingetreten, dieser Merasen für ihn jedoch die personifizierte Katastrophe.
    Fakt war, dass der Junge ihn nervte, nicht nur, weil er die ständigen Kämpfchen satt hatte. Er wusste um den eigentlichen Grund für seine Antipathie: Nefret. Sie und Merasen verbrachten viel Zeit allein miteinander, unterhielten sich in der Sprache, die sie zunehmend fließender beherrschte. Der junge Emerson blieb außen vor. Von Anfang an hatte Merasen bei ihr ein Verhalten gezeigt, dass Ramses die Zähne zusammenbeißen musste, obwohl er es schwerlich hätte definieren können. Respektvoll, bisweilen charmant, schwankte es zwischen Freundlichkeit und Vertraulichkeit … Wieso war er eigentlich auf jeden Mann eifersüchtig, mit dem Nefret sich unterhielt?, zerbrach Ramses sich den Kopf.
    Tags darauf brachten Emerson und er Merasen (samt Koffer) zum Bahnhof und setzten ihn mit Fahrkarte in den Zug nach Assuan. Der Professor ließ sich nicht für dumm verkaufen; dass Merasen bestohlen worden war, bezweifelte auch er.
    »Ihr habt genug Geld dabei, um bequem nach Wadi Halfa zu kommen, Prinz«, sagte er streng. »Geht zu dem Haus meines Freundes Scheich Nur ed Din und wartet dort auf uns. Wenn Ihr mich wieder enttäuscht –«
    »Ich werde Euch gewiss nicht enttäuschen, Vater der Flüche, das schwöre ich!«, grinste Merasen selbstsicher. Er trug europäische Kleidung, dazu einen Tarbusch und sah aus wie ein junger Angestellter oder ein kleiner Beamter – wenn man nicht genauer hinschaute. Er tippte auf seinen flachen Bauch. »Ich habe den Geldgürtel. Wenn sie mir den rauben wollen, dann nur über meine Leiche!«
    »Schön, schön«, meinte Emerson. »Mas salameh. Gute Reise.«
    Merasen drehte sich zu Ramses und hielt ihm die Hand hin. »So ist es doch Sitte in England, oder? Eine Geste des guten Willens. Um zu zeigen, dass man keinen … wie lautet es noch gleich?«
    »Groll hegt.« Ramses schüttelte ihm die Hand. Etwas anderes wäre unhöflich gewesen. »Gute Reise, Merasen.«
    Schweigend verharrten sie auf dem Bahnsteig, bis der Zug abfuhr. »Gleich Teezeit«, bemerkte Emerson nach einem Blick auf die Uhr. »Lass uns gehen, ja?«
    »Geh schon mal ohne mich, Vater. Ich hab noch was vor.«
    »Ah«, versetzte Emerson. Seine dichten Brauen zogen sich zusammen. »Hoffentlich nicht wieder irgendeine Dummheit.«
    »Aber nein, Sir. Ich bin rechtzeitig zum Abendessen zurück.«
    Sein »Vorhaben« führte ihn in den Gezira Sporting Club. Sein Vater weigerte sich, auch nur einen Fuß auf das Gelände zu setzen, da es sich um eine durchweg britische Einrichtung mitten in Kairo handelte, mit Golf- und Tennisplätzen und wunderschön gestalteten Parkanlagen. Ramses’ Mitgliedschaft im Gezira und in dem noch exklusiveren Turf Club beruhte auf rein praktischen Erwägungen; die englische Gemeinschaft, insbesondere die männliche, besuchte beide, so dass man dort auch die Gerüchte aufschnappte, die seine Mutter auf ihren Damenkränzchen bestimmt nicht

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