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Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone

Titel: Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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verantwortlich für seine Gehilfen, deshalb war er auch schon bei Sonnenaufgang in den Park gekommen. Als er rauchend über die Wege spazierte, die Einsamkeit genoß sowie die morgendlichen Düfte (und so weiter, und so fort) und die Stellen inspizierte, die der Pflege bedurften, hatte er ein häßliches Loch in den rosafarbenen Ranken bemerkt. Er hatte zunächst auf ein totes Tier oder einen Vogel getippt. Bei näherer Betrachtung war es jedoch ein beschuhter Fuß gewesen.
    »Ich hab die Ranken beiseite geschoben, Sitt, und dann sah ich sie. Meine Beine gaben unter mir nach, und ich schrie vor Schreck. Dann bin ich weggelaufen – um Hilfe zu holen. Die Polizei hat meine prachtvollen Ranken weggerissen«, setzte er hinzu. Er schien ehrlich betroffen.
    »Dann war die Pflanze also bis zum Eintreffen der Polizei intakt? Du hast nicht nachgesehen, ob sie tot war?«
    Ein leises Zucken um die Mundwinkel strafte seine Antwort Lügen. »Ich durfte die Dame doch nicht anrühren, Sitt.«
    »Nein.« Ich nickte. »Beschreib mir genau, was du gesehen hast – ihr Gesicht, die Kleidung, einfach alles, woran du dich erinnerst.«
    »Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen. Es war zu dunkel unter den Büschen. Sie trug ein Kleid von der Farbe« – er deutete auf den leuchtendroten Schal um meinen Hals – »und Schuhe wie die feinen englischen Damen, mit hohen Absätzen und glitzernden Schnallen.«
    »Abendgarderobe«, sagte ich zu Sethos. »Und nicht ihr obligatorisches Schwarz. Interessant.«
    »Er hat lediglich einen Fuß bemerkt«, meinte Sethos gedehnt. (Sein Arabisch ist im übrigen genauso hervorragend wie meins.) »Dann muß sie gekrochen sein –«
    »Oder sie wurde gestoßen.«
    »Oder sie wurde unter dieses wuchernde Rankengewächs geschoben, ganz vorsichtig, um die Pflanze nicht unnötig zu ramponieren. Womöglich um die Entdeckung der Leiche hinauszuzögern?«
    »Es hätte sich sowieso nicht lange vertuschen lassen«, erwiderte ich und wurde mir jählings einer unangenehmen, aber definitiven Tatsache gewärtig. »Und ihr Begräbnis läßt sich auch nicht lange hinausschieben, nicht in diesem Klima. Ich muß unbedingt mit den Pethericks sprechen. Aber zuerst …«
    Ich fragte den Gärtner, ob er verdächtige Spuren im Park bemerkt habe. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich war so entsetzt, Sitt, und ich hatte Angst vor dem Dämon.«
    »Sie wurde nicht von einem Dämon getötet«, antwortete ich. »Komm mal mit.«
    Wir schlenderten über die lauschigen Spazierwege und sahen uns dabei aufmerksam um. Einige Polizeibeamte machten sich halbherzig an die Spurensicherung, was meiner Meinung nach nicht besonders professionell wirkte. Sethos war es schließlich, der im gleißenden Sonnenlicht einige verstreute Kristallperlen aufblitzen sah. Ich war mir fast sicher, daß sie von Mrs. Pethericks Abendkleid stammten.
    »Hier wurde sie umgebracht«, bemerkte ich, während ich die Perlen einsammelte. »Diese Stelle ist eine der einsamsten im Park, so weit entfernt vom Hotel, daß man ihre Schreie gar nicht gehört hätte.«
    Sethos blickte skeptisch drein. »Du bist vielleicht naiv, Amelia. Jede Frau kann ohne weiteres die eine oder andere Applikation von ihrem Kleid einbüßen, wenn sie – wie soll ich es umschreiben –, wenn sie sich an einem verschwiegenen Ort zu einer stürmischen und keineswegs tödlichen Umarmung hinreißen läßt.«
    »Danke, daß du es so taktvoll umschreibst. Das ist durchaus eine Möglichkeit und kommt sicher häufiger vor.«
    »Worauf du dich verlassen kannst.« Aus Sethos’ Stimme sprach persönliche Erfahrung.
    »Trotzdem halte ich meine Theorie für wahrscheinlicher«, fuhr ich fort. »Und sie läßt sich spielend leicht belegen, sobald ich die Perlen mit denen an ihrem Kleid vergleiche.«
    Der Gärtner wußte nicht, ob die Perlen von Mrs. Pethericks Kleid stammten. Als ich ihm hartnäckig zusetzte, räumte er immerhin ein, daß der Boden wohl notdürftig geglättet worden sei, und zwar nicht mit einem Gärtnerrechen, sondern von Hand. Ich wickelte die Perlen in ein Taschentuch und stopfte sie in meine Jackentasche.
    Dem Gärtner gab ich ein großzügig bemessenes Bakschisch. »Ich kann dir eine Salbe für dein Knie besorgen«, sagte ich freundlich. »Hast du diese Beschwerden schon länger?«
    »Nein, Sitt Hakim, erst seit gestern. Ein Esel hat mich getreten.«
    Im Hotel benachrichtigte man mich, daß Miss Petherick mich erwartete. Sie und ihr Bruder hatten Zimmer im zweiten Stock, gegenüber der Suite ihrer

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