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Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone

Titel: Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ein anonymer Brief, der dich zu einem heimlichen mitternächtlichen Rendezvous einlädt. Du willst doch nicht etwa hingehen, oder?«
    »Er schreibt …« Ramses nahm den Brief wieder an sich. » Wie ist die Dame gestorben? Ich weiß es. Komm allein. Ich werde es dir sagen. Sein Arabisch ist nicht besonders gut, nicht?«
    »Klingt jedenfalls so, als wäre es nicht seine Muttersprache.«
    »Oder er ist nicht sonderlich gebildet. Vielleicht einer der Sufragis im Hotel. Die haben verständlicherweise Angst vor der Polizei.«
    »Du wirst hingehen«, seufzte David resigniert.
    »Vielleicht weiß der Bursche tatsächlich was«, argumentierte Ramses. »Immerhin ist es den Versuch wert.«
    »Gut, dann komme ich mit.«
    »Ich wußte doch, daß ich mich auf dich verlassen kann. Allein wäre ich nicht hingegangen, und du bist der einzige, der mir Deckung geben kann. Nefret würde sich höllisch aufregen, Vater würde mir das Fell über die Ohren ziehen und Mutter –«
    »Würde dir mit dem Schirm eins überbraten. Hab schon verstanden. Was ist mit Sethos?«
    Ramses schwieg. »Du traust ihm nicht?« meinte David.
    »Nein. Doch. Verdammt noch mal, ich weiß es nicht. Er tauchte wieder einmal so plötzlich und unverhofft auf, nachdem wir eines der wertvollsten Artefakte in die Finger bekommen hatten, das er je gesehen hat.«
    »Wenn du ehrlich bist, magst du ihn nicht«, grinste David.
    »Nein. Doch.«
    »Mir geht es ähnlich.« David lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über der Brust. »Klar begleite ich dich. Wie in alten Zeiten.«
    Eine Stunde vor der festgesetzten Zeit trafen sie sich hinter den Stallungen. Als Treffpunkt waren die Klippen südlich von Deir el-Bahari genannt, ein kurzer Spaziergang, aber immerhin mußten sie für David ein Versteck finden, bevor der Informant eintraf – falls er überhaupt kam. Sie trugen beide dunkle Umhänge und Turbane, und Ramses fand seinen Freund ziemlich übermütig.
    »Mach bloß keine Dummheiten«, redete er ihm ins Gewissen.
    »Soll heißen, wenn jemand mit dem Messer auf dich losgeht, kann ich tatenlos zusehen?«
    »Unwahrscheinlich, daß so etwas passiert.«
    Er hoffte es jedenfalls inständig. Nefret hatte er erklärt, daß er länger arbeiten müßte. Sie würde ihn lynchen, falls sie ihm wider Erwarten auf die Schliche kam.
    »Hast du eine Waffe dabei?« fragte er.
    »Zwei.« David schlenkerte ausgelassen mit den Armen, als hätte er einen kleinen Schwips. Vermutlich lag es an der Aufregung.
    Zügig marschierten sie über den felsigen Pfad, der ihnen so vertraut war wie die Flure in ihrem Haus. Hell schimmerte das Mondlicht auf die beiden einsamen Wanderer herab. Die Dorfbewohner gingen früh zu Bett, zumal Lampenöl teuer war, und potentielle Grabräuber schienen entweder zu pausieren oder anderswo aktiv zu sein.
    Als sie die geröllbedeckte, steil abfallende Böschung am Fuß des Gebels erreichten, sagte Ramses leise: »Hier muß es irgendwo sein.«
    Der Informant hatte den Treffpunkt nur vage umschrieben, vielleicht, weil sein arabisches Vokabular begrenzt war. Ramses beabsichtigte, in sicherem Abstand zu den steil abfallenden Klippen auf den Mann zu warten, der ihn in der mondhellen Nacht bestimmt erkennen würde. David war das Scherzen vergangen, mit ernster Miene nickte er schweigend und glitt geräuschlos ins Dunkel.
    Weit und breit war niemand zu sehen. Kein Geräusch, keine Bewegung. Ramses ging ein Stück des Weges zurück, wartete eine Zeitlang und schlenderte dann langsam auf und ab. Noch zehn Minuten bis zum festgesetzten Zeitpunkt. In der Nähe von Davids Versteck blieb er stehen und nahm den Turban ab.
    Die zehn Minuten verstrichen, genau wie weitere zehn. Er trat etwas näher an den steilen Felsvorsprung, ins volle Mondlicht. Als er schon überzeugt war, daß sein Informant nicht mehr käme, hörte er Schritte, behutsam, schleppend. Durch die Totenstille drang es jedoch wie eine anrollende Lawine.
    Die Schritte verharrten. Er mußte jetzt ganz nah sein und ihn beobachten.
    Ramses rührte sich nicht. Die Minuten zogen sich quälend langsam dahin; schließlich löste sich eine dunkle Silhouette aus der Finsternis und trat auf ihn zu.
    Es war eine Frau, von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt und verschleiert wie die Ägypterinnen. Sie schien vom Alter gezeichnet, ging sie doch gebeugt und behäbig.
    Die Gestalt blieb außer Reichweite von ihm stehen und neigte kaum merklich das verschleierte Haupt.
    »Hab keine Angst«, flüsterte Ramses auf arabisch.

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