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Amelia Peabody 18: Das Königsgrab

Titel: Amelia Peabody 18: Das Königsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sie ihre Reittiere in dem Eselpark am Eingang zurückgelassen hatten, passierten sie die Schranke in das archäologische Ausgrabungsgebiet. Das Tal der Könige war nicht etwa eine einzelne Schlucht, sondern ein Gewirr aus Tälern und Wadis, die von einem Hauptweg abzweigten. Zu beiden Seiten von steilen Klippen und ausgewaschenen Felsen eingefriedet, war es eine ausgedörrte Steinwüste, die einstmals unvorstellbare Schätze barg. Links und rechts des Weges gähnten die rechteckigen Öffnungen der Pharaonengräber längst vergangener Dynastien, dunkel und trist, ihrer kostbaren Beigaben beraubt, welche die verstorbenen Herrscher mit dem Luxus ausstaffieren sollten, wie sie ihn auch zu Lebzeiten gekannt hatten. Winzige Rückstände von Blattgold oder vereinzelte Perlenfunde ließen diese einstige Pracht nur erahnen.
    Damit die Touristen es bequemer hatten, waren die früher unebenen Wadis begradigt worden, was den Zugang zu den berühmteren Gräbern erleichterte. Einige waren mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet, die ein Generator in einer der Grabkammern erzeugte. Die Touristen brachten Geld, wovon die Antikenverwaltung, aber auch die Dragomane und Fremdenführer profitierten, die damit ihren Lebensunterhalt verdienten. Bisweilen sehnte Ramses jedoch die früheren Jahre zurück, als die Besucher noch über die schroffen Felsen und mit Kerzen in die tief eingeschnittenen Grabpassagen hatten kraxeln müssen. Eins war jedoch unverändert: Über dem Tal erhob sich der pyramidenförmige Gipfel, der die Göttin Mertseger darstellte, »sie, die die Stille liebt«. Die mächtigen Pyramiden der Könige des Alten Reiches waren längst geplündert, als die Monarchen von Theben dieser Form der Bestattung aus Sicherheitserwägungen abschworen. Stattdessen verbargen sie ihre Grabstätten tief in den unwirtlichen Felsen und bauten an anderer Stelle Tempel für die Bestattungsriten. Emerson glaubte, dass die Form des Berges eine Art Pendant zu den früheren Pyramiden darstellte, ein Symbol des Sonnengottes und für ein Weiterleben nach dem Tod.
    »Es hat Vorteile, wenn man frühzeitig in der Saison herkommt«, erklärte Emerson. »Dann lungern nicht so viele verfluchte Touristen rum. Carla, bleib bei mir. Ich möchte nicht, dass du allein hier herumstreifst.«
    Es waren tatsächlich nur vereinzelt Touristen dort, anders als im Laufe des Winters, aber die wenigen verfolgten unsere kleine Prozession mit unverhohlener Neugier und leise gemurmelten Kommentaren. Dragomane und Wächter scharten sich um die Zwillinge und strahlten um die Wette, als die Kleinen sie in fließendem Arabisch begrüßten. Ramses brauchte sich keine Sorgen zu machen, dass er eines oder gar beide Kinder würde tragen müssen; viele hilfsbereite Hände griffen nach Carla, als sie mit einem koketten Wimpernschlag beteuerte, müde zu sein.
    »Sie ist nicht müde«, sagte David John missmutig, sobald seine Schwester triumphierend auf den Schultern eines feixenden Dragomanen thronte. »Sie möchte bloß wieder hoch hinaus.«
    Ramses hielt es für klüger, diese zutreffende Einschätzung zu ignorieren. David John verfolgte das Thema auch nicht weiter. Er ließ seine Hand in die des Vaters gleiten.
    »Weise mich doch bitte, soweit das möglich ist, noch einmal auf die ungefähre Lage der Gräber in diesem Bereich hin«, bat er. Amüsiert von der Mischung aus kindlich hoher Stimme und pedantischer Ausdrucksweise, sagte Ramses: »Worauf soll ich dich denn hinweisen? Du warst doch gar nicht so oft hier, David John. An welche Gräber erinnerst du dich überhaupt noch?«
    »Selbstverständlich habe ich mir die Pläne und die entsprechenden Bücher angeschaut, Papa. Ich glaube, da hinten ist der Eingang zu Grab 55, wo ihr letztes Jahr gearbeitet habt. Eine überaus frustrierende Exkavation.« Der Eingang war wieder zugeschüttet worden. Das machte Emerson aus Prinzip, sobald er eine Exkavation abgeschlossen hatte. Sand und Geröllmassen markierten die Stelle. Pflichtschuldig deutete sein Vater auf die umliegenden Gräber – das von Ramses IX. und ein Stück weiter, höher gelegen, das eines weiteren, weniger prominenten Ramses, modernen Historikern als Nummer 6 geläufig.
    »Hier muss bestimmt noch eine ganze Menge getan werden«, erklärte sein Sohn fachmännisch. »Was inspiziert denn Großpapa da gerade?«
    »Die Ruinen der Arbeiterhütten. Nicht besonders beeindruckend, hm?«
    Offen gestanden waren es nur noch unförmige Steinhaufen. Nur der Experte hätte sie als

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