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Amelia Peabody 18: Das Königsgrab

Titel: Amelia Peabody 18: Das Königsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Letzteres ohne sein Wissen bauen lassen, trotzdem musste er im Nachhinein zugeben, dass es seinen Anforderungen voll und ganz entsprach. Außerdem war die Distanz groß genug gewählt, um sie vor ungebetenen Besuchen zu schützen. Die Zwillinge hatten große Kinderzimmer und Nefret eigene Praxisräume. Von dort, wo er stand, konnte er den von schattenspendenden Tamarisken flankierten Eingang sehen, mit einer Bank darunter für die wartenden Patienten. Notgedrungen wollte er wieder an seinen Schreibtisch zurückkehren, als er eine Bewegung auf dem Pfad bemerkte. Es war Fatima in ihrer selbstkreierten Dienstkleidung aus schwarzer Robe und Gesichtsschleier; allerdings verhielt sie sich merkwürdig. Sie bewegte sich ungelenk und spähte permanent über ihre Schulter. Als sie die Tür zur Praxis erreicht hatte, schaute sie sich ein letztes Mal vorsichtig um und glitt hinein. Nefret war mit Cyrus im Westtal. Fatima wusste das. Wenn sie medizinische Hilfe brauchte, warum hatte sie sie dann nicht beim Frühstück darauf angesprochen? Seine Frau hielt die Praxistüren immer verschlossen, aber in ihrer Funktion als Haushälterin hatte Fatima freilich Schlüssel für sämtliche Räumlichkeiten. Aber sie würde sich doch bestimmt nicht selbst therapieren wollen, oder? Eher aus Neugier denn aus Besorgnis beschloss Ramses, der Sache auf den Grund zu gehen. Leichtfüßig schlenderte er über den Pfad. Die von seiner Mutter heiß und innig geliebten Rosen hatten den Boden in ein Meer von bunten Blütenblättern verwandelt.
    Die Praxistür war verschlossen. Er öffnete sie. Fatima wirbelte mit einem spitzen Aufschrei herum und drückte irgendetwas an ihre Brust. Sie stand vor dem offenen Arzneimittelschrank.
    »Was ist denn los?«, fragte Ramses. »Bist du krank?«
    Fatima schüttelte bestürzt den Kopf. Ihr rundes volles Gesicht mit den schreckgeweiteten Augen und dem offenen Mund war ein einziges Schuldeingeständnis.
    »Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte Ramses milde. »Was suchst du denn?«
    Fatima brach in Tränen aus. Das hatte er schon befürchtet. Er legte einen Arm um ihre bebenden Schultern, tätschelte ihr unter beschwichtigendem Gemurmel den Rücken und wartete geduldig, bis ihr Schluchzen in ein schuldbewusstes Gestammel überging: Sie hätte sie hintergangen, sie hätte ihnen die Wahrheit verschwiegen, sie hätte sich völlig falsch verhalten. Der Gegenstand, den sie krampfhaft umklammerte, war eine Glasflasche mit irgendwelchen Pillen.
    Unvermittelt hatte Ramses das, was seine Mutter als dunkle Vorahnung bezeichnete. Bislang als unwesentlich bewertete Facetten setzten sich zu einem aufschlussreichen Gesamtbild zusammen. Bereitwillig ließ Fatima sich das Fläschchen abnehmen.
    Chinin.
    »Ist schon in Ordnung«, murmelte er. »Hab schon verstanden. Wo ist er?«
    Die Emersons wussten, dass Fatima die hiesigen Bettler mit durchfütterte. Gelegentlich bekam einer dieser bedauernswerten Zeitgenossen auch eine Unterkunft für die Nacht, in einem Raum im Dienstbotentrakt. (Dann schrubbte und desinfizierte Fatima das Zimmer am nächsten Tag gründlich.) Immer noch schniefend führte sie ihn zu einer kleinen Kammer neben ihrem geräumigen Zimmer.
    Sie hatte ihn ins Bett verfrachtet und die Vorhänge vor dem kleinen Fenster zugezogen. Der Raum war dämmrig und schlecht gelüftet. Es roch nach Karbol und Desinfektionslauge.
    Ramses, der neben das Bett getreten war, betrachtete den schlafenden Mann. Wie er bei seiner Ankunft ausgesehen hatte, konnte der junge Emerson nur mutmaßen; Fatima hatte ihn wohl gewaschen und rasiert. Jetzt war er kränklich blass, seine große Nase stach zwischen eingefallenen Wangen hervor. Zum zweiten Mal in seinem Leben sah Ramses den wahren Sethos, ohne Verkleidung, sein Gesicht ungeschminkt. Die Ähnlichkeit mit Emerson war frappierend – als hätte er seinen stark gealterten Vater vor Augen, krank und hilflos.
    »Wie lange ist er schon so apathisch?«, wollte Ramses wissen.
    »Er ist erst seit letzter Nacht hier«, flüsterte Fatima. Und weinte prompt wieder. »Er hatte sehr hohes Fieber.«
    »Ein Malariaschub«, schloss Ramses. »Das war nicht der erste. Hat er dich gebeten, ihm das Chinin zu holen?«
    »Ja, als er heute Morgen aufwachte.« Sie wischte sich das tränenfeuchte Gesicht. »Er schrieb den Namen auf, damit ich gezielt danach suchen konnte. Ihr solltet nicht wissen, dass er hier ist. Und ich kam nicht eher von ihm weg, um euch zu informieren. Tut mir aufrichtig

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