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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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wartet immer noch darauf, dass er sie heiratet.«
    Auch das Paar, das als Nächstes eintraf, umriss die Witwe in gedämpftem Ton. Er ein namhafter Industrieller, Klient der Kanzlei Bartenberg, Aufsteiger, ungemein dynamisch, hemdsärmelig, sympathisch. Sie aus mittelaltem Adel, das sei auch so ziemlich alles, was zu der Frau zu sagen sei.
    »Und? Wo bleibt Bartenbergs neuer Partner?«, fragte der Chirurg so laut, dass er das animierte Stimmengemurmel übertönte. Alles verstummte, nur der Notar kicherte fröhlich weiter.
    »Sein Flugzeug hatte Verspätung, er muss jeden Augenblick hier sein«, sagte der Hausherr.
    Als wäre es sein Stichwort gewesen, betrat der Ehrengast mit Schwung den Raum. »Der Neffe«, hauchte Amelie. Es war in der Tat Daniel Bartenberg. Mit ihm hatte sie kein bisschen gerechnet.
    Sein nackenlanges Haar war feucht, ein paar Wassertropfen versickerten im Stoff seines grauen Anzugs. Das Sakko stand offen, der Knoten der Krawatte saß zu tief. Auf der frisch gebügelten blauen Hemdbrust zeigten sich ebenfalls noch ein paar feuchte Flecken. ›Er kommt direkt aus der Dusche, und er hat sich nicht richtig abgetrocknet…Aber ja, wahrscheinlich wohnt er ja hier im ersten Stock‹, überlegte Amelie. Sie wandte die Augen von Daniel Bartenbergs breitem Brustkorb ab und beobachtete interessiert, wie der trotz seiner Größe gedrungen wirkende Mann sich geschmeidig auf die Witwe zubewegte.
    »Verzeih Sophie« – Handkuss – »ich habe Euch warten lassen, mein Flugzeug hatte fast eine Stunde Verspätung.« Fließender Übergang zur Frau des Notars: »Küss die Hände, liebste Lotte.« Wende Richtung Frau des Industriellen, Grußgemurmel, formellerer Handkuss als der für Sophie und Lotte. Die Nichtangetraute des Chirurgen nannte er Anja. Er umarmte sie, was ihren trockenen, ein wenig fahlen Wangen umgehend Farbe verlieh. ›Er geht nach dem Alter vor‹, dachte Amelie und sah ihm erwartungsvoll entgegen.
    Daniel Bartenberg trat auf sie zu, suchte ihre Augen, ergriff ihre beiden Hände und küsste sie, eine nach der anderen, sehr leicht, fast flüchtig, nahezu so, als geschähe es im Scherz.
    »Guten Abend. Ich freue mich, Sie zu sehen. Wie geht es August?«, fragte er eher beiläufig. Amelie hatte vergessen, dass seine Augen eine ziemlich eigenwillige Farbe hatten: Sie waren grünbraungold gesprenkelt. Lachende Augen.
    Leopold Bartenberg klatschte sacht in die Hände, um sich Gehör zu verschaffen: Das Warten auf den Mann aus den USA habe ein Ende, er bitte zu Tisch.
    Auch das Speisezimmer wirkte heute größer als an dem Abend im Frühling. Im Gegensatz zu damals stand ein einziger, großer ovaler Tisch in der Mitte des Raums. Rund um ihn war viel Platz. Das Kerzenlicht spiegelte sich in seinem glänzenden dunklen Holz wider. ›Mahagoni?‹, überlegte Amelie und ärgerte sich, dass sie sich bei ihrer Ankunft die Tischordnung nicht genauer angesehen hatte. Außer ihr schienen alle zu wissen, wo sie platziert waren.
    Der jüngere Bartenberg half ihr aus der Verlegenheit, indem er ihr den Stuhl zurechtrückte. »Ich habe meinen Onkel wissen lassen, dass ich stehenden Fußes in die Staaten zurückkehren werde, falls ich heute Abend nicht neben Ihnen sitze«, flüsterte er ihr zu. ›Unsinn‹, ging es Amelie flüchtig durch den Kopf, während sie sich niederließ.
    Sie saß dem Gastgeber gegenüber. ›Fast so, als wäre ich die Hausfrau‹, überlegte sie, und dabei war es ihr ein wenig mulmig. Erst nachdem alle Platz genommen hatten, wurde ihr klar, dass ihr Placement sich so und nicht anders aus der Tischordnung fügte: Rechts von Leopold Bartenberg saß die Notarsfrau, weil sie offenbar die Älteste war, links von ihm die Frau des Industriellen, die wahrscheinlich geehrt werden musste, weil ihr Mann zu den bedeutenden Klienten der Kanzlei Bartenberg zählte. Der Rest ergab sich von selbst. Amelie also am Ende der Tafel, zu ihrer Linken Daniel, rechts von ihr der Chirurg.
    »Sie sehen versonnen drein«, bemerkte Daniel leise.
    Amelie lächelte. »Weil ich mir alles genau ansehen muss. Fremde Menschen, eine Welt, die neu für mich ist…schön, aber neu«, raunte sie zurück.
    »Die Welt müssen Sie selbst erforschen, über die Menschen kann ich Sie informieren.« Daniel neigte seinen Kopf so, dass seine Worte nur Amelie erreichten. Der Notar: ein Kindheitsfreund seines Onkels, seit der Bubenzeit der beiden alten Herren sei nie ein böses Wort zwischen ihnen gefallen, was wohl auch daran liege, dass

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