Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
Vom Netzwerk:
griff nach ihrem Mantel, sagte »Gute Reise, ich muss jetzt gehen« und verließ die Bar in einem Tempo, das man nicht anders als ›im Laufschritt‹ bezeichnen konnte.
    Sie trat auf die Straße, bohrte die Hände in die Manteltaschen, zog die Schultern hoch und machte sich eilig in Richtung Ringstraße auf den Weg.
    Das Licht der Straßenlaternen verschwamm im Nebel, Fußgänger waren weit und breit nicht zu sehen, vereinzelt tauchten Radfahrer wie Schemen aus dem wabernden Grau auf, um rasch wieder darin zu verschwinden. Mit langen Schritten ging Amelie dahin. Leise schimpfend passierte sie das Äußere Burgtor und die beiden Museen. »Blöder Mensch, der…hetzt mich wegen ein paar Minuten belanglosem Gequatsche aus dem Geschäft. Als hätte ich nichts Besseres zu tun! Was glaubt er denn, wer ich bin?! Soll er doch fahren zu seinen Schickimicki-Klienten!« Wütend stapfte sie am Parlament vorbei und bog in die Stadiongasse ein. Vor dem Rathaus tobte seit ein paar Tagen der Christkindlmarkt, die Bäume im Rathauspark waren mit Riesenlampions in schreienden Farben behängt. Amelie fand die Atmosphäre zu laut, zu kitschig, zu aufdringlich, sie stank ihr zu sehr nach Fastfood und Alkohol. Plötzlich hatte sie Sehnsucht nach dem stimmungsvollen Salzburger Weihnachtsmarkt, den mit Tannengirlanden geschmückten hölzernen Standeln, die sich im Schutz des Doms duckten, dem Duft von Franzischkerln und Punsch. Sie hatte Sehnsucht nach dem Haus in Anif und den Eltern und Lorenz und verwünschte ihre Entscheidung, Weihnachten in Wien zu bleiben.
    Früher als sonst erkletterte sie den Hängeboden in der Absicht, so bald wie möglich einzuschlafen, um nicht mehr an Bartenberg den Jüngeren denken zu müssen. Das ging daneben. ›Der Kerl drängte sich mir geradezu auf, fast so, als wäre er Teil meines Lebens. Ist er aber nicht.‹ Es gelang ihr nicht, ihn abzuschütteln. Wütend über seine Omnipräsenz rutschte sie die Hängebodenleiter wieder herunter und versuchte, ein Konzept für die letzten Wochen von »Altes Spielzeug – Amelie Lenz« zu entwerfen. ›Verkaufen was geht, Stammkunden mit Angeboten löchern, möglichst viel erzielen. Inserat im Internet? Irgendetwas mit Christkind? Oh du fröhlichee … Alles ein Mist!‹ Sie merkte, dass sie hungrig war. ›Wieso ist der Eisschrank leer? Weil ich dachte, Bartenberg würde…‹ Sie schmiss die Tür des Eisschranks zu, erklomm den Hängeboden aufs Neue, hörte ihren Magen knurren und sagte laut: »Daniel Bartenberg, wahrscheinlich frisst du dich gerade durch ein Degustationsmenü. Ich wünsche dir Sodbrennen und Schnackerln. Spätestens nach dem vierten Gang!«
    Sie war knapp davor, einzuschlafen, als ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss, der sie dermaßen verstörte, dass sie auffuhr: Was, wenn Bartenberg gar nicht geschäftlich unterwegs war? Wenn er sich mit einer Frau traf?
    Starr kniete sie auf dem Futon und versuchte nachzudenken. ›Na klar, eine Frau ist im Spiel! Dass ich daran bis jetzt nicht gedacht habe…Er ist gesund, attraktiv, geschieden, also frei…sicher nicht schwul, eher das Gegenteil. Deshalb hat er sich abends nie mit mir getroffen! Der hat längst eine Neue…was heißt eine! Hier eine, in Straßburg eine, in Paris eine! Wichtige Klienten… dass ich nicht lache! Wahrscheinlich wälzt er sich gerade mit einem Model oder einer Anwältin oder sonst einem Weib auf der teuren Matratze eines Pariser Fünfsternehotels…‹
    Erst als die innere Spannung nachließ, sank Amelie auf ihre Fersen und sagte laut: »Warum regst du dich auf, du Gans, ist doch schließlich seine Sache, du tust, als hätte er dich betrogen…«
    Düster gestimmt kroch sie unter die Decke, rollte sich ein und murmelte vor sich hin. »Kann dir doch egal sein, ob und mit wem Daniel Bartenberg schläft. Ist ja zum Glück weder dein Mann noch dein Liebhaber.« Aber sie nahm, als sie schließlich einschlief, ein nagendes Gefühl der Enttäuschung mit auf die Reise durch die Nacht.
    Sie träumte von Daniel Bartenberg. Er versuchte, die Leiter zum »Orient« zu erklimmen, unter dessen Polstern sie August versteckt hielt. Deutlich hörte sie seine Stimme. »Gib mir den Bären, ich will diesen Bären.« Seine ausladende Stirn tauchte über dem Rand des Hängebodens auf, dann seine Augen, die überhaupt nicht lachten, dann seine Kamelrückennase. Sie streckte die Hände nach ihm aus, doch da war plötzlich diese Frau im Raum, die nach ihm rief. Sie konnte die Frau nicht deutlich sehen,

Weitere Kostenlose Bücher