Amelie und die Liebe unterm Regenschirm
Abstellraum vielleicht…zu spät, es klingelte an der Tür. Punkt sieben. Daniel Bartenberg.
Er sah eindrucksvoll aus. Schwarzer Seidenrolli, schwarze Hosen, schwarze Jacke im Chinesenschnitt. Seine Gesichtsfarbe war frisch, als hätte er eben noch Sport im Freien getrieben. Er roch nach Wind und Schnee.
Bartenberg musterte sie seinerseits, langsam und genüsslich, seine Augen lachten. Als sein Blick an ihren nackten Zehen hängenblieb, erreichte das Lachen seinen Mund. »Die barfüßige Gräfin…das ist…ungemein anziehend«, sagte er, griff nach ihrer Hand und küsste sie. Anders als Onkel Leopold. Weniger wohlerzogen. Sein Mund berührte ihren Handrücken und seine Lippen blieben ein paar Wimpernschläge lang darauf liegen.
Ein Glück, dass Uli ausnahmsweise pünktlich war, er folgte Daniel auf dem Fuß. Champagnerflaschen unter dem Arm, einen flamboyanten Seidenschal kühn um den Hals geschlungen, unbefangen, neugierig auf die Begegnung mit ›dem Seriösen‹ löste er die leise Spannung, die sich zwischen Amelie und Bartenberg aufgebaut hatte.
Von nun an lief alles nach Plan. Amelie machte die beiden Männer bekannt, wies auf die beiden Küchenstühle, die sie im Vorzimmer bereitgestellt hatte, und bat, darauf Platz zu nehmen, das Christkind werde jeden Augenblick kommen. Auf immer noch nackten Sohlen lief sie ins Zimmer, zündete die Christbaumkerzen an und legte eine CD ein, die zu finden, sie einige Mühe gekostet hatte. Stille Nacht ohne Gesang, nur die Melodie. Dann löschte sie das Licht und läutete die kleine Glocke, die seit Jahr und Tag im Prachtschrank stand und in feisteren Tagen wohl als Tischglocke gedient hatte.
Daniel und Uli traten ein, die Kerzen knisterten leise, die Musik rührte ans Gemüt. »Fröhliche Weihnachten«, sagte Amelie.
Die Männer standen eine Weile stumm an der Tür. Uli starrte verzückt auf den Weihnachtsbaum, Daniel sah von Amelie zum Baum und wieder zu Amelie.
»Zum Heulen schön«, seufzte Uli, »ich möchte gerne singen, aber ich tu euch das nicht an.« Er trat auf Amelie zu, nahm sie fest in die Arme und wiegte sie wie ein Kind. »Fröhliche Weihnachten, mein Hühnchen, fröhliche Weihnachten.«
Dann setzte sich Daniel in Bewegung. Wieder fiel ihr auf, wie leise und behände sich der große schwere Mann bewegte. Er stand vor ihr, sah auf sie herunter, Amelie konnte den Ausdruck seiner Augen nicht recht deuten. Langsam neigte er den Kopf, seine Wange streifte die ihre. »Fröhliche Weihnachten, Amelie Lenz«, sagte er. Irgendwie bedeutungsschwer, fand Amelie und schnupperte dem leisen Duft von Daniels Wange nach. Ein angenehmer, fast vertrauter Duft.
»So, jetzt bin ich für Champagner!« Uli war nicht umsonst vom Theater, zum dramaturgisch richtigen Zeitpunkt machte er der weihevollen Stimmung den Garaus. Die Männer pflückten ihre Geschenke von August und nahmen sie vergnügt in Betrieb. Uli öffnete eine Champagnerflasche, Daniel goss ein. Die beiden schienen sich auf Anhieb sympathisch zu sein, sie unterhielten sich locker. Daniel zeigte sich vom Salettl begeistert und gratulierte Uli zu dem Entwurf. Amelie lief zwischen Zimmer und Küche hin und her, immer noch mit nackten Füßen.
»Daniel, was sagen Sie? Wenn das Mädel nicht augenblicklich Socken anzieht, essen wir keinen Bissen«, erklärte Uli. Er ging hinaus, kramte in Amelies Schubladen und kam mit einem Paar geringelter Schisocken zurück. Aus halbgeschlossenen Augen beobachtete Daniel, wie Uli der lachenden, strampelnden Amelie die Socken überzog. Uli fing den Blick auf. »Ami und ich sind wie Bruder und Schwester«, sagte er sanft.
Das Essen wurde ein voller Erfolg. Die Männer lobten die Suppe, vertilgten den Lachs und verputzten die Saucen bis auf den letzten Rest. Sie bestanden darauf, dass Amelie bei Tisch sitzen blieb, während sie kongenial blödelnd auf- und abtrugen. Daniels Wein war erlesen, aber nicht einer der leichtesten, er stieg Amelie bald in den Kopf. Kichernd hüpfte sie in die Küche, um den Mohr in sein Hemd aus Schlagobers zu stürzen. Was sie befürchtet hatte, trat ein, das Dessert blieb in der Auflaufform hängen.
»Er hängt«, rief sie ins Zimmer.
»Macht nichts, bring ihn trotzdem«, rief Uli in die Küche.
»Brauchen Sie Hilfe?«, hakte Daniel nach.
»Nein, nur das nicht«, rief sie zurück, um wenige Minuten später mit einer Platte zu erscheinen, auf der ein schokoladebrauner Haufen zitterte.
»Jetzt ist er auch noch zusammengefallen«, verkündete sie
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