América
war dabei so intensiv, daß ein Haus völlig ausbrennen konnte, bevor das Feuer es überhaupt erreichte. Er hatte mit Vernichtung gerechnet, aber es war alles noch da: das Haus, der Garten, die Straße, und kein Grashalm war beschädigt.
Kyra war kurz vor ihm angekommen. Ihre Mutter stieg auf der Beifahrerseite aus und wirkte etwas benommen. Sie hatte die Nacht auf einer Klappcouch am Fuß ihres Bettes im Holiday Inn verbracht, und da sie schon in aller Frühe zur Straßensperre zurückgefahren waren, um auf die Entwarnung zu warten, hatte ihr die Zeit gefehlt, auf Details von Frisur und Make-up die übliche Aufmerksamkeit zu verwenden. Man sah ihr jetzt das Alter an, die Tragödie der Nacht zeichnete sich unter ihren Augen ab und war tief in ihre Mundwinkel eingegraben. Kyra dagegen hatte das Haar nach hinten gebunden und auf Make-up völlig verzichtet, und sogar in ihrem Partykleid sah sie zackig aus, für jede Schlacht gerüstet. Ehe Delaney ausgestiegen war, war sie bereits im Haus, kontrollierte Zimmer für Zimmer wie ein Feldmarschall, rief nach der Katze und tippte gleichzeitig auf die Tasten des schnurlosen Telefons. Delaney folgte ihr einen Augenblick später, in den Armen eine braune Papiertüte voll mit unersetzlichen Notizbüchern und den wichtigsten Naturführern.
Er stellte die Bücher auf dem Küchentisch ab und ging zum Ofen, der immer noch einen leichten, eher unappetitlichen Geruch nach Truthahn verströmte. Und dort, im Inneren, lag der Truthahn selbst, zäh und vertrocknet wie ein Stück Kamelleder. Ein scheußliches Thanksgiving war das gewesen, das schlimmste, das er je erlebt hatte, dachte Delaney, als Kyra in die Küche gerauscht kam, ihm einen säuerlichen Blick zuwarf und einen Karton Orangensaft aus dem Kühlschrank holte. Sie klemmte das Telefon zwischen Kinn und Schulter ein, während sie sich ein Glas eingoß. »Mm-hm«, sagte sie in den Hörer. »Ja ... aha. Mmhm, ja.«
Sie erkundigte sich nach ihren Objekten. Soweit man bisher erfahren konnte, waren einzig acht RedwoodBlockhäuser südlich von Arroyo Blanco verbrannt, wo eine kleine Enklave von Leuten aus der Alternativbewegung gewohnt hatte - Hippies, Motorradfans, Handleser, New-Age-Begeisterte und so weiter -, aber sie machte sich Sorgen um ein paar ihrer weiter entfernt liegenden Objekte, insbesondere um das Haus der Da Ros. Am vorigen Nachmittag war sie nahe der Hysterie gewesen, als sie die Katze einem möglicherweise gräßlichen und unausweichlichen Schicksal hatten überlassen müssen, aber jetzt, da sie vom Feuer verschont worden waren, wandte sie alle Aufmerksamkeit automatisch ihren Maklerobjekten zu. Der Katze würde schon nichts passiert sein, das wußte sie. Wahrscheinlich versteckte sie sich unter einem Bett, weil sie die Sirenen erschreckt hatten. Oder sie jagte hinter dem Haus nach den Mäusen, die aus ihren Löchern aufgeschreckt worden waren. Sie würde wieder auftauchen.
»Aha«, sagte Kyra ins Telefon. Der Saft wanderte ungetrunken von ihrer Hand auf die Ablage, ein orangefarbener Zylinder aus Licht. »Bist du sicher, daß es das Da-Ros-Haus war?« Und dann, zu Delaney: »Schnell, mach den Fernseher an, ja?« Sie marschierten gemeinsam ins Wohnzimmer. »Kanal Sieben«, flüsterte sie, dann sprach sie wieder ins Telefon: »Danke, Sally. Ja, ja, ich seh's mir gerade an.«
Szenen der Zerstörung flimmerten in Farbe über den Bildschirm. Einen Moment lang standen die Ruinen der Blockhütten im Mittelpunkt, ausgebrannte Autos und Busse, schiefe Kamine, die ihre skelettartigen Überreste in den baumlosen Horizont reckten, dann kam ein Schnitt auf einen Reporter, der mehrere Leute vor Gitellos Supermarkt interviewte.
»Das war Sally Lieberman«, sagte Kyra. »Sie sagte, sie hätten eben das Haus der Da Ros gezeigt.« Ihre Stimme stockte. »Es ist verbrannt. Sie hat gesagt, es ist einfach weg.«
Falls das zutraf, wurde es von dem Nachrichtensprecher auf Kanal 7 nicht bestätigt - jedenfalls nicht in dieser Sendung -, und seine Kollegen auf den Sendern 2, 4, 5, 11 und 13 meldeten auch nichts darüber. Sie alle zeigten die geschwärzten Felsen, die weiße Asche, die flirrende Luft über den verbliebenen Glutnestern und die verschwitzten, erschöpften Feuerwehrleute, die mit ihren Schläuchen hantierten, aber schon jetzt war der Brand im Cañyon Schnee von gestern - es gab keine Toten, und herzlich wenig Sachwerte waren zerstört worden -, und man wandte sich wieder anderen Dingen zu: den Todesschüssen aus
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