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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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eisenharten Erektion, war es, der aus ihr gesprochen hatte, von dem sie für einen Augenblick besessen gewesen war, und in der folgenden Nacht stattete sie ihm, bevor sie sich schlafen legte, ihren Dank ab.
    Immer wieder weigerten sich einige der Gefangenen, etwas zu essen. Sie wurden dann so lange ausgepeitscht, bis sie sich das Essen in den Mund steckten und hinunterschluckten, aber die Auspeitschung war so heftig, dass zwei Männer daran starben. Danach versuchte niemand mehr, sich freizuhungern. Ein Mann und eine Frau wollten sich umbringen, indem sie über Bord sprangen. Die Frau war erfolgreich. Der Mann aber wurde aufgefischt, an den Mast gefesselt und fast einen Tag lang ausgepeitscht, bis sein Rücken blutüberströmt war, dann, als die Nacht anbrach, ließ man ihn dort, wo er war. Er bekam nichts zu essen und nichts zu trinken außer der eigenen Pisse. Am dritten Tag begann er zu fantasieren, sein Kopf war angeschwollen und weich geworden wie eine alte Melone. Nachdem sein irres Gerede aufgehört hatte, warfen sie ihn über Bord. In der Folge des Fluchtversuchs wurden die Gefangenen fünf Tage lang wieder in Ketten gelegt.
    Es war eine lange Fahrt, schlimm für die Gefangenen, aber auch für die Männer der Besatzung nicht angenehm, obwohl diese gelernt hatten, sich gegen die Umstände ihres Broterwerbs zu verhärten, und sich einreden konnten, dass sie nichts anderes waren als Bauern, die ihr Vieh zum Markt brachten.
    An einem schönen, milden Tag gingen sie in Bridgeport auf Barbados vor Anker. Die Gefangenen wurden in flachen, vom Dock ausgeschickten Booten an Land gefahren und zum Marktplatz gebracht, wo man sie unter mancherlei Geschrei und dem Einsatz von Knüppeln in Reih und Glied aufstellte. Eine Pfeife ertönte, und der Marktplatz füllte sich mit Männern: stoßenden, stochernden, rotgesichtigen Männern, die ausriefen, inspizierten, anpriesen, prüften, murrten.
    Der Moment, da Wututu und Agasu getrennt wurden, war gekommen. Es geschah so schnell – ein großer Mann riss Agasu den Mund auf, besah sich die Zähne, befühlte die Armmuskeln und nickte dann, worauf zwei andere Männer Agasu von dannen schleiften. Er wehrte sich nicht. Er sah Wututu an und rief ihr zu: »Sei tapfer!« Sie nickte, und dann trübte sich ihr Blick vor lauter Tränen. Zusammen waren sie Zwillinge, von magischer Macht und Kraft. Getrennt waren sie zwei Kinder in Not.
    Ein einziges Mal sollte sie ihn noch wieder sehen, aber das war nicht in diesem Leben.
    Und so erging es Agasu: Zuerst wurde er zu einer Gewürzfarm gebracht, wo er täglich die Peitsche für das, was er tat, und das, was er nicht tat, zu spüren bekam; man brachte ihm ein bisschen Englisch bei und gab ihm wegen seiner dunklen Haut den Namen Inky Jack. Einmal lief er davon, da jagten sie ihn mit Hunden, schafften ihn zurück und trennten ihm mit einem Meißel einen Zeh ab, um ihm eine Lektion zu erteilen, die er nicht vergessen würde. Er wollte sich zu Tode hungern, aber als er das Essen verweigerte, brach man ihm die Vorderzähne heraus und flößte ihm dünnen Haferschleim in den Schlund, bis ihm nur die Wahl blieb, entweder zu schlucken oder zu ersticken.
    Zu jener Zeit zog man Sklaven, die in Gefangenschaft geboren wurden, bereits denen vor, die man aus Afrika herüberschaffte. Die in Freiheit geborenen Sklaven stellten alles an, um zu fliehen oder zu sterben, was in beiden Fällen nur auf eine Beeinträchtigung des Gewinns hinauslief.
    Als Inky Jack sechzehn war, wurde er mit mehreren anderen Sklaven an eine Zuckerplantage auf der Insel Saint-Domingue verkauft. Sie nannten ihn Hyacinth, den großen Sklaven mit den zerbrochenen Zähnen. Auf dieser Plantage traf er auf eine alte Frau aus seinem Heimatdorf – sie war Haussklavin gewesen, bevor ihre Finger dafür zu knotig und gichtig wurden –, die ihm erzählte, dass die Weißen mit Absicht Gefangene aus einem Dorf oder einer Region trennten, weil sie so Aufstände und Revolten zu vermeiden hofften. Sie mochten es nicht, wenn Sklaven in ihrer eigenen Sprache miteinander redeten.
    Hyacinth lernte etwas Französisch und wurde mit einigen Lehren der katholischen Kirche vertraut gemacht. Jeden Tag schnitt er das Zuckerrohr, von weit vor Sonnenaufgang bis nach Sonnenuntergang.
    Er zeugte mehrere Kinder. Er schloss sich den anderen Sklaven an, die in den frühen Nachtstunden, obwohl es verboten war, in die Wälder gingen, um die Calinda zu tanzen und für den Schlangengott Damballah-Wedo, in Gestalt einer

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