American Gods
verteilen. Shadow schob seine Portion immer um den Teller herum.
»Wir haben Dame gespielt«, sagte Tschernibog, während er sich eine weitere Scheibe von dem Schmorbraten absäbelte. »Der junge Mann und ich. Er hat ein Spiel gewonnen, ich habe ein Spiel gewonnen. Weil er ein Spiel gewonnen hat, habe ich mich bereit erklärt, mit ihm und Wednesday mitzukommen, um ihnen bei ihrem Wahnsinn zu helfen. Und weil ich ein Spiel gewonnen habe, darf ich, wenn das alles vorbei ist, den jungen Mann töten, mit einem Hammerschlag.«
Die beiden Sari nickten ernst. »So ein Jammer«, sagte Sarja Wetschernjaja zu Shadow. »In meiner Vorhersage für Sie hätte ich gesagt, dass Sie ein langes und glückliches Leben haben würden, mit vielen Kindern.«
»Deshalb bist du ja auch eine gute Wahrsagerin«, sagte Sarja Utrennjaja. Sie sah schläfrig aus, als würde es sie große Anstrengung kosten, so spät noch auf zu sein. »Du erzählst die besten Lügen.«
Nachdem die Mahlzeit beendet war, hatte Shadow immer noch Hunger. Das Essen im Gefängnis war zwar ziemlich schlecht, im Vergleich zu dem eben Genossenen aber die reinste Feinschmeckerküche gewesen.
»Gutes Essen«, sagte Wednesday, der seinen Teller mit allen Anzeichen von Genuss geleert hatte. »Meine Damen, ich danke Ihnen. Aber jetzt obliegt es mir leider, Sie zu bitten, uns ein gutes Hotel in der näheren Umgebung zu empfehlen.«
Sarja Wetschernjaja schien gekränkt zu sein. »Warum wollen Sie in ein Hotel gehen?«, sagte sie. »Sind wir nicht Ihre Freunde?«
»Ich möchte Ihnen auf keinen Fall Umstände bereiten …«, sagte Wednesday.
»Das sind keine Umstände«, sagte Sarja Utrennjaja, während sie mit einer Hand in ihrem absurd goldenen Haar spielte, und gähnte anschließend.
» Sie können in Bjelbogs Zimmer schlafen«, sagte Sarja Wetschernjaja, indem sie auf Wednesday zeigte. »Es ist leer. Und für Sie, junger Mann, mache ich das Sofa bereit. Sie werden es bequemer haben als in einem Federbett. Versprochen.«
»Das ist wirklich zu freundlich von Ihnen«, sagte Wednesday. »Wir nehmen das Angebot gern an.«
»Sie brauchen mir auch nicht mehr zu geben, als Sie im Hotel zahlen würden«, sagte Sarja Wetschernjaja, indem sie den Kopf triumphierend hochwarf. »Einhundert Dollar.«
»Dreißig«, sagte Wednesday.
»Fünfzig.«
»Fünfunddreißig.«
»Fünfundvierzig.«
»Vierzig.«
»Abgemacht. Fünfundvierzig Dollar.« Sarja Wetschernjaja langte über den Tisch und schüttelte Wednesday die Hand. Dann begann sie das Geschirr abzutragen. Sarja Utrennjaja gähnte so heftig, dass Shadow schon befürchtete, sie würde sich dabei die Kinnlade ausrenken, dann verkündete sie, sie wolle ins Bett gehen, bevor ihr der Kopf noch in die Torte sinke, und sagte allen Gute Nacht.
Shadow half Sarja Wetschernjaja, die Teller und Schüsseln in die kleine Küche zu tragen. Zu seiner Überraschung befand sich eine etwas betagte Geschirrspülmaschine unter dem Spülbecken, die er auch sogleich auffüllte. Sarja Wetschernjaja sah ihm über die Schulter, schüttelte missbilligend den Kopf und nahm die Holzschüsseln, aus denen sie den Borschtsch gegessen hatten, wieder heraus. »Die kommen in die Spüle«, sagte sie.
»’t schuldigung.«
»Nicht so schlimm. Und jetzt wieder zurück – wir wollen Torte essen«, sagte sie.
Die Torte – es handelte sich um eine Apfeltorte – war im Laden gekauft und nur im Ofen aufgebacken worden. Sie schmeckte hervorragend. Nur noch zu viert, aßen sie die Torte mit Eiscreme, und danach scheuchte Sarja Wetschernjaja sie alle aus dem Wohnzimmer, um für Shadow auf dem Sofa eine sehr eindrucksvolle Bettstatt herzurichten.
Wednesday nahm Shadow beiseite, während sie auf dem Flur warteten.
»Was Sie da vorhin gemacht haben, das mit dem Damespiel …«, sagte er.
»Ja?«
»Das war gut. Zwar ziemlich dumm, aber gut. Schlafen Sie wohl.«
Shadow putzte sich im kleinen Bad die Zähne und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, ging dann durch den Flur zurück ins Wohnzimmer, machte das Licht aus und war schon eingeschlafen, bevor sein Kopf noch das Kissen berührte.
In Shadows Traum gab es Explosionen: Er fuhr mit einem Lastwagen durch ein Minenfeld, und links und rechts gingen die Bomben hoch. Die Windschutzscheibe zerbarst, und er fühlte, wie ihm warmes Blut übers Gesicht strömte.
Jemand schoss auf ihn.
Eine Kugel durchschlug ihm einen Lungenflügel, eine Kugel zerschmetterte ihm das Rückgrat, eine andere traf ihn an der
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