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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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sich eine von einem Metallgitter geschützte Glühbirne, allerdings hatte Shadow keinen dazu passenden Lichtschalter finden können. Das Licht brannte ständig. Auf seiner Seite wies die Tür keine Klinke auf.
    Er hatte Hunger.
    Nachdem die unheimlichen Unbekannten ihn in das Zimmer gestoßen und ihm das Klebeband von Füßen, Händen und Mund gerissen hatten, um ihn dann allein zu lassen, war er zunächst einmal herumgegangen und hatte die Gegebenheiten eingehend untersucht. Er klopfte die Wände ab. Sie klangen dumpf metallen. Ganz oben an der Wand befand sich ein kleiner Belüftungsrost. Die Tür war solide verschlossen.
    Ein dünnes Rinnsal Blut sickerte ihm aus der linken Augenbraue. Er hatte Kopfschmerzen.
    Kein Teppich auf dem Fußboden. Er klopfte ihn ab. Das gleiche Material wie die Wände.
    Er nahm den Deckel vom Eimer, pinkelte hinein und legte den Deckel dann wieder auf. Seiner Armbanduhr zufolge waren erst vier Stunden seit dem Überfall beim Restaurant vergangen.
    Seine Brieftasche war weg, aber man hatte ihm die Münzen gelassen.
    Er zog sich den Stuhl an den Kartentisch heran und setzte sich. Der Tisch war mit einem von Zigaretten versengten grünen Filz überzogen. Shadow übte den Trick, eine Reihe von Münzen scheinbar durch den Tisch zu drücken. Dann nahm er zwei Vierteldollarstücke und erfand einen »Sinnlosen Münzentrick«.
    Er verbarg einen Quarter im rechten Handteller und zeigte den anderen Quarter offen zwischen Daumen und Zeigefinger in der linken Hand. Dann schien er den Quarter von der linken in die rechte Hand zu nehmen, ließ ihn aber in Wirklichkeit in die Linke zurückfallen. Er öffnete die rechte Hand, um den Quarter vorzuzeigen, der dort schon die ganze Zeit gewesen war.
    Bei den Münzentricks ging es vor allem darum, dass sie Shadows ganzen Kopf forderten, oder besser: Er konnte sie nicht ausführen, wenn er wütend oder aufgeregt war; der Vollzug eines Zaubertricks also, selbst wenn er für sich genommen keinen denkbaren Nutzen hatte – er hatte nämlich kolossale Mühen und seine ganze Geschicklichkeit aufbieten müssen, um glauben zu machen, dass er einen Quarter von einer Hand in die andere befördert hatte, etwas, was unter normalen Umständen keinerlei Geschick erfordert –, beruhigte ihn und half ihm, das Durcheinander im Kopf zu beseitigen.
    Er setzte zu einem noch sinnloseren Trick an: die einhändige Verwandlung eines halben Dollarstücks in einen Penny, aber mit zwei Vierteldollarstücken. Beide Münzen wurden im Verlauf der Durchführung abwechselnd verborgen und vorgezeigt: Es begann damit, dass der eine Quarter sichtbar, der andere verborgen war. Er hob die Hand zum Mund und pustete die sichtbare Münze an, während er sie in die klassische Palmage gleiten ließ und gleichzeitig mit den ersten beiden Fingern den versteckten Quarter hervorholte und vorzeigte. Der Effekt war der, dass er einen Quarter in der Hand vorzeigte, ihn zum Mund führte, dagegenpustete und ihn wieder runternahm, was so aussah, als wäre es immer derselbe.
    Dann wiederholte er das Ganze, und dann noch einmal und noch einmal.
    Er fragte sich, ob sie ihn töten würden, worauf ihm die Hand zitterte, nur ein bisschen zwar, aber sofort fiel einer der Quarter von der Fingerspitze hinunter auf den fleckigen grünen Tischbezug.
    Er konnte einfach nicht mehr, steckte die Münzen also wieder ein, zog dafür den Dollar mit dem Liberty-Kopf hervor, den Sarja Polunotschnaja ihm geschenkt hatte, hielt ihn fest in der Hand und wartete.
     
    Seiner Armbanduhr zufolge um drei Uhr morgens kehrten die kauzigen Typen zurück, um ihn zu verhören. Zwei dunkelhaarige Männer in dunklen Anzügen und schwarz glänzenden Schuhen. Der eine hatte ein eckiges Kinn, breite Schultern und eine ziemliche Mähne und sah aus, als hätte er Football an der Highschool gespielt; die Fingernägel waren böse abgekaut. Der andere hatte schütteres Haar, eine Brille mit rundem Silberrahmen und manikürte Nägel. Obwohl sie einander nicht im Geringsten ähnelten, konnte Shadow sich des Verdachts nicht erwehren, dass die beiden Männer auf irgendeiner, womöglich zellulären Ebene identisch waren. Sie hatten sich zu beiden Seiten des Kartentisches aufgebaut und blickten zu ihm hinunter.
    »Seit wann arbeiten Sie für Cargo, Sir?«, fragte der eine.
    »Wer oder was soll das sein?«, sagte Shadow.
    »Er selbst nennt sich Wednesday. Grimm. Allvater. Der Alte, mit dem Sie gesehen worden sind, Sir.«
    »Ich arbeite erst seit zwei Tagen

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