American Psycho
Hilflos seufzt sie wieder. »Ich weiß nicht.«
»Kommen Sie schon«, dränge ich sie, »wo wollen Sie hin? Wir gehen überallhin, wo Sie wollen. Sie brauchen es nur zu sagen. Ich kann uns überall reinbringen.«
Sie denkt lange darüber nach, und als sie merkt, daß ihre Zeit abläuft, fragt sie scheu, ein Versuch, Eindruck zu schinden: »Wie wär’s mit dem … Dorsia?«
Ich höre auf, den Zagat zu durchblättern, und ohne aufzusehen, das Lächeln eingefroren, während mein Magen sich umdreht, frage ich mich still, will ich wirklich nein sagen? Will ich wirklich sagen, daß ich keine Möglichkeit sehe, uns da reinzubringen? Kann ich das wirklich? Will ich das wirklich?
»Soooo«, sage ich und lege das Buch beiseite, um es dann nervös wieder in die Hand zu nehmen und die Nummer zu suchen. »Jean will ins Dorsia …«
»Oh, ich weiß nicht«, sagt sie verstört. »Nein, wir gehen hin, wo Sie hinwollen.«
»Das Dorsia ist … gerade richtig«, sage ich beiläufig, nehme den Telefonhörer in die Hand und wähle sehr schnell mit zitternden Fingern die sieben gefürchteten Nummern, während ich versuche, cool zu bleiben. Anstelle des Besetztzeichens, das ich erwarte, klingelt das Telefon tatsächlich im Dorsia, und nach zwei Klingelzeichen meldet sich dieselbe entnervte Stimme, an die ich mich in den letzten drei Monaten gewöhnt habe, und brüllt »Dorsia, ja?«, der Raum hinter der Stimme ist ein ohrenbetäubendes Gebrumm.
»Ja, haben Sie noch Platz für zwei heute abend, in, sagen wir, zwanzig Minuten?« frage ich, sehe auf meine Rolex und zwinkere Jean zu. Sie scheint beeindruckt.
»Wir sind völlig ausgebucht«, brüllt der Maître d’ selbstgefällig.
»Ach wirklich?« sage ich und versuche zufrieden auszusehen, obwohl ich mich fühle, als müßte ich kotzen. »Na wunderbar!«
»Ich sagte, wir sind voll besetzt«, schreit er.
»Zwei um neun?« sage ich. »Perfekt.«
»Es gibt heute abend keine Tische mehr«, dröhnt der unerschütterliche Maître d’. »Die Warteliste ist auch randvoll.« Er legt auf.
»Bis dann.« Ich lege ebenfalls auf, und während ich lächle, als sei ich hoch erfreut über ihre Wahl, merke ich, wie mir die Luft wegbleibt und sich sämtliche Muskeln in meinem Körper verkrampfen. Jean trägt ein Kleid aus Wolljersey und Flanell von Calvin Klein, einen Krokoleder-Gürtel mit silberner Schnalle von Barry Kieselstein Cord, silberne Ohrringe und farblose Strumpfhosen, ebenfalls von Calvin Klein. Unsicher steht sie da vor dem Schreibtisch.
»Ja?« sage ich auf dem Weg zum Kleiderständer. »Ihr Kleid ist … ganz annehmbar.«
Sie zögert. »Sie haben ihnen keinen Namen genannt«, sagt sie sanft.
Ich lasse mir das durch den Kopf gehen, während ich mein Armani Jackett anziehe und meinen Armani-Schlips neu binde, und sage ihr, ohne zu stottern: »Sie … kennen mich.«
Während der Maître d’ ein Paar an den Tisch führt, in dem ich mit ziemlicher Sicherheit Kate Spencer und Jason Lauder zu erkennen glaube, nähern sich Jean und ich seinem Pult, auf dem das Reservierungsbuch offen daliegt, mit absurd leserlichen Namen, und ich lehne mich hinüber und finde im Überfliegen den einzigen Namen für zwei um neun, der nicht durchgestrichen ist und ausgerechnet – Jesus – Schrawtz lautet. Ich seufze, tapse mit dem Fuß, und während mein Hirn rasend arbeitet, versuche ich, mir einen brauchbaren Plan zurechtzulegen. Ich drehe mich abrupt zu Jean um und sage: »Warum gehen Sie nicht in den Waschraum?«
Sie sieht sich im Restaurant um, läßt es auf sich wirken. Chaos. Die Leute warten in Zehnerreihen vor der Bar. Der Ober führt das Paar zu einem Tisch in der Saalmitte. Sylvester Stallone mit Fickfleisch sitzt in der vorderen Nische, in der Sean und ich vor nur wenigen Wochen gesessen hatten, sehr zu meinem angewiderten Erstaunen; seine Bodyguards sind in die Nische daneben gepfercht, und der Besitzer des Petty’s, Norman Prager, macht sich in der dritten breit. Jean dreht ihren Kopf zu mir und schreit »Was?« durch den Lärm.
»Wollen Sie nicht in den Waschraum gehen?« frage ich. Der Maître d’ nähert sich, bahnt sich ohne ein Lächeln den Weg durchs überfüllte Restaurant.
»Warum? Ich meine … will ich?« fragt sie, völlig verunsichert.
»Gehen Sie einfach«, zische ich und drücke verzweifelnd ihren Arm.
»Aber ich muß gar nicht, Patrick«, protestiert sie.
»Jesus Christus«, murmele ich. Jetzt ist es sowieso zu spät. Der Maître d’ schreitet zum Podium und
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