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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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grinst wieder einfältig. »Haben Sie mal so was gehört?«
    »Der Typ hat die Tat abgestritten?« frage ich, ein Kribbeln am ganzen Körper.
    »Stimmt.« Kimball nickt.
    »Das ist ja ein interessanter Fall«, gelingt es mir zu sagen.
    »Aber obwohl der Typ behauptet, unschuldig zu sein, hält er sich trotzdem für Inca, den Vogelgott, oder so was«, sagt Kimball und flattert mit den Armen.
    Darüber müssen wir beide laut lachen.
    »Nein«, sage ich endlich. »Damit hat Paul nichts zu tun gehabt. Er hat auf Mischkost geschworen und –«
    »Ja, ich weiß, und er hatte es mit diesem ganzen Yale-Ding«, führt Kimball den Satz müde zu Ende.
    Es folgt eine lange Pause, vielleicht die bisher längste, vermute ich.
    »Haben Sie einen Parapsychologen zu Rate gezogen?« frage ich.
    »Nein.« Er schüttelt den Kopf in einer Art, die nahelegt, daß er es erwogen hat. Oh, wen interessiert’s?
    »Ist sein Apartment ausgeraubt worden?« frage ich.
    »Nein, eben nicht«, sagt er. »Toilettenartikel fehlten. Ein Anzug war weg. Außerdem ein paar Koffer. Das ist alles.«
    »Haben sie den Verdacht, daß da was faul ist?«
    »Weiß ich auch nicht«, sagt er. »Aber wie ich schon sagte, ich wäre nicht überrascht, wenn er sich irgendwo verkrochen hat.«
    »Ich meine, bis jetzt hat niemand die Mordkommission eingeschaltet oder so was, oder?« frage ich.
    »Nein, bis jetzt noch nicht. Wie gesagt, wir sind nicht sicher. Aber …« Er bricht ab, sieht niedergeschlagen aus. »Genaugenommen hat kein Mensch etwas gesehen oder gehört.«
    »Das ist absolut bezeichnend, nicht?« frage ich.
    »Es ist einfach seltsam«, stimmt er zu und starrt verloren aus dem Fenster … »Da spaziert ein Mensch an einem Tag munter herum, geht zur Arbeit, lebendig, und dann …« Kimball bricht ab, führt den Satz nicht zu Ende.
    »Nichts«, seufze ich nickend.
    »Leute … verschwinden einfach«, sagt er.
    »Wie vom Erdboden verschluckt«, sage ich, seltsam traurig, und sehe auf meine Rolex.
    »Gruselig.« Kimball gähnt, reckt sich. »Wirklich gruselig.«
    »Ominös.« Ich nicke zustimmend.
    »Es ist einfach« – er seufzt, ausgebrannt – »sinnlos.«
    Ich zögere, unschlüssig, was ich sagen soll, dann gelingt mir ein: »Sinnlosigkeit ist … eine schlimme Sache.«
    Ich denke an nichts. Es ist still im Büro. Um das Schweigen zu brechen, deute ich auf ein Buch auf dem Schreibtisch, neben der San-Pellegrino-Flasche. Die Kunst des Erfolgs von Donald Trump.
    »Haben Sie’s gelesen?« frage ich Kimball.
    »Nein«, seufzt er, fragt aber höflich: »Ist es zu empfehlen?«
    »Sehr zu empfehlen«, sage ich nickend.
    »Hören Sie«. Er seufzt erneut. »Ich habe Ihnen lange genug Ihre Zeit gestohlen.« Er steckt die Marlboros ein.
    »In zwanzig Minuten bin ich sowieso mit Cliff Huxtable im Four Seasons zum Lunch verabredet«, lüge ich aufstehend. »Ich muß auch gehen.«
    »Ist das Four Seasons nicht ein bißchen weit uptown?« Er sieht besorgt aus, als er sich ebenfalls erhebt. »Ich meine, kommen sie nicht zu spät?«
    »Äh, nein«, wimmele ich ihn ab. »Es gibt auch eins … hier in der Nähe.«
    »Ach wirklich?« fragt er. »Das wußte ich nicht.«
    »Ja«, sage ich und begleite ihn zur Tür. »Es ist sehr gut.«
    »Hören Sie«, sagt er und dreht sich zu mir um. »Falls Ihnen noch irgendwas einfällt, auch die kleinste Information kann …«
    Ich hebe eine Hand. »Absolut! Ich stehe hundertprozentig hinter Ihnen«, sage ich feierlich.
    »Großartig«, sagt der Unfähige erleichtert. »Und vielen Dank für Ihre, äh, Geduld, Mr. Bateman.«
    Als ich ihn zur Tür dirigiere, Pudding in den Knien, astronautenhaft, und aus dem Büro führe, spüre ich doch, obwohl ich leer bin, jeden Gefühls beraubt – ohne mir selbst etwas vorzumachen –, daß ich etwas geleistet habe, und dann, als die Spannung abflaut, reden wir noch ein paar Minuten über Rasierbalsam und Hemden mit Tattersall-Muster. Die ganze Unterhaltung hatte etwas seltsam Beiläufiges, das besänftigend auf mich wirkte – es passierte eigentlich gar nichts – aber als er lächelt, mir seine Karte reicht, geht, hört sich das Schließen der Tür für mich wie Milliarden surrender Insekten an, wie mehrere Pfund brutzelnden Bacons, eine gigantische Leere. Und nachdem er das Gebäude verlassen hat (ich lasse Jean bei Tom vom Sicherheitsdienst anrufen, um sicherzugehen), rufe ich jemand an, den mir mein Anwalt empfohlen hat, um überprüfen zu lassen, daß ich keine Wanzen in einem meiner Telefone

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