American Psycho
…«, seufze ich fortfahrend, »habe ich einen Typ im Männerklo gesehen … ein totaler … Wall-Street-Typ … in einem Einknopf-Anzug aus Viscose und Nylon von … Luciano Soprani … Hemd von … Gitman Brothers … Seidenkrawatte von Ermenegildo Zegna und, ich meine, ich kenne den Typ, ein Broker namens Eldridge … ich hab ihn schon bei Harry’s und im Au Bar und DuPlex und bei Alex Goes to Camp getroffen … in den ganzen Läden, aber … also ich kam gleich nach ihm rein, und dann … sah ich … er schrieb was auf die Wand über … über dem Pissoir an dem er stand.« Ich halte inne, nehme einen Schluck von ihrem Bier. »Als er mich reinkommen sah … hat er aufgehört zu schreiben … hat den Mont-Blanc-Kuli eingesteckt … hat sich die Hose zugemacht … hat ›hallo, Henderson‹ zu mir gesagt … hat sein Haar im Spiegel geprüft, gehustet … als wäre er nervös oder so … und ist rausgegangen.« Ich unterbreche mich wieder, nehme noch einen Schluck. »Jedenfalls ich bin dann rübergegangen an das … Pissoir … und beugte mich vor … und hab gelesen, was er … geschrieben hat.« Fröstelnd wische ich mir langsam mit der Serviette die Stirn ab.
»Und das war?« fragt Jean behutsam.
Ich schließe die Augen, drei Worte fallen aus meinem Mund, von diesen Lippen: »Tod … den … Yuppies.«
Sie sagt nichts. Um das anschließende betretene Schweigen zu überbrücken, sage ich das einzige, was mir in den Sinn kommt, nämlich: »Wußtest du, daß Ted Bundys erster Hund, ein Collie, Lassie hieß?« Pause. »Wußtest du das schon?«
Jean schaut auf ihr Gedeck, als würde es sie verwirren, dann wieder zu mir. »Wer ist … Ted Bundy?«
»Vergiß es«, seufze ich.
»Hör mal, Patrick. Wir müssen etwas besprechen«, sagt sie. »Oder wenigstens möchte ich es besprechen.«
… und wo Natur und die Erde, Leben und Wasser gewesen waren, sah ich eine Wüste, die sich unendlich dehnte, eine Art Krater, so jenseits aller Vernunft und allen Lichts, so entseelt, daß keine Stufe des Bewußtseins sie erfassen konnte, und wenn man näher kam, lief daß Bewußtsein rückwärts, unfähig, sie zu verarbeiten. Für mich war die Vision so klar und wirklich und entscheidend, in ihrer Reinheit fast abstrakt. Das war das, was ich verstehen konnte, das war, wie ich mein Leben lebte, nach dem ich meine Schritte lenkte, wie ich das Faßbare ordnete. Das war die Landschaft, um die meine Wirklichkeit kreiste: Es ist mir nie in den Sinn gekommen, niemals, Menschen könnten gut sein, oder ein Mann könne sich ändern, oder die Welt könnte schöner aussehen, wenn jemand sich an einem Gefühl, einer Geste, einem Blick erfreut, an der Liebe oder Zuneigung einer anderen Person. Nichts stand fest, der Ausdruck »Herzensgüte« hatte keine Bedeutung, war ein Klischee, irgendein schlechter Witz. Sex ist Mathematik. Individualität ist kein Thema mehr. Was macht Intelligenz aus? Definiere Logik. Träume – bedeutungslos. Intellekt ist keine Hilfe. Gerechtigkeit ist tot. Furcht, Anklage, Unschuld, Mitleid, Schuld, Verschwendung, Niederlagen, Leid waren Dinge, Gefühle, die niemand mehr wirklich empfand. Nachdenken ist zwecklos, die Welt ist sinnlos. Das Böse ist alles, was bleibt. Gott gibt es nicht. Liebe ist Betrug. Oberfläche, Oberfläche, Oberfläche ist alles, dem jemand Bedeutung zumißt … das war die Zivilisation, wie ich sie sah, monströs und zerklüftet …
»… und ich weiß nicht mehr, mit wem du geredet hast … ist ja auch egal. Es geht jedenfalls darum, daß du sehr bestimmt warst, und gleichzeitig … irgendwie lieb, und ich glaube, da wußte ich, daß …« Sie legt ihren Löffel hin, aber ich beachte sie nicht. Ich schaue nach draußen auf die Taxis, die zum Broadway rauf fahren, aber ich kann den Lauf der Dinge nicht aufhalten, denn Jean sagt folgendes: »Die meisten Menschen scheinen …« sie bricht ab, fährt dann zögernd fort, »den Kontakt zum Leben verloren zu haben, und ich möchte keiner von ihnen sein.« Nachdem der Kellner ihr Gedeck abgeräumt hat, setzt sie hinzu: »Ich will nicht … verletzt werden.«
Ich glaube, ich nicke.
»Ich habe gelernt, was es heißt, einsam zu sein und … ich glaube, ich liebe dich.« Den letzten Teil sagt sie hastig, stößt ihn hervor.
Fast abergläubisch drehe ich mich zu ihr um, nippe mein Evian, sage dann lächelnd, ohne nachzudenken: »Ich liebe eine andere.«
Als würde dieser Film plötzlich schneller laufen, sieht sie rasch beiseite, nach unten,
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