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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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Neuigkeiten für uns in petto haben«, schrieb er seinem alten Kamaraden Toby Street. Elaine und er waren immer starke Trinker gewesen, jetzt versuchten sie, ihren Alkoholkonsum auf die Wochenenden zu beschränken.
    Danach folgte, wie oft bei Männern, die ihre Kräfte schwinden fühlen, eine Explosion von Aktivitäten. Am Ostermorgen des Jahres 1960 begab Steinbeck sich in seinen Schreibpavillon und notierte die ersten Sätze eines neuen Romans, The Winter of Our Discontent (1961; Geld bringt Geld , 1962). Die Handlung baute auf der kurzen, humorigen Erzählung How Mr. Hogan Robbed A Bank aus dem Jahr 1959 auf, die von einem ordentlichen Bürger handelt, der die lokale Bank betrügt. In der erweiterten Version läuft jedoch alles aus dem Ruder. Wie immer arbeitete Steinbeck nach dem Muster eines Büroangestellten und schrieb meist etwa achthundert Wörter pro Tag. Diesmal aber forcierte er das Tempo und schrieb mehr als doppelt so viele. Die Handlung des Romans spielt exakt während der Zeit ihrer Niederschrift, von Ostern 1960 bis zum 6. Juli 1960, dem Tag, bevor er das Manuskript abschloss. Einmalig, fand er selbst.
    Seine mit Bleistift auf gelbem Papier geschriebenen Briefe, die in der Bibliothek der Stanford University aufbewahrt werden, zeigen noch immer die Spuren dieser Hetzjagd. Elisabeth Otis ließ er am 24. Juni 1960 wissen: »Mein Buch macht mich fertig. Die Schwiele vom Schreiben an meinem Zeigefinger ist schon so dick wie ein Ei.« Eine Woche später: »Das ist interessant, aber vielleicht nur für mich: Ich schreibe nicht einfach über die Gegenwart, sondern über die Gegenwart, genau so wie sie ist.« An Toby Street, am 6. Juli: »Mein Winter -Buch ist zu einer Obsession geworden. […] Es war ein Baum, der immer weiterwuchs, mit Wurzeln in dunklen Wassern.«
    Im selben Frühjahr fasste er noch einen anderen Entschluss. Während er noch mitten in seinem neuen Roman steckte, hatte er bereits einen ganz besonderen Pick-up bestellt, mit dem er eine Rundreise durch Amerika machen wollte. Er hatte sich vorgenommen, »dieses monströse Land« erneut kennen zu lernen, denn er hatte das Gefühl, dass fundamentale Veränderungen stattgefunden hatten, auch in der Mentalität. Steinbeck wollte durch die nördlichen Staaten Amerikas von der Ostküste zur Westküste fahren, dann an der Westküste entlang von Seattle und Oregon aus in Richtung Süden, dann wieder ostwärts durch Arizona, Texas und die südlichen Staaten. Etwa drei Monate sollte die Reise dauern. Große Städte wollte er meiden, vor allem die kleinen Städte und das platte Land interessierten ihn; er wollte in Bars und Hamburgerbuden rumsitzen und jeden Sonntag einen Gottesdienst besuchen. Die Zeitschrift Holiday war bereit, die Reportage in Fortsetzung zu drucken, und möglicherweise würde auch noch ein Buch daraus werden.
    Steinbeck wollte allein und anonym reisen, unter dem Namen J. S. America. »Ich muss allein fahren«, sagte er zu Elaine – so erinnerte sie sich jedenfalls. »Ich will unbedingt allein mit den Menschen reden, ich bin zu viel im Ausland auf Reisen gewesen, ich habe den Kontakt zu den Menschen verloren.« Allerdings bat er sie um einen Gefallen: Er wollte ihren Pudel Charley mitnehmen.
    In einem Auktionskatalog mit Objekten aus Steinbecks Nachlass fand ich zufällig Charleys Stammbaum, aus dem hervorgeht, dass er früher einmal anders geheißen hatte: Anky de Maison Blanche, vermutlich geboren im Jahr 1951. Er stammte aus der Pariser Vorstadt Bercy, und obwohl er laut seinem Herrchen später noch ziemlich gut Pudel-Englisch lernte, reagierte er immer noch am schnellsten auf Kommandos in französischer Sprache. Als ich in Sag Harbor mit Gwen Waddington sprach, der Stieftochter von Bob Barry, da konnte sie sich noch gut an Charley erinnern. Als Kind hatte sie an den Bootstouren teilnehmen müssen, die Steinbeck und ihr Vater gemeinsam unternahmen, und manchmal hatte sie dann zusammen mit Charley in der Kajüte bleiben müssen. Sie fürchtete sich vor dem großen Tier, doch Steinbeck sagte jedes Mal nur: »Erzähl ihm Geschichten. Das hilft immer.«
    Steinbeck nannte sein neues Projekt » Operation America « – doch von Elaine und Elisabeth Otis, die wegen Steinbecks Gesundheitszustand den Plan entschieden ablehnten, wurde es sehr bald umbenannt in » Operation Windmills «. Und es war wirklich ein überaus romantisches Vorhaben. Steinbeck hatte, jedenfalls nach Auskunft seines Sohns Thom, noch nie in seinem Leben campiert. Die

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