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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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gründen wie die Europäer. Das widersprach allen amerikanischen Idealen. Wohl aber drängten Geschäftsleute und Machtpolitiker darauf, die Isolation Amerikas zu beenden. Und die amerikanische Faust durften andere durchaus auch öfter zu spüren bekommen.
    Es wurden Versuche unternommen, in China Fuß zu fassen – unter anderem durch die Gründung von Missionsstationen. 1887 erhielten die Vereinigten Staaten von Hawaii das Recht, in Pearl Harbor einen Marinestützpunkt einzurichten; 1898 wurde die Inselgruppe annektiert. 1895 kam es wegen Venezuela zu einem heftigen Konflikt mit Großbritannien – amerikanisch-irische Veteranen begannen bereits, ein eigenes Regiment aufzustellen, um »dem perfiden Albion erneut zu Leibe zu rücken« –, der im letzten Moment beigelegt werden konnte. 1898 gab es einen Krieg mit Spanien, in dem es um das Selbstbestimmungsrecht Kubas ging. Dabei wurde die spanische Flotte bei Manilla vernichtend geschlagen, und die Philippinen wurden Teil der amerikanischen Einflusssphäre.
    Roosevelt selbst kämpfte auf Kuba tapfer mit, wo er mit einer Gruppe von Cowboys und Intellektuellen, den sogenannten Rough Riders , den legendären Angriff auf San Juan Hill anführte. Hinterher prahlte er damit, einen Spanier mit den bloßen Händen getötet zu haben, »wie ein Kaninchen«. Drei Jahre später war er Präsident der Vereinigten Staaten.
    Niemals würden die Amerikaner, Nachkommen von erbitterten Kämpfern gegen den Kolonialismus, das Wort »Imperium« in den Mund nehmen – das fällt ihnen bis zum heutigen Tag schwer. Und doch zeigen die klassizistischen Bauwerke, die in dem aufstrebenden Washington auf die Wiese gesetzt wurden – ein riesiges Kapitol, ein zweites Forum Romanun –, dass manche Amerikaner damals schon von der imperialen Größe eines neuen Roms träumten.
    Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese Gedanken konkreter. Nachdem das demokratische Denken auch in Europa immer mehr Verbreitung fand, war Roosevelt der Ansicht, es zeuge von kluger Politik, nicht vom Grundsatz gegensätzlicher Interessen auszugehen, wie die Monroe-Doktrin es tat, sondern von einem gemeinsamen demokratischen Ideal. Amerika müsse sich für dieses Bestreben, anders als früher, nach Bündnispartnern umsehen, in Europa und anderswo. So wie jede zivilisierte Nation habe Amerika dabei das Recht, bei Missständen im Ausland ebenso zu intervenieren wie im eigenen Land. Bei einem Konflikt wegen der Schulden Venezuelas etwa, bei dem Frankreich, England und Deutschland den südamerikanischen Staat mit einer Blokade belegten, schaltete Roosevelt sich mit Erfolg ein. Die Rolle des internationalen Polizisten könne die amerikanische Marine, damals bereits die drittgrößte der Welt, hervorragend spielen, meinte er. Dies sollte zur Grundphilosophie für viele amerikanische Interventionen überall auf der Welt werden, von den europäischen Kriegen zwischen 1914 und 1945 bis hin zu Vietnam und – in den neunziger Jahren – den Jugoslawienkriegen.
    Trotz allen Geredes vom »besonderen« und »vorbildlichen« Amerika waren die Grundlagen, die Roosevelt für das neue amerikanische Imperium legte, wenig spektakulär. Was den Vereinigten Staaten zum eigenen Vorteil gereichte – zum Beispiel die Kontrolle über Kuba –, verkauften die Amerikaner nur allzu oft als etwas, das im Interesse der ganzen Welt sei, und das galt sowieso für ihre überlegene Kultur und Lebenseinstellung. Darin unterschieden sie sich nicht von den europäischen Kolonialmächten, außer in der fast religiösen Kraft, mit der sie an ihre Überlegenheit glaubten – und oft auch heute noch glauben.
    Die Popularität von Präsidenten wie Ronald Reagan und vor allem George W. Bush beruht unter anderem auf der messianischen Kraft ihrer zentralen Botschaft: dass Amerika weltweit in Sachen Demokratie und Menschenrechte Vorreiter sei und dass das Land daher die Pflicht habe, seine Werte in der übrigen Welt zu verbreiten, wozu es zum Glück, und mit Gottes Hilfe, auch in der Lage sei. George W. Bush drückte es 2005 in seiner zweiten Antrittsrede so aus: »In der Geschichte gibt es Ebbe und Flut der Gerechtigkeit, aber die Geschichte hat auch einen sichtbaren Kurs, festgelegt durch die Freiheit und durch den Schöpfer der Freiheit.«
    Doch dieser gewaltige Anspruch stand den Amerikanern von Anfang an zugleich im Weg, und tut es bis heute. Es ist nicht einfach, die Botschaft von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten zu exportieren, wenn man schmutzige

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