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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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beschreibt Isabel Wilkerson, die erste schwarze Journalistin, die den Pulitzerpreis gewann, eine Migrationsbewegung, die in der amerikanischen Geschichtserzählung lange vernachlässigt worden ist: The Great Migration , die massenhafte Flucht von Millionen Schwarzen aus dem Süden in den freien Norden. Wilkerson erzählt ihre Geschichte aus der Perspektive von drei Hauptfiguren: Ida Mae, eine berufstätige Hausfrau, die 1937 aus der ärmlichen Provinz Mississippis nach Chicago zog; George Starling, ein umtriebiger und streitbarer Arbeiter, der 1943 Florida verließ, um nach Detroit und später nach Harlem zu gehen, und Robert Foster, ein Armeearzt, der 1953 Louisiana den Rücken kehrte, um in Los Angeles Karriere zu machen. In allen drei Fällen ging es um eine Entscheidung, die jeder Schwarze im amerikanischen Süden früher und später treffen musste: bleiben und sich unterwerfen oder sich woanders in Freiheit eine Existenz aufbauen.
    Es war ein stiller Auszug, der während des Ersten Weltkriegs begann, als man im Norden händeringend nach Arbeitskräften suchte – die Zahl der farbigen Einwohner von Detroit stieg in der Zeit zwischen 1914 und 1918 von gut 5000 auf über 40 000 –, und der sich in den zwanziger und dreißiger Jahren fortsetzte, der während des Zweiten Weltkriegs neue Spitzenwerte erreichte – in den Flugzeugfabriken im Umland von Detroit bezahlte man, wie schwarze Immigranten sagten, »Dollars pro Stunde statt Pennys pro Dose« – und der erst in den sechziger Jahren endete, als endlich die NUR FÜR WEISSE -Schilder im Süden nach und nach verschwanden.
    Um 1910 lebten 10 Prozent der farbigen Amerikaner außerhalb der Südstaaten, um 1970 war es fast die Hälfte. In den sechs Jahrzehnten dazwischen verließen insgesamt sechs Millionen Schwarze die Plantagen, Dörfer und kleinen Städtchen des Südens, »als wollten sie einem Fluch entkommen«. Sie suchten eine neue Existenz in den großen Städten wie Chicago, New York, Detroit, Los Angeles und Philadelphia. Das New Yorker Viertel Harlem wurde zur inoffiziellen Hauptstadt des schwarzen Kulturlebens, das kalifornische Oakland entwickelte sich zu einer Dependance von Louisiana, Chicago und Detroit waren die Orte, wo man einen festen Job finden und eine Familie gründen konnte.
    Das waren, schreibt Isabel Wilkerson, keine Immigranten, die über das berühmte Elis Island ins Land kamen. Sie waren bereits amerikanische Staatsbürger. »Wo sie herkamen, wurden sie nicht als solche behandelt. Sie konnten keinen Schritt tun, ohne sich den strikten Jim-Crow-Gesetzen zu unterwerfen, die nach einer Neger-Karikatur des 19. Jahrhunderts benannt sind, die zum Symbol für die gewaltsam auferlegten Codes des südlichen Kastensystems wurde.«
    Das sogenannte Jim-Crowe-Regime war ein System aus geschriebenen, aber vor allem ungeschriebenen Regeln, an die jeder Schwarze sich halten musste. Es war Jim Crowe, wogegen Rosa Parks rebellierte, als sie sich an jenem Dezembertag des Jahres 1955 weigerte, für einen weißen Fahrgast aufzustehen. Sie selbst sagte später: »Man wusste nie, was passierte, wenn man sich nicht an die Regeln hielt. Aber wir wussten genug, um dafür zu sorgen, dass wir nie in Schwierigkeiten gerieten.«
    Während der ersten Jahrzehnte nach der Abschaffung der Sklaverei waren die Verhältnisse im Süden noch nicht so gestört. Um 1880 gab es zum Beispiel noch hier und da gemischte Schulen, bis 1891 saßen in den Straßenbahnen noch alle Fahrgäste nebeneinander. Danach aber sollte Jim Crow rund achtzig Jahre lang die Verhältnisse vergiften. Alles in diesem System war darauf ausgerichtet, die schwarze Bevölkerung in der Position des Sklaven und Außenseiters zu belassen, ohne dass sie dies formal waren.
    Obwohl das » negro-problem « das große soziale und politische Thema in den damaligen Vereinigten Staaten war, eine Gewissensfrage für jeden rechtschaffenen Amerikaner, schenkt John Steinbeck ihm in seinem ganzen Werk nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Ein Vorfall kommt jedoch regelmäßig zur Sprache, auch in Die Reise mit Charley : Eines Wintertags steht er in der Dämmerung am Fenster seiner Wohnung in Manhattan, es ist spiegelglatt, ein Farbiger arbeitet vor dem Haus, eine beschwipste Weiße nähert sich schwankend und fällt immer wieder hin; sie lamentiert, doch der schwarze Mann macht keinerlei Anstalten, ihr zu helfen, er hält sich sogar möglichst weit von ihr fern.
    »Warum haben Sie der Frau nicht geholfen?«, fragt Steinbeck

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