Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
Nebenprodukte seiner Erziehung, eine andauernde Trotzreaktion auf die genetischen Karten, die Gott ihm zugeteilt hat.
    Vielleicht haben wir gleich angefangen, haben beide den gleichen Spott und die gleiche Demütigung erlitten, aber ich habe nicht zugelassen, dass es wie ein Schleimklumpen in meinem Hals stecken bleibt und die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn abschneidet.
    Sogar sein Bruder hat ihn enttäuscht. Vielleicht war Sascha zu russisch und nicht englisch genug. Aber wahrscheinlich hatte Alexej nur etwas gegen seine Kokainpartys und seine Models. Nach einer solchen Party fand man eine noch nicht zwanzigjährige Kellnerin tot im Swimmingpool, mit Sperma im Bauch und Heroin im Blut.
    Sascha musste sich nicht vor einer zwölfköpfigen Jury verantworten. Es waren nur vier Männer vonnöten. Mit schwarzen Wollmützen getarnt drangen sie eines Nachts in sein Haus ein, erstickten seine Frau und entführten Sascha. Manche sagen, Alexej hätte ihn an den Handgelenken aufgehängt und in ein Säurebad getaucht. Andere meinen, er hätte ihn mit einer Axt enthauptet. Aber Sascha könnte genauso gut quicklebendig unter falschem Namen im Ausland leben.
    Für Leute wie Alexej gibt es auf der Welt nur zwei gültige Kategorien von Menschen – nicht Arme und Reiche oder Gute und Böse oder Schwätzer und Macher. Es gibt Gewinner und Verlierer. Kopf oder Zahl. Die universelle Wahrheit.
    Unter normalen, besseren Umständen versuche ich, nicht über die Vergangenheit zu grübeln. Ich möchte mir nicht vorstellen, was Mickey Carlyle oder den anderen vermissten Kindern in meinem Leben zugestoßen sein könnte.
    Aber seit ich im Krankenhaus aufgewacht bin, muss ich unwillkürlich dorthin zurückkehren und die fehlenden Stunden mit grausamen Szenarien füllen. Ich sehe die Themse voller Leichen,
die unter den Brücken dahintreiben und im Kielwasser von Touristenbooten trudeln. Ich sehe Blut im Wasser und Waffen, die im Schlick versinken.
    Ich blicke auf die Uhr. Es ist fünf Uhr morgens. Die Stunde, in der die Jagdtiere ihre Beute schlagen und Polizisten an Türen klopfen. Um diese Zeit sind die Menschen verwundbarer. Sie wachen auf, staunen und ziehen die Decke enger um ihren Körper.
    Alexej hat ein Lösegeld erwähnt. Keebal hat Diamanten erwähnt. Ich muss wegen einer Lösegeldübergabe dort gewesen sein. Ohne ein Lebenszeichen hätte ich das nicht getan. Ich muss mir sicher gewesen sein.
    Plötzlich zerreißt Lärm die Stille – Menschen rennen und schreien. Ich höre den Feueralarm.
    Maggie taucht in der Tür auf. »Es hat ein Leck in der Gasleitung gegeben. Wir evakuieren das Krankenhaus. Ich hole einen Rollstuhl – ich weiß nicht, wie viele noch übrig sind.«
    »Ich kann laufen.«
    Sie nickt. »Wir bringen zuerst die schwerkranken Patienten nach draußen. Warten Sie auf mich. Ich komme zurück.«
    Im selben Atemzug ist sie verschwunden. Vor dem Fenster heulen Polizei- und Feuerwehrsirenen, überlagert vom Klappern der Rollliegen und vom Gebrüll in den Fluren.
    Nach zwanzig Minuten nimmt der Lärmpegel ab, und die Minuten ziehen sich endlos. Vielleicht hat man mich vergessen. Einmal bin ich auf einem Schulausflug zur Morecamp Bay zurückgelassen worden. Irgendjemand hatte mich herausgefordert, die acht Meilen von Arnside nach Kents Park übers Watt zu laufen. Dort ertrinken ständig Menschen, die sich im Nebel verirren und von der auflaufenden Flut eingeschlossen werden.
    Natürlich war ich nicht so dumm, die Herausforderung anzunehmen. Ich habe den ganzen Nachmittag in einem Café gesessen und Scones mit Dickrahm gegessen, während die übrige Klasse Watt- und Wildvögel beobachtet hat. Ich konnte alle davon
überzeugen, dass ich es geschafft hatte. Ich war damals vierzehn und wäre fast von der Schule geflogen, aber für den Rest meiner Schulzeit war ich berühmt.
    Meine Aluminiumkrücken stehen neben der Tür. Ich schwinge die Beine aus dem Bett und hoppele seitwärts, bis ich den Griff packen und meine Oberarme in die Plastikmanschetten gleiten lassen kann.
    Ich verlasse mein Zimmer und blicke den langen geraden Flur hinunter bis zu einer Doppeltür, dahinter sehe ich einen weiteren Flur, der tiefer in das Gebäude hineinführt. In der Luft liegt ein feiner Gasgeruch.
    Ich folge den Ausgangsschildern zum Treppenhaus und spähe in die leeren Zimmer mit ihren zerwühlten Betten. Ich komme an einem Putzwagen vorbei, wo Mops und Besen die Köpfe recken wie Rockstars aus den 70er Jahren.
    Das Treppenhaus liegt im Dunkeln. Ich

Weitere Kostenlose Bücher