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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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abgehalten.
    »Die Toten kommen über die Kinder zurück«, sagte Daj immer. »Sie stehlen ihre Seelen.«
    Der ganze Mist von Zigeunerflüchen und Wahrsagerei hat mich nie beeindruckt, aber wenn ich einen Verdächtigen vernehme, fällt mir manchmal auf, dass er plötzlich nervös wird, wenn er meinen Ring erblickt. Dann sieht er genauso aus wie Joanne jetzt.
    Ihr Blick huscht zu meiner linken Hand – an der jetzt ein Finger fehlt.
    »Das war eine Kugel«, sage ich und halte die Hand hoch.
»Manchmal denke ich, er sei noch da. Er juckt. Sie wollten mir die Adresse geben.«
    Mit einem leichten Schaudern antwortet sie: »Möglicherweise hat ihr Vater sie abgeholt. Sir Douglas Carlyle.«
    »Machen Sie sich keine Umstände wegen der Adresse. Ich weiß, wo er wohnt.«
    Sir Douglas Carlyle ist Bankier im Ruhestand und Nachkomme von Robert I. Bruce, König von Schottland. Ich habe ihn im Laufe der damaligen Ermittlungen befragt, und er schien mich nicht besonders zu mögen. Andererseits hatte er auch für Rachel nur wenig übrig. Die beiden hatten seit elf Jahren nicht mehr miteinander gesprochen – seit sie ihr Studium abgebrochen, sich der linken Sache verschrieben und sich wegen seines Reichtums und seines Titels von ihm losgesagt hatte.
    Um zu demonstrieren, dass sie es ernst meinte, arbeitete sie nebenbei in Obdachlosenunterkünften, Wohnungskooperativen und Umweltgruppen und rettete Baum für Baum die Welt. Aber der eigentliche Dorn im Fleisch ihres Vaters war ihre Heirat mit Alexej Kuznet.
    Ich parke vor dem großen Haus in Chiswick und überprüfe verlegen mein Äußeres. Leute mit Titel sind mir unheimlich. Ich könnte nie ein Klassenkämpfer sein. Der Garten wird von einem großen weißen Brunnen beherrscht, von dem zwischen Rasenflächen und Blumenbeeten hindurch Wege sternförmig in alle Richtungen führen.
    Vom Grundstück höre ich Gelächter und das sanfte Ploppen eines Balls, dazu laute ekstatische Schreie und verzweifeltes Stöhnen. Entweder spielt jemand Tennis, oder es ist der Soundtrack eines Sechzigerjahrepornos. Der Tennisplatz liegt neben dem Haus, verborgen hinter einem efeubewachsenen Zaun. Wir folgen einem Pfad bis zu einer Pagode, wo auf Tischen Tabletts mit kalten Getränken warten. Auf dem Platz stehen sich zwei Paare gegenüber. Die Männer sind in meinem Alter und
fallen durch Luxusbräune und muskulöse Unterarme auf. Die Frauen sind jünger und hübscher und tragen Miniröcke und Tops, die ihre flachen Bäuche frei lassen.
    Sir Douglas will gerade aufschlagen. Mit seiner aggressiven Miene und der Adlernase sieht er aus, als wäre der sportlich-gesellige Zeitvertreib für ihn eine ernste Sache.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragt er, verärgert über die Störung. Dann erkennt er mich.
    »Tut mir Leid, Sie zu behelligen, Sir Douglas, aber ich suche Rachel.«
    Wütend schmettert er den Ball gegen den Seitenzaun. »Ich kann mich jetzt wirklich nicht damit befassen.«
    »Es ist wichtig.«
    Er verlässt den Platz mit seiner Doppelpartnerin, die mich streift, als sie nach einer Jacke greift und sie überzieht. Mit einem Handtuch trocknet sie sich Gesicht und Hals ab. Es ist ein sehr langer Hals. Ich habe von Sir Douglas’ Scheidung von Rachels Mutter gelesen.
    »Das ist Charlotte«, sagt er.
    Sie strahlt. »Sie können mich Tottie nennen. So nennen mich alle. Ich bin schon immer Tottie gewesen.«
    Das sehe ich.
    Sir Douglas weist auf die andere Seite des Platzes. »Und das sind Freunde von uns. Warum macht ihr euch nicht schon zum Mittagessen fertig?«, ruft er ihnen zu. »Wir sehen uns dann drinnen.«
    Das Paar winkt zurück.
    Sir Douglas wirkt noch fitter, als ich ihn in Erinnerung habe, eine so satte Bräune sieht man sonst nur bei Seglern und Australiern. Man könnte ihm den Arm abschneiden, und die Farbe würde sich innen fortsetzen.
    »Ist Rachel hier?«
    »Wie kommen Sie darauf?« Er will mich auf die Probe stellen.

    »Sie haben sie vor über einer Woche aus dem Krankenhaus abgeholt.«
    Fliegen steigen von den Resten des morgendlichen Tees auf und landen wieder. »Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, Inspector, aber meine Tochter hat mich nie besonders gemocht. Sie hält das Establishment für eine mafiose Vereinigung, und mich hält sie für den Paten. Sie glaubt nicht an Titel, Privilegien oder die Bildung, die ich ihr finanziert habe. Würde gibt es für sie nur in Armut, und sie ist dem populären Mythos aufgesessen, dass die Arbeiterklasse überwiegend aus anständigen, schuftenden

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