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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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einer Leere der Ausgelaugtheit und überreizter Synapsen, in der nur der Kaffee und ihre verbrühte Zunge als Anker dienten. Für sie ergab nichts von allem, was Vector äußerte, einen Sinn. Sein kleines Referat klang seltsam unmotiviert und zwecklos. Und doch trug er es ihr vor, als wäre es irgendwie wichtig; als wäre er der Ansicht, sie hätte es dringend nötig. Mit einiger Mühe widerstand Morn der Versuchung, ihr schwarzes Kästchen abzuschalten und sich zusammensacken zu lassen.
    Es schien, als könnte die elektrische Beeinflussung ihres Hirns ihre Ermüdung nicht mehr meistern. Doch wenigstens minderte sie ein wenig ihre Dösigkeit. Sie räusperte sich. »Wer hat jetzt Schicht?« erkundigte sie sich mit schwachem Stimmchen. »Ich weiß nicht mal, welcher Tag heute ist.«
    Vector blickte auf eine der Automatikküche eingebaute Uhr. »Lietes Schicht dauert noch eine Stunde. Dann ist Nick an der Reihe.« Kurz zögerte Vector. »Du hast deine letzte Schicht versäumt«, teilte er Morn dann mit, »aber Nick hat Mikka angewiesen, dich bei dem zu lassen, was du macht. Kann sein, er behandelt dich wie ein Stück Scheiße, aber jedenfalls rechnet er mit dir.«
    Er behandelt dich wie ein Stück Scheiße. Damit sprach er bei ihr einen wunden Punkt an; als er ihn berührte, stach Ärger in ihr empor, breitete sich aus. Die Wirkung des Z-Implantats wurde wieder stärker. Nick behandelte sie tatsächlich wie ein Stück Scheiße. Sie hegte den festen Vorsatz, dafür zu sorgen, daß er für sein zeitweiliges Privileg bitterlich büßte. »Dein Rat lautet also« – Morn war zu matt, um deutlich sprechen zu können, aber sie bot alle Mühe auf, um jedes Wort richtig zu artikulieren –, »ich soll einfach annehmen, ich kann das Virus killen. Mir unterstellen, ich kann zu diesem Zweck etwas tun, das nicht von Fähigkeiten oder Kenntnissen abhängt, die mir fehlen.«
    Daraufhin hob Vector seinen Becher, als wollte er ihr zuprosten. »Wenn du meinem Gerede das entnommen hast«, sagte er und lächelte voller Wohlwollen, »besteht für dich noch Hoffnung.«
    »In diesem Fall«, antwortete Morn, versuchte nicht zu nuscheln, »ist unser ganzer Ansatz sowieso falsch gewesen. Wir müssen davon ausgehen, daß alles, was wir bisher gemacht haben, falsch gewesen ist.«
    Gleichmütig nickte Vector. »So? Ist das die einzige Annahme, die uns ’ne Chance gibt?«
    Morn hörte nicht zu. Vielleicht war es die Müdigkeit, derer sie bedurfte, um die übertriebenen Folgen der Wirkung des Z-Implantats abzuschwächen; möglicherweise hatte der eigene, sowohl künstlich wie auch anderweitig hervorgerufene, nachgerade ungestüme Drang nach Behebung des Problems sie nur geblendet. Jetzt schien es ihr, als könnte sie fühlen, wie in ihrem Hirn bis an den Rand des Ausfalls belastete Neuronen sich normalisierten. Sie konnte wieder normal denken.
    »Wo ist Mackern?« fragte sie, als hätte sie auf Vectors Hilfe ein Anrecht.
    Er musterte sie, ohne daß sich an seinem Lächeln etwas änderte. »Er hat in einer Stunde mit Nick Schicht.«
    Na und? Wenn Mikka ohne sie auskam, überlegte Morn, konnte Nick sich auch ohne Mackern zurechtfinden. »Ich brauche ihn.«
    Vector zuckte die Achseln. Mit steifen Bewegungen stand er auf und ging zum Interkom-Apparat.
    »Nick«, gab er durch, »Morn möchte, wenn du einverstanden bist, mit Sib Mackern sprechen. Sie braucht ihn, sagt sie.«
    Beiläufig bemerkte Morn, daß sie Vornamen nie zuvor gehört hatte.
    »Wo?« ertönte Nicks Stimme.
    »In der Kombüse.«
    »Ich schicke ihn ihr.« Mit einem Knacken schaltete der Interkom-Apparat ab.
    Der Datensysteme-Hauptoperator fand sich ein, kaum ein, zwei Minuten nachdem Vector wieder am Tisch saß. Er mußte, als er Nicks Anweisung empfing, irgendwo nahebei gewesen sein.
    »Du wolltest mich sprechen?« wandte er sich an Morn. Es hatte den Anschein, als ob ihr Wunsch seine Unsicherheit vertiefte. Was er sonst anstatt irgendeines Selbstbewußtseins verfügbar hatte, um durchs Leben zu gelangen, blieb jetzt fast so unsichtbar wie sein helles Schnurrbärtchen.
    Morn brauchte noch etwas Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen. Einen Moment lang sagte sie nichts. Vector forderte Sib Mackern auf, sich an den Tisch zu setzen, und bot ihm Kaffee an. Sib blieb jedoch lieber stehen; auch lehnte er den Kaffee ab.
    Die zwei Männer beobachteten Morn, als wollten sie nicht den genauen Augenblick verpassen, an dem sie einschlief.
    Schlaf, sann Morn. Frieden und Tod. Sie brauchte beides, wenn

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