Amnion 2: Verbotenes Wissen
nur angucken, einfach nachsehen, was für Modelle es sind. Dann installiert man ein paar Abblendschalter auf den Schnittstellenkarten, steckt sie ein und stellt die Kabelverbindung her.«
Während sie sprach, fing Sib zu nicken an, als ob er alles, was sie aufzählte, im Geiste abhakte.
Morn zwang sich zum Weiterreden. »Wie es aussieht, arbeiten alle unsere Computer zuverlässig, solange wir sie einzeln in Betrieb haben. Schalten wir sie zu einem Netzwerk zusammen, wird alles gelöscht. Vermutlich hat Orn innerhalb von fünfzehn Minuten im Computerraum sämtliche Schnittstellenkarten austauschen können. Hat jemand seine Kabine durchsucht?«
Vector hatte vor Überraschung große, runde, himmelblaue Augen bekommen. »Nicht daß ich wüßte.
Wozu sollte die Mühe gut sein? Er hat dort wohl kaum ’n Virus-Handbuch rumliegen.«
Wogen von Schlaf durchrollten Morn, brandeten zurück, indem das Z-Implantat sie abwies wie ein Damm. Morn wartete ein solches Zurückfluten ab. »Eventuell lohnt es sich«, sagte sie dann, »doch mal nachzuschauen.«
Mackern nickte, als könnte er nicht mehr aufhören.
»Einen Versuch ist’s sicher wert.« Vector stand wieder vor dem Interkom-Apparat, ehe Morn überhaupt wahrnahm, daß er sich vom Platz geregt hatte. »Mikka?« rief er in den Apparat, nachdem er ihn aktiviert hatte, und Morn schloß die Finger erneut um ihr Kontrollgerät.
Ein, zwei Augenblicke vergingen, bis die Erste Offizierin sich meldete. Sobald sie es tat, klang ihre Stimme grimmig und abweisend. »Ich schlafe, verflucht noch mal. Laßt mich in Ruhe.«
»Ich glaube nicht, daß du das verpassen möchtest, Mikka«, entgegnete Vector so liebenswürdig wie stets. »Wir sind in der Kombüse.«
Als Mikka eintraf, lag Morn, den Kopf auf die über den Tisch der Kombüse gebreiteten Arme gesenkt, tief in Träumen.
Morns Gehirn schien sich aufgelöst zu haben, in undurchdringlicher Müdigkeit verlorengegangen zu sein, als Vector sie wachrüttelte. Es gelang ihr, die Augen auf ihn zu richten, und sie konnte Mikka und Sib erkennen, die hinter ihm standen, aber sich beim besten Willen nicht vorstellen, was sie alle von ihr wollten.
»Komm«, sagte der Bordtechniker freundlich. »Du möchtest das bestimmt nicht verpassen.«
Wann hatte sie so etwas Ähnliches schon einmal gehört? Morn vermochte sich nicht zu entsinnen.
Es gab noch mehr, das sie nicht konnte: Sie konnte nicht aufbegehren. Sich nicht widersetzen. Aller Widerstandswille und jedes Restchen ihres unabhängigen Selbst waren in den schwarzen Abgrund des Schlummers gestürzt. Benommen und verwirrt ließ sie sich durch Vector vom Stuhl hochziehen; sich zwischen ihm und Mikka zur Kombüse hinausführen.
Und von der Kombüse auf die Brücke.
Dort befand sich Nick mit seiner Schicht: Carmel und Lind, Malda Verone sowie dem Steueranlagen-Hauptoperator. Sib Mackerns Platz an der Datensysteme-Kontrollkonsole war leer, doch er ging nicht hin, um ihn einzunehmen; er blieb, so wie Vector und Mikka, bei Morn, als verbände sie vier jetzt eine Art diffuser Pakt.
Verkniffen trat Nick ihnen entgegen. Morn wußte seine Miene nicht zu deuten, versuchte es erst gar nicht. Wären Mikka und Vector von ihren Seiten gewichen, sie wäre augenblicklich aufs Deck gesunken.
»Das hat ja lange genug gedauert«, sagte Nick. Auch seinen Tonfall verstand Morn nicht zu deuten. »Beim Arsch der Galaxis, was ist denn eigentlich los?«
»Ich erspare dir die Einzelheiten«, antwortete Mikka schroff. »Morn glaubt, sie hat die Sache mit dem Virus aufgeklärt. Vector und Mackern hat sie jedenfalls überzeugt. Sie haben mich dazu überredet, Vorbulds Kabine zu durchsuchen. Aus irgendeinem Grund hat er in seinem Spind eine Schachtel mit Schnittstellenkarten aufbewahrt. Für mich sehen sie normal aus, aber Mackern sagt, er meint, es ist dran rumgemurkst worden. Er hat vorgeschlagen, sämtliche Schnittstellenkarten der Computer auszuwechseln.« Morn spürte, wie die Erste Offizierin die Schultern hob. »Ich dachte, warum nicht. Er ist ja der Datensysteme-Hauptoperator. Also hat er ’n Stapel neuer Karten aus ’m Lager geholt und die alten Karten ausgetauscht. Sicherheitshalber habe ich den Wechsel überwacht. Die alten Exemplare sind jetzt alle entfernt. Die neuen Karten sind der Originalverpackung entnommen worden, an ihnen kann niemand rumgepfuscht haben. Wenn er recht hat – wenn Morn recht hat –, sind wir das Virus los.«
»Wenn ihr nichts dagegen habt« – jetzt hörte man Nick
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