Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
empfanden eindeutig Grausen; vielleicht hatten sie amnionisches Leben noch nie aus der Nähe gesehen. Scorz umklammerte die Armlehnen seines Andrucksessels und nuschelte Unflätigkeiten vor sich hin.
    Die Narben unter Nicks Augen verzogen sich, als grinsten kleine Münder. »Dummerweise haben wir keine Sitzplätze frei«, versetzte er zur Antwort.
    Bei dieser Entgegnung zuckte die menschliche Gesichtshälfte des Unterhändlers; die Amnion-Hälfte dagegen nicht. »Ich möchte sitzen«, wiederholte er mit der gleichen Betonung wie beim ersten Mal.
    Nick beugte sich vor, als flößte seine Feindseligkeit ihm Eifer ein. »Sind Sie taub? Ist das der Grund, weshalb man Sie geschickt hat? Weil Sie nichts hören können? Das macht’s ja wohl verflucht schwierig, mit Ihnen zu verhandeln. Wir haben keinen Sitzplatz frei, hab ich gesagt.«
    Die Kreatur drehte den Kopf. Anscheinend bemerkte sie Lietes und Mikkas Waffen. Der Blick ihrer ungleichen Augen schweifte durch die Rundung der Brücke. Falls Davies ihr besonderes Interesse erregte – oder Morn –, zeigte sie es nicht.
    »Ich möchte sitzen«, wiederholte das Geschöpf noch einmal, als könnte es sich auf nichts anderes umstellen, hätten die Amnion ihm jede Anpassungsgabe genommen.
    »In diesem Fall«, schnauzte Nick, ließ nun seinen Ärger durchblicken, »ist’s vielleicht gescheiter, Sie wackeln wieder ab. Wenn Sie unsere Zeit damit verschwenden wollen, Höflichkeiten zu verlangen, mit denen wir nicht dienen können, haben wir uns nichts zu sagen.«
    Das Nicken des Unterhändlers verriet nichts als völlige Verständnislosigkeit. »Ich möchte sitzen«, erklärte er zum viertenmal.
    Ein Stieren blutdürstiger Belustigung trat in Nicks Augen. »Na schön, Mikka. Schieß ihm die Beine ab. Dann kann er sich mit dem Hintern aufs Deck setzen.«
    Mikka hob die Impacter-Pistole und zielte.
    Der Halb-Amnioni mußte begriffen haben, was Nick befohlen hatte. Er kehrte sich um und betrachtete Mikka. Sein menschliches Augen zwinkerte hektisch, bezeugte Aufregung; das nichtmenschliche Auge starrte sie unbeeindruckt an. Dann heftete er den Blick zurück auf Nick.
    »Ich möchte sitzen.«
    Nick bewahrte gegenüber dem Unterhändler eine Haltung, als hätte er die uneingeschränkte Bereitschaft, ihn verstümmeln zu lassen. Doch der Halb-Amnioni schrak nicht zurück, reagierte auch sonst mit keinen Anzeichen des Einlenkens – ausgenommen das Flattern seines menschlichen Auges –, und im nächsten Moment warf Nick die Arme in die Höhe. »Du große Scheiße«, stöhnte er, »wenn das der Stil ist, wie Sie über Geschäfte verhandeln, langweilen wir uns alle zu Tode, ehe wir über irgendwas einig werden. Da können Sie sich hinpflanzen.«
    Er vollführte eine ruckhafte Geste in die Richtung der Steuerung. »Ransum, mach ihm Platz! Deaktiviere dein Kontrollpult und laß unseren Gast sitzen, verflucht noch mal!«
    Ransum sprang auf; ihre Finger huschten über die Konsolentastatur. Sobald sämtliche Anzeigen erloschen waren, räumte sie dem Unterhändler ihren Platz.
    Mit ausdruckslosem Gebaren ging die Kreatur hin und setzte sich in den Andrucksessel. Wie um ihre Gedanken zu sammeln, faltete sie auf der Kontrollkonsole die unpaarigen Hände.
    »Zwecks Vereinfachung des Gesprächsablaufs sollen Sie wissen, daß mein Name Marc Vestabule lautet«, sagte der Unterhändler. Seine Stimme klang, als schmirgelte man Rost von altem Eisen. »Wie Sie sehen können, verkörpere ich eine Art von Experiment. Ich bin einmal… einer von Ihnen gewesen. Die Amnion wollten herausfinden, ob sie meine genetische Identität verändern könnten, ohne meine äußere Form umzuwandeln. Der Versuch hatte nur unvollkommen Erfolg. Allerdings verleiht meine Originalidentität mir bestimmte Vorteile beim Umgang mit Menschen. Ich kann…« – er stockte kurz – »Ich kann sie verstehen. Manche Konzeptionen verblassen, und mir kommen in Abständen Gruppen sprachlicher Begriffe abhanden. Es hat den Anschein, daß gewisse Arten des Wissens und der Wahrnehmung nicht engrammatisch, sondern genetisch chiffriert werden. Ich erwähne das, um Ihnen eine Begründung für gelegentliche Fälle zu geben, in denen meine Verhaltensweisen auf Sie unpassend wirken. Trotzdem bin ich im allgemeinen gegen die Bedeutungsverwirrung gefeit, die unsere Bemühungen schmälert, die menschliche Sprache und das menschliche Denken nachzuvollziehen. Deshalb bin ich mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet worden. Ich bin ermächtigt, im

Weitere Kostenlose Bücher