Amnion 2: Verbotenes Wissen
die OA-Direktorin, sagte es Hashi Lebwohl mitten ins Gesicht, »und anschließend – eine wieder andere Art der Vergewaltigung – in einen Fall von Zonenimplantat-Abhängigkeit verwandelt, und zum Schluß hat er ihr das Kontrollgerät ausgehändigt.«
Der RÖA-Direktor hob die Lautstärke seiner Stimme. »Ich habe gefragt, woher Sie das wissen wollen?«
»Aber jetzt hat sie’s nicht mehr«, fügte Min Donner hinzu, als gäbe es kein Ressort Öffentlichkeitsarbeit; als ob nur OA und DA zählten. »Wahrscheinlich hat sie’s nur lange genug gehabt, um ihre Abhängigkeit zu vollenden. Verstörung und Zonenimplantat-Abhängigkeit, das sind Probleme, die auffallen. Succorso dürfte sie fast unverzüglich bemerkt haben. Und dann wird er ihr das Kontrollgerät weggenommen haben. Was also ist das für eine Sauerei, in der sie steckt? Sie leidet am Hyperspatium-Syndrom, sie ist kaputt, eine Abhängige geworden, die unter bestimmten Umständen gemeingefährlich wird, und sie befindet sich in der Gewalt eines Ganoven, der kaum charmanter ist als hier unser braver, kleiner Thermopyle.« Mit dem Handrücken wies sie in Angus’ Richtung. »Ich will sie da rausholen, Hashi. Sie ist meine Mitarbeiterin, und ich will sie wiederhaben.«
»Hören Sie mir doch mal zu!« röhrte Godsen Frik wie eine Posaune. »Woher wissen Sie, daß er ihr das Kontrollgerät überlassen hat?«
Gleichzeitig kehrten Lebwohl und Donner sich ihm zu. »Weil der Sicherheitsdienst der KombiMontan-Station, mein lieber Godsen«, antwortete Hashi Lebwohl gutmütig, »es nicht bei ihm gefunden hat.«
»Andernfalls wäre er exekutiert worden«, erklärte Donner und biß die Zähne zusammen, »ehe wir’s hätten verhindern können. Es wäre Taverner unmöglich gewesen, es zu verhüten. Dafür ist Thermopyle viel zu verhaßt.«
»Aber das ist ja grauenvoll!« entfuhr es Godsen Frik.
»Das sage ich doch schon die ganze Zeit«, betonte Min Donner sardonisch.
»Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, den Leuten das zu Ohren dringt…!« Frik erregte den Eindruck aufrichtiger Bestürzung. »Eine unserer Polizistinnen ist außerhalb unserer dienstlichen Aufsicht mit Hyperspatium-Syndrom und einem Z-Implantat im Schädel unterwegs… und steht unter dem Einfluß eines notorischen Raumpiraten. Die Menschen werden fragen, wie wir so was zulassen konnten. Wir müssen sie zurückholen.«
»Genau das ist ja auch meine Meinung«, bekräftigte Donner in herbem Ton. Sie wandte sich wieder an Lebwohl. »Deshalb habe ich es eilig. Die ganze Angelegenheit behagt mir überhaupt nicht, und jedesmal, wenn ich daran denke, wird mir unwohler zumute.« Die Leidenschaft funkelte stärker aus ihren Augen, während sie sprach. »Mir geht’s darum, daß er so schnell wie möglich fertig wird und aufbricht. Er ist meine einzige Chance, um sie zu retten. Falls nicht längst alle Hoffnung vergebens ist.«
Diesmal blickte Hashi Lebwohl etwas perplex drein. »Meine liebe Min Donner«, sagte er, als wäre er gezwungen, Sand einzuatmen, »ich bin mir nicht sicher, ob seine Programmierung Ihrem Wunsch abhelfen kann.«
Donner nahm eine Pose ein, als hätte sie vor, die Pistole zu ziehen. »Was soll das heißen?«
»Verzeihen Sie. Ich habe mich ungenau ausgedrückt. Ich meine, ich bin nicht sicher, ob genehmigt wird, daß seine Programmierung Ihrem Wunsch abhilft.«
»Das ist doch unerhört«, polterte Godsen Frik. »Natürlich muß er sie heraushauen. Sie achten wohl überhaupt nicht darauf, was wir hier erörtern. Ich sage Ihnen, wir stehen vor einer Katastrophe. Wie können die Lage nur bereinigen, indem wir sie retten.«
»Ich verstehe Ihre Sorgen vollkommen«, beschwichtigte Hashi Lebwohl ihn. »Sie müssen aber bedenken, daß wir in gar keiner so einfachen, leichten Position sind. Ich rede von uns hier in diesem Zimmer. Lassen Sie mich mit einer Frage verdeutlichen, was ich meine. Als der Sicherheitsdienst der KombiMontan-Station unseren Josua verhaftet hat, ist Morn Hyland mit Kapitän Succorso ausgerissen. Wieso haben wir das geduldet?«
»Wir sind nicht dort gewesen«, gab Frik zur Antwort. »Also konnten wir’s nicht verhindern.«
Doch Min Donner hatte eine andere Erklärung. »Auf Befehl«, sagte sie grob.
»Selbstverständlich«, stimmte Lebwohl zu. »Natürlich. Damit ist aber noch nichts aufgeklärt. Wer hat den Befehl erteilt? Welche Überlegung lag ihm zugrunde?«
Mit jedem Moment konnte man der OA-Direktorin tiefere Bitternis anmerken. »Keine Ahnung. Er
Weitere Kostenlose Bücher