Amnion 2: Verbotenes Wissen
momentan nicht frei, irgend etwas mit seinen Zähnen anzustellen. Doch auch er wartete voller Spannung.
»Lassen Sie sich nichts aus der Nase ziehen, Hashi«, beschwerte sich Godsen Frik. »Wer ist der Mann?«
Hashi Lebwohl strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
»Also: Niemand anderes als unser treuer Verbündeter und Kollege Milos Taverner.«
Irgendwo im fernsten Hintergrund von Angus’ Geist glomm plötzlich ein winziges Fünkchen Hoffnung.
»Taverner?« brauste Frik auf. »Sind Sie von Sinnen? Sie wollen die Durchführung der ganzen Operation einem Kerl wie Taverner überantworten? Der Mann hat soviel Skrupel wie ein Müllkonverter. Er ist ein Verräter an der KombiMontan-Station. Wir mußten ihm nur genug zahlen. Wahrscheinlich hintergeht er uns genauso, und falls nicht, braucht nur jemand zu kommen und ihm genügend Kredit zu bieten.«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Lebwohl unbeeindruckt, »daß dieser Fall eintreten wird. Wir können uns auf mehrere Sicherheitsvorkehrungen verlassen. Zum einen ist der Data-Nukleus naturgemäß unveränderbar. Unser teurer Freund Milos kann effektiv keine Befehle eingeben, die Josuas Programmierung widersprechen.
Und jede Anweisung, die er erteilt – tatsächlich sogar jedes Wort, das er in Josuas Anwesenheit äußert –, wird unwiderruflich aufgezeichnet. Unser Milos kann nicht vertuschen, was er unternimmt. Ferner ist seine Unzuverlässigkeit ja ein bekannter Tatbestand. Wir haben gegen ihn an Beweisen alles vorliegen, was wir uns wünschen könnten. Sollte der gute Milos uns reinzulegen versuchen, wird er ruiniert. Darüber haben wir ihn in keinem Zweifel gelassen.«
Hashi Lebwohl lächelte freundlich, ehe er seine Erläuterungen fortsetzte. »Auf alle Fälle müssen Sie, egal welche Einwände Sie haben, die Frage der Glaubwürdigkeit berücksichtigen. Josuas Partner muß unbedingt den Schein erwecken, Angus Thermopyle untergeordnet zu sein. Der Kapitän Thermopyle, den man auf Thanatos Minor kennt, hat nie nach irgend jemandes Pfeife getanzt, und man weiß von ihm, daß er nie irgend jemanden als ihm untergebenen Komplizen akzeptiert, der nicht nachweislich ein Illegaler ist. Josuas Programmierung gestattet es ihm, die Verrätereien seines Partners zu enthüllen, seine Gegenwart zu erklären und ihn gleichzeitig dadurch zu schützen. Deshalb ist Milos gar nicht dazu imstande, etwas anderes zu tun, als uns vollständigen Gehorsam zu erweisen.«
Seine Argumentation stellte Frik keineswegs zufrieden, doch Min Donner ließ dem RÖA-Direktor keine Gelegenheit zum Aussprechen zusätzlicher Bedenken.
»Nein, Hashi.« Fast klang ihre Stimme, als wäre Donner vollkommen ruhig. »Das ist unhaltbar. So geht’s nicht. Ich hatte mich gleich gefragt, weshalb wir Taverner von der KombiMontan-Station mitgenommen haben, ich dachte aber, der Grund sei, uns für den Fall abzusichern, daß er enttarnt wird. Ich wäre nie auf die Idee verfallen, Sie könnten die Absicht haben, ihn für so etwas einzuspannen. Die Entscheidung, ihn dafür heranzuziehen, ist völlig untragbar. Man kann doch keinem als gewohnheitsmäßigem Verräter bekannten Menschen die Verfügungsgewalt über eine Waffe wie Thermopyle anvertrauen. Es dreht sich hier um eine meiner Mitarbeiterinnen. Ich werde mich Ihrem Vorhaben widersetzen.«
Und die Operation verzögern? wandte Angus in seinem Schweigen absoluten Gelähmtseins ein. Nein, tu das nicht. Du willst es doch gar nicht.
Hashi Lebwohl trat geradewegs vor Min Donner. »Die Entscheidung steht fest«, beteuerte der DA-Direktor. »Der Polizeipräsident hat die entsprechende Direktive schon vor Wochen erlassen.« Er schwieg einige Sekunden lang. »Ich bin stolz darauf«, setzte er dann fröhlich hinzu, »sagen zu können, daß der Entschluß auf meinem Vorschlag beruht. Ich betrachte unseren Milos als haargenau den richtigen Mann.«
Min Donner ballte die Hände zu Fäusten, hob sie vor ihren Brustkorb. Doch es bot sich niemand an, den sie hätte schlagen dürfen. »Lebwohl«, zischte sie durch die Zähne, »Sie sind ein echtes Stück Dreck.«
Hashi Lebwohl verkniff die Augen. »Es wird Sie wohl kaum überraschen, glaube ich«, entgegnete er geziert, »daß meine Wertschätzung ähnlich ist.«
»Kommen Sie, Min.« Godsen Friks Gesicht hatte sich dunkel gerötet, als ob ihm ein Schlaganfall drohte. »Ich rede mit dem Polizeipräsidenten. Ich möchte Sie dabei haben.«
Min Donner warf ihm einen vernichtenden Blick zu, wandte sich brüsk ab und verließ das
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