Amnion 2: Verbotenes Wissen
dermaßen gut weggekommen, daß es mir geradezu schlecht wird, wenn ich nur daran denke. Wenn irgend jemand ihn kleinkriegt, dann wollen wir es sein.«
Damit sagte er durchaus nichts, das Milos sich zu hören gewünscht hatte. Er wollte Angus loswerden, und zwar je eher, um so lieber. »Was haben Sie jetzt vor?« erkundigte er sich, während er mit einem Schwindelanfall rang.
»Ich werde mal ’n ernstes Wort mit der Zentrale reden«, sagte sein Chef. Seine Persönlichkeit ähnelte in ihrer Grob- und Schlichtheit seinem Pflichtbewußtsein. »Und mit dem Kuratorium. Bestimmt gibt man mir Rückendeckung… Jedenfalls eine Zeitlang. Diese Art von anmaßender Behandlung ist dort genauso unbeliebt wie bei mir. Das beschissene Autorisierungsgesetz ist noch neu. Wir können so tun, als ob wir’s nicht verstehen. Wir dürfen jederzeit behaupten, wir würden die vorschriftsmäßigen Prozeduren nicht kennen. Es läßt sich sogar Rückfrage um Bestätigung mit Erläuterung der Gesetzesgrundlage halten. Kann sein, das VMKP-HQ duldet keine allzu lange Verzögerung, aber auf alle Fälle können wir etwas Aufschub herausschinden. Gottverdammt noch mal, Milos, machen Sie den Halunken weich!«
»Ich werd’s versuchen«, beteuerte Milos, indem er innerlich stöhnte.
Er meldete die Entscheidung an Personen weiter, die an solchen Mitteilungen Interesse hegten. Dann verdoppelten er und seine Untergebenen ihre Anstrengungen, um Angus Thermopyles Schweigen zu brechen.
Selbstverständlich erwähnte niemand irgend etwas von alldem gegenüber Angus selbst. Ihm widerfuhr lediglich eine plötzliche Zunahme der Prügel aller Art, die man ihm verabreichte; des Gebrauchs der Drogen, die seinen Schädel in ein Nest für Maden zu verwandeln schienen; der Anwendung des Entzugs der Sinneseindrücke und des Schlafs. Aber niemand nannte ihm eine Erklärung. Man überließ ihn den Rückschlüssen, die er aus diesem Wechsel in der Behandlung von sich aus ziehen konnte.
Trotz der Erniedrigungen und Mißhandlungen, der Schmerzen und Beeinträchtigungen – sogar trotz seines tiefverwurzelten Grauens vor dem Eingesperrtsein – beharrte Angus durch die grundeinfache Heldenmütigkeit des Feiglings in seiner Verstocktheit. Er glaubte, man würde ihn, sobald seine Quälgeister hatten, was sie von ihm wollten, kurzerhand liquidieren. Deshalb sah er den einzigen Weg, wie er am Leben bleiben konnte, in der hartnäckigen Weigerung, den Mund aufzutun.
Und er hatte eine Übereinkunft mit Morn Hyland getroffen. Sie hatte stillschweigenden Charakter, aber er hielt sie ein. Morn hatte ihn nicht verraten. Vielmehr war sie mit Nick Succorso von der KombiMontan-Station verschwunden. Soviel wußte Angus, weil ihn nie jemand beschuldigt hatte, Morn ein Zonenimplantat eingesetzt zu haben. Ebensowenig war er des Verbrechens angeklagt worden, das ursprünglich das Raumschiff der Hylands, die Stellar Regent, zum Vorgehen gegen ihn veranlaßt hatte. Wäre Morn auf der Station geblieben, wäre er inzwischen tot – und nicht einmal unbedingt, weil sie gegen ihn ausgesagt hätte. Die unkomplizierteste ärztliche Routineuntersuchung hätte das Vorhandensein des Z-Implantats enthüllt. Folglich wußte er, daß sie ihre Seite des Abkommens eingehalten hatte. Darum verriet seinerseits er sie auch nicht.
Er hatte gewisse Vorteile, die ihm niemand nehmen konnte und es ihm erleichterten, sich dermaßen starrsinnig aufs Schweigen zu verlegen. Einer davon war das Leben, auf das er zurückblickte, die langen Jahre, die ihn über die Anwendung von Gewalt mehr gelehrt hatten, als selbst seine brutalsten Wärter je wissen sollten. Die Schläge, die ihm die Knochen brachen, und das Stunning, das ihn zum Erbrechen zwang, waren nichts gegen die sexuellen Greuel, die er in seiner Kindheit, Jugend und ebenso während längerer Zeitspannen seines Erwachsenendaseins hatte ertragen müssen. Tatsächlich übertrafen die gegenwärtigen Mißhandlungen keineswegs einige der Härten, die er sich schon selbst zugemutet hatte, wenn er in Komplikationen stak und es um sein Leben ging. Seinen Körper mochten diese vielen schweren Jahre geschwächt haben, doch weder hatten sie sein auf den eigenen Erfahrungsschatz gestütztes Verständnis für Qualen gemindert, noch seinen Überlebenswillen abgestumpft.
Mann für Mann zeigte er sich härter als alle, die ihm bei den Verhören zu schaffen machten. Und ebenso bedeutete es für ihn nichts Neues, wenn mehrere Leute über ihn herfielen. Wenn er sich am
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