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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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im Auftrag eines guten, wertvollen Menschen Gutes und wertvolle Arbeit zu verrichten. Und Holt Fasner hatte diese Illusion mit jedem ihm verfügbaren Trick genährt. Durch Träume und stets tiefergehende Schmach ausgehungert, hatte Warden mit der Zeit gelernt, sich ausschließlich in den edelsten Begriffen des polizeilichen Wirkens zu definieren: Diener und Beschützer jener zu sein, die es am dringendsten benötigten, aber sich derlei am wenigsten leisten konnten.
    Zu dem Zeitpunkt, als ihm endlich deutlich wurde, daß Holt Fasner die Weltraumpolizei für keine anderen als seine eigennützigen Zwecke brauchte und diese Ziele nicht mit Idealismus korrespondierten, hatte Warden längst Geschmack an der Art von Nahrung entwickelt gehabt, nach der sein sehnsuchtswundes Herz lechzte: der Speise aufs Gesetz gestützter Macht.
    Wer durfte hoffen, dem Drachen Einhalt gebieten zu können, wenn nicht ein Polizist? Wem sonst sollte diese Aufgabe obliegen? Und wer hatte sie zu erfüllen, wenn nicht eben der Mann, der dem Drachen zu solcher Allmacht verholfen hatte, indem er sich von den eigenen Hoffnungen blenden ließ?
    Gerade weil er sich als schuldig einstufte, schwor Warden Dios sich damals, kein Risiko zu scheuen, jeden Preis zu zahlen, wenn es ihm dabei nutzte, den Schaden wiedergutzumachen, den er durch seine Unterstützung der von Ehrgeiz geprägten Betreibungen Fasners angerichtet hatte.
    Darauf bestand naturgemäß keinerlei Aussicht, wenn er nicht Polizist blieb. Die Autorität, die er in seiner Position als VMKP-Polizeipräsident genoß, war alles, was ihm zu handeln gestattete. Er durfte diese Autorität keinesfalls im Interesse seiner persönlichen Ehre opfern.
    Darum nahm er die Kompromisse und all das Kompromittierende hin, das sich nicht umgehen ließ, wollte er seinen Posten behalten, das Vertrauen des Drachen verdienen. Wenn er nicht für Holt Fasner irgendwelche dreckigen Angelegenheiten abzuwickeln hatte, beschäftigte er sich mit dem Ausbau der VMKP und führte sie so, als wäre diese Polizeitruppe in der Tat so unbestechlich, wie sie hätte sein sollen. Und in den dunklen Winkeln seines Bewußtseins, in den Lücken zwischen seinen gegensätzlichen Arten des Engagements, ging er ganz im geheimen an die äußerst schwierige Anstrengung, Fasners Untergang zu erreichen.
    Unvermeidlich wurde der Drache auf manche Ungereimtheit aufmerksam. Um seinem VMKP-Polizeipräsidenten in übersteigertem Maße zu trauen, war er zu schlau. Also blieb er darauf bedacht, Dios durch noch mehr beschämende Akte der Komplizenschaft immer enger an sich zu binden. Doch in dieser Beziehung unterlief ihm ein Trugschluß. Er mißverstand die wahre Natur von Wardens Träumen. Jede neue Handlung praktizierten Zynismus entfremdete ihm Warden stärker; trieb ihn im Namen seiner wahren Leidenschaft zu noch raffinierteren, verwegeneren Intrigen, befähigte ihn zum Ertragen um so tieferen Kummers.
    Die Scham drängte ihn dazu.
    Seit langem war er nicht mehr derselbe Mann wie früher; er war längst über sich hinausgewachsen. Durch Willenskraft und Verbiesterung war er mehr geworden, als Holt Fasner, irgend jemand anderes oder auch er selbst begriff.
    Als Fasner ihn überlistet, von ihm gefordert hatte, Morn Hyland und Angus Thermopyle zu opfern – mitsamt allem, was sie repräsentierten –, zerstoben Wardens Hoffnungen, als stürzte ein Kartenhaus ein; hilflos und vergrämt schaute er jetzt all dem Verderben ins Gesicht, das von ihm angestiftet worden war, angerichtet für nichts.
    Intertechs Antimutagen-Serum war der Menschheit vorenthalten worden – hingegen nicht den Amnion. Vector Shaheed, der einzige freie Mensch, der Intertechs Forschungstätigkeit wiederholen konnte, drohte die Beseitigung. Morn Hyland hatte monatelang Angus Thermopyle und Nick Succorso, Vergewaltigung und Zonenimplantate erdulden müssen; und nun wollte Fasner sie wegschmeißen wie einen alten Lappen. Angus Thermopyle, der in seinen unifikationsbedingten Eigentümlichkeiten und der geheimen Programmierung den harten Kern der verzweifelten Bemühungen Warden Dios’ in sich trug, war es bestimmt, zu Succorsos Spiel- und Werkzeug degradiert zu werden: zum vollkommenen, weil hochgradig gewaltorientierten, entmenschten Illegalen.
    Was verblieb außer der Scham und dem Preis des Fehlschlags?
    Daß Warden Dios sich in Bestform befand, als er den VMK-Generaldirektor bat, Norna Fasner sprechen zu dürfen.
    Er versuchte erst gar nicht, den eigenen Wunsch sich selbst zu

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