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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hier.«
    Ihre ausdruckslose Konzentration auf die Bildschirme hatte etwas Unheimliches, ja geradezu Greuliches an sich. Wie eine Frau, die gefeit war gegen Tod und Verhängnis, beobachtete sie die Bildflächen, als zeigten sie Maden, die sich an Leichen mästeten, eine einzige Szene auf allen Mattscheiben gleichzeitig, aber aus verschiedenen Perspektiven dargestellt.
    »Natürlich ist ihm nicht klar«, fügte sie gleich hinzu, »wieviel ich weiß. Er kann nicht voraussehen, was ich Ihnen erzähle. Das könnte gefährlich sein. Aber nach meiner Ansicht sind Sie weitgehend sicher.«
    Sicher? Der bloße Gedanke verdutzte Dios. Er hob die Hand, um Norna zu unterbrechen, Sie um Nachsicht zu ersuchen.
    »Norna, verzeihen Sie mir. Ich glaube, mein Gehirn ist heute etwas langsam… So schnell kapiere ich die Sache nicht. Was veranlaßt Sie zu der Auffassung, ich wäre in Sicherheit?«
    Im kalten Lichtschein wirkte ihre Miene so hohlwangig und unheilvoll, daß er halb erwartete, als nächstes aus ihrem Mund sibyllinisches Raunen zu hören: Jeder der zu mir kommt, ist in Sicherheit. Hier ist die Kaverne des Todes, wo niemand Schaden nimmt. Solange Sie bleiben, kann Ihnen nichts und niemand etwas anhaben.
    Ihre tatsächliche Antwort jedoch fiel weit pragmatischer aus. »Nach all dem Verdruß, der von Ihnen verursacht worden ist, braucht er Sie. Momentan kann er’s sich nicht leisten, Sie zu bestrafen.«
    »Er ist Holt Fasner«, entgegnete Warden, fühlte sich durch die Weise, wie sie über ihren Sohn sprach, ebenso erstaunt wie über den Inhalt ihrer Worte. »Quasi ist er Generaldirektor des ganzen bestehenden Universums. Wofür sollte er mich brauchen können?«
    Erneut umzuckte etwas Ähnliches wie Belustigung Nornas Lippen. Anscheinend amüsierte Wardens Ironie sie. Die Antwort blieb beinahe lautlos.
    »Als Sündenbock.«
    Aha. Insgeheim seufzte Warden. Als jemanden, auf den er Schuld abwälzen konnte. Das leuchtete ein. Plötzlich hatte er den Eindruck, daß der Wirrwarr der Bilder und das Rätselhafte an Nornas Verhalten ihn nicht mehr beirrten. Nun wußte er, wie er mit ihr zu reden hatte.
    »Danke«, sagte er zuversichtlicher als zuvor. »Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen. Wie Sie sich wohl denken können, komme ich gerade von einer Aussprache mit ihm. Sie erwähnen den ›Verdruß‹, den ich ihm bereitet habe. Und er hat mir erzählt, Sie hätten ihn darauf hingewiesen, ich würde ihm Schwierigkeiten verursachen. Weiß er, welche Schwierigkeiten?«
    »Schämen Sie sich, Warden.« Trotz des Störenden all der anderen Stimmen klang Nornas Erwiderung nach einer enttäuschten Lehrerin. »Das ist die falsche Frage. Sie können’s besser.« Ehe er zum Nachdenken über diese Kritik kam, stellte sie eine Gegenfrage. »Worüber haben Sie mit ihm diskutiert?«
    Dios unterdrückte eine Aufwallung der Ungeduld. Die Zeit lief ab. Aber er gewänne nichts, falls er Norna drängte. »Ich habe ihn davon unterrichtet«, gab er Auskunft, »daß Josuas Aktion gegen Thanatos Minor erfolgreich abgeschlossen worden ist.« Er baute darauf, daß sie keiner langen Erklärungen bedurfte. »Allerdings haben wir auch Überraschendes erfahren. Josua ist mit einigen unvermuteten Überlebenden in den Human-Kosmos zurückgekehrt.«
    »Und wer sind die?« fragte Norna rasch.
    Eigentlich war es für Warden Dios aus dienstlichen Gründen unstatthaft, über dergleichen Vorgänge mit ihr zu reden. Aber warum hätte er sie besuchen sollen, wenn er keine Bereitschaft hegte, die damit verbundenen Risiken zu tragen.
    Er hob kaum merklich die Schultern und erteilte ihr die gewünschte Antwort.
    »Nick Succorso. Ein paar Leute seiner Crew, darunter ein Mann namens Vector Shaheed, der früher bei Intertech tätig war, als die Firma Antimutagen-Forschung betrieb. Morn Hyland.« Er nannte den Namen, als hätte sie keine besondere Bedeutung. »Auf einmal hat sie einen Sohn, anscheinend einen erwachsenen Jungen. Er heißt Davies Hyland.«
    Einige Augenblicke lang durchdachte Norna diese Informationen.
    »Und was sollen Sie in dieser Hinsicht unternehmen?«
    »Ihm Davies Hyland bringen«, sagte Warden; antwortete recht unwillig, weil er das Empfinden hatte, sein Herz zu entblößen. Wie Norna unterließ er es nahezu permanent, den Drachen beim Namen zu nennen. »Josua unter Nick Succorsos Kontrolle stellen. Alle anderen an Bord liquidieren.«
    An Nornas stumpfem Blick änderte sich nichts. Infolge ihrer ununterbrochenen Kaubewegungen glänzte ständig eine

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