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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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in ihren praktischen Anwendungen keineswegs unkontrollierbar oder unberechenbar. Andererseits liegt die Analogie von Materie und Ordnung auf der Hand. Und das verbreitete Verständnis von Chaos als etwas ›Willkürlichem‹ oder ›Unberechenbarem‹ läuft auf eine ungenaue Beschreibung hinaus.
    In der Chaostheorie gilt es als axiomatisch, daß die Vorstellungen von Willkür und Unberechenbarkeit ausschließlich innerhalb des eigenen Bezugsrahmens Bedeutung haben, in den eigenen Wirkungskreisen. So wie Energie durch Felder (Elektromagnetismus, Gravitation, starke und schwache Kernkraft) definiert oder strukturiert wird, definieren oder strukturieren – anders gesagt: begrenzen – die Anstöße und Prinzipien, durch die es in Bewegung gesetzt wird, und das Ausmaß seiner Wirksamkeit das Chaos. Obzwar die Effekte der Entropie bei komplexen Systemen deren Veränderung oder Verkümmerung mit unvorhersehbarer Tendenz verursachen, ist der Prozeß der Unvorhersehbarkeit als solcher sehr wohl eine berechenbare Größe.
    Der entscheidende Punkt ist folgendes: Reiner Zufall oder völlige Unberechenbarkeit kann nicht innerhalb von Grenzen existieren, so daß alles Existente aufgrund des bloßen Sachverhalts seiner Existenz Grenzen aufweist, es also reiner Zufall oder völlige Unberechenbarkeit gar nicht geben kann. Auch alles Chaotische muß zwangsläufig innerhalb einer gewissen Anzahl von Beschränkungen ablaufen.
    Die Entwicklung der Materiekanone geschah durch die Anwendung der Chaostheorie auf die Relation zwischen Materie und Energie.
    Sobald die Postulate der Chaostheorie erst einmal durchschaut sind, sprechen keine gedanklichbegrifflichen Hindernisse mehr gegen das hypothetische Vorhandensein von Formen des Chaos, die sich unter bestimmten Bedingungen durch ihre eigenen Grenzen in Formen der Ordnung umwandeln. Und wenn solche Formen des Chaos existieren, kann ihre Existenz auch vorsätzlich herbeigeführt werden: man kann sie konzipieren und so generieren, daß sie sich, wenn gewisse Parameter erfüllt sind, in Formen der Ordnung transformieren.
    Metaphorisch ausgedrückt, verschießt eine Materiekanone einen Strahl lichtkonstanter Energie, die beim Kontakt mit Materie ›erstarrt‹; diese Energie gewinnt Masse aus jedem Objekt, das ihren Weg kreuzt – eine Masse, die wenigstens für Picosekunden mit Lichtgeschwindigkeit existiert und darum zumindest theoretisch unendliche Masse ist.
    Im materiellen Universum kann kein Objekt sich gegen eine lichtkonstante Kollision mit einer unendlichen Masse behaupten. Aus diesem Grund wird die Effektivität einer Materiekanone allein durch praktische Voraussetzungen gemindert; beispielsweise die der Materiekanone verfügbare Energiemenge oder die Widerstandsfähigkeit des verschossenen Strahls gegenüber Streuungseinflüssen über größere Entfernung hinweg, die Nähe anderer, eine Dispersion verursachender Energiefelder oder (wo die technischen Möglichkeiten bestehen) durch Partikelkollektoren, die der Bildung einer unendlich großen Masse entgegenwirken.
    Wenn Chaos eine raffiniertere und vielleicht essentiellere Form der Ordnung ist, kann man die Destruktivität der Materiekanone als heimtückischere und vielleicht unwiderstehlichere Form materieller Stabilität einstufen.

 
MIN
     
     
    Sobald die Rächer die anfängliche Beschleunigungsphase beendet hatte und sich anschickte, der Posaune durchs Hyperspatium zu folgen, legte Min Donner sich nochmals schlafen. Sie hielt es für ratsamer, sich jetzt auszuschlafen statt später. Die Posaune hatte einen erheblichen Vorsprung. Und die Verfolgung gestaltete sich alles andere als unkompliziert. Nach jeder Hyperspatium-Durchquerung mußte ihr Peilsignal neu geortet werden, bevor die Rächer den Flug fortsetzen konnte. Und die bordinterne Drallverschiebung der Rächer beeinträchtigte die Navigation, warf sie jedesmal, wenn sie in die Tach überwechselte, um Tausende oder Zehntausende von Kilometern aus dem Kurs. Es mochten ein bis zwei Tage verstreichen, bis sie nur weit genug aufholte, um es mit der Geschwindigkeit der Posaune aufnehmen zu können.
    Eine Bedingung dafür war, daß die Drallverschiebung sich nicht verschlimmerte; und daß es keinerlei Zwischenfälle gab.
    Unterdessen brauchte die Interspatium-Kurierdrohne der Rächer etliche Stunden, um das VMKP-HQ zu benachrichtigen. Und seitens Warden Dios’ war keine unverzügliche Antwort zu erhoffen. Er konnte gar nicht schnell antworten: er mußte abwarten, bis das

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