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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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durchdringend, dermaßen herrisch, als setzte sie Vector eine Pistole auf die Brust. »Spreng das Schiff! Sofort, solang’s noch möglich ist!«
    »Morn?« Er stierte sie nur an, schien sie kaum wiederzuerkennen. »Morn?«
    »Gottverdammt noch mal!« Vector war zu lahmarschig. »Laß mich an die Konsole!« Wie eine Rasende drängte sie ihn beiseite, nahm seinen Platz an der Tastatur ein.
    Selbstvernichtung. Jetzt oder nie. Mit Gewißheit bekam sie keine weitere Chance. Jeden Moment konnte Angus sie mit seinem unwahrscheinlichen, aber offensichtlich wirklich vorhandenen Laser in den Rücken schießen. Morn bezweifelte, daß Mikka und Sib ihn zu bändigen vermochten, und Davies war außer Gefecht gesetzt. Es gab keine andere Möglichkeit mehr, um ihn aufzuhalten.
    Und doch rief der bloße Gedanke ihr aus dem Innersten des Herzens Schaudern empor, füllte ihr den Kopf mit Schreien, die sie nicht auszustoßen vermochte.
    Selbstvernichtung.
    Wie oft mußte sie noch dem gleichen Grauen ins Auge blicken, ehe es ihr endlich gelang, sich umzubringen?
    »Das klappt nicht!« schnauzte Angus vom Oberende des Aufgangs herab. »Du kriegst auf diese Funktionen keinen Zugriff. Außer Vectors Forschungsdaten hab ich alles gesperrt.«
    Während er sprach, erkannte Morn, daß er die Wahrheit sagte. Trotz der wilden Handgreiflichkeiten war er nicht einmal außer Atem; anscheinend hatte er es nicht eilig. Er fürchtete sich vor nichts, das Morn anstellen könnte.
    »Gib’s auf«, forderte er. »Zwing mich nicht, gegen dich vorzugehen.«
    Morn war zum Weinen, ja nach lautem Kreischen zumute, am liebsten hätte sie sich an der Konsole die Fäuste blutig gehämmert. Es stimmte: auf diese Weise konnte sie ihn nicht aufhalten. Dennoch hatte sie keine Zeit für ihre Erbitterung. Sie durfte ihre Verzweiflung und ihren Gram sich nicht austoben lassen. Sie brauchte sie für sich selbst.
    Unverändert an den Haltegriff geklammert, drehte sie sich dem Mann zu, der sie über Wochen hinweg mißhandelt und vergewaltigt hatte; dem Mann, der ihr jetzt in den Rücken fiel.
    Angus befand sich noch am Oberende des Aufgangs. Offenbar war er der Ansicht, schon gewonnen zu haben; sich ihr nicht einmal nähern zu müssen, um die Oberhand zu bewahren. Doch sein Gesicht spiegelte keinen Triumph wider – und erst recht keine Genugtuung. Er schwitzte dermaßen, daß seine Haut zerlaufenem Wachs glich, und er mahlte mit den Zähnen, als müßte er grausame Schmerzen unterdrücken. Aufgrund der geballten Pein in seinen Augen sah er wie ein Mann aus, der wußte, was Vergewaltigung bedeutete.
    »Herrje«, fragte Vector gedämpft, »was ist denn eigentlich abgelaufen? Was ist passiert?«
    Angus gab dem Techniker keine Antwort. Seine Aufmerksamkeit galt ausschließlich Morn. Man hätte glauben mögen, er dächte darüber nach, wie er sie um Mäßigung anflehen sollte.
    Sein Ton jedoch hatte nichts Flehentliches an sich. »Nick hat Ciro so tüchtig mit der Stunnerrute durchgeprügelt, daß der Junge sich das Gedärm aus ’m Leib kotzt. Mikka und Davies sind bewußtlos. Und Sib macht mir den Eindruck, als hätte er irgend ’n Anfall.«
    Aus der Konnexblende kam Nick zum Vorschein und schwebte an Angus’ Seite. Mit einer Hand bremste er sich am Geländer des Aufgangs ab; in der anderen Faust hielt er die kleine, aus Milos Taverners Besitz an Bord der Posaune zurückgebliebene Stunnerrute. Der durch Davies’ Hieb auf seiner Wange erzeugte Fleck hatte sich zu einem lebhaften Rot verfärbt und bildete einen sonderbaren Kontrast zum Dunkelrot seiner Narben.
    »Inzwischen nicht mehr«, berichtigte er Angus, prustete fast. »Jetzt reihert er auch rum. Die Bordatmosphäre dort hinten ist voller Kotze. Wenn die beiden sich erholt haben, werden sie beim Reinigen ihre Freude haben.«
    Er stieß einen Laut hervor, der ebensogut ein Lachen wie ein Knurren hätte sein können.
    »Niemand kann dir mehr helfen«, sagte Angus zu Morn. »Gib auf, bevor ich zu drastischeren Maßnahmen greifen muß.« Vector rührte sich an seinem Platz, als wollte er Einspruch erheben; doch offensichtlich überlegte er es sich anders.
    »Nein«, japste Morn. Im Zustand annähernder Bewegungslosigkeit merkte sie, daß sie kaum noch zu atmen vermochte. Streß und Furcht krampften ihr die Lungen zusammen; sie konnte jeweils nur wenige Wörter auf einmal ausstoßen. »Ich denke nicht dran… noch mehr… einzustecken. Lieber tot.«
    Mit der freien Hand langte sie in die Tasche und holte das

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